Friedrich SchillerFriedrich Schiller

Denkwürdigkeiten aus dem Leben des Marschalls von Vieilleville

In den Geschichtsbüchern, welche die merkwürdigen Zeiten Franz I., Heinrichs II. und seiner drei Söhne beschreiben, liest man nur selten den Namen des Marschalls von Vieilleville. Dennoch hatte er einen sehr nahen Anteil an den größten Verhandlungen und ihm gebührt ein ehrenvoller Platz neben den großen Staatsmännern und Kriegsbefehlshabern jener Zeiten. Unter allen gleichzeitigen Geschichtsschreibern lässt ihm der einzige Brantome Gerechtigkeit widerfahren und sein Zeugnis hat umso mehr Gewicht, da beide nach dem nämlichen Ziel liefen und sich zu verschiedenen Parteien bekannten. 

Vieilleville gehörte nicht zu den mächtigen Naturen, die durch die Gewalt ihres Genies oder ihrer Leidenschaft große Hindernisse brechen und durch einzelne hervorragende Unternehmungen, die in das Ganze greifen, die Geschichte zwingen, von ihnen zu reden. Verdienste, wie die seinigen, bestehen eben darin, dass sie das Aufsehen vermeiden, das jene suchen und sich mehr um den Frieden mit allen bewerben, als die Bewunderung und den Neid zu erwecken suchen. Vieilleville war ein Hofmann in der höchsten und würdigen Bedeutung dieses Worts, wo es eine der schwersten und rühmlichsten Rollen auf dieser Welt bezeichnet. Er war dem Thron, ob er gleich die Personen dreimal auf demselben wechseln sah, ohne Wanken mit gleicher Beharrlichkeit ergeben und wusste denselben so innig mit der Person des Fürsten zu vermengen, dass seine pflichtmäßige Ergebenheit gegen den jedesmaligen Thronbesitzer alle Wärme einer persönlichen Neigung zeigte. Das schöne Bild des alten französischen Adels und Rittertums lebt wieder in ihm auf und er stellt uns den Stand, zu dem er gehört, so würdig dar, dass er uns augenblicklich mit den Missbräuchen desselben aussöhnen könnte. Er war edelmütig, prächtig, uneigennützig bis zum Vergessen seiner selbst, verbindlich gegen alle Menschen, voll Ehrliebe, seinem Worte treu, in seinen Neigungen beständig, für seine Freunde tätig, edel gegen seine Feinde, heldenmütig tapfer, bis zur Strenge ein Freund der Ordnung und bei aller Liberalität der Gesinnung furchtbar und unerbittlich gegen die Feinde des Gesetzes. Er verstand in hohem Grad die Kunst, sich mit den entgegen gesetzten Charakteren zu vertragen, ohne dabei seinen eigenen Charakter aufzuopfern, dem Ehrsüchtigen zu gefallen, ohne ihm blind zu huldigen, dem Eiteln angenehm zu sein, ohne ihm zu schmeicheln. Nie brauchte er, wie der herz- und willenlose Höfling, seine persönliche Würde wegzuwerfen, um der Freund seines Fürsten zu sein, aber mit starker Seele und rühmlicher Selbstverleugnung konnte er seine Wünsche den Verhältnissen unterwerfen. Dadurch und durch eine nie verleugnete Klugheit gelang es ihm, zu einer Zeit, in der alles Partei war, parteilos zu stehen, ohne seinen Wirkungskreis zu verlieren und im Zusammenstoß so vieler Interessen der Freund von allen zu bleiben; gelang es ihm, einen dreifachen Thronwechsel ohne Erschütterung seines eigenen Glücks auszuhalten und die Fürstengunst, mit der er angefangen hatte, auch mit ins Grab zu nehmen. Denn es verdient bemerkt zu werden, dass er in dem Augenblick starb, wo ihn Katharina von Medicis mit ihrem Hofstaat auf seinem Schloss zu Durestal besuchte und er auf diese Art ein Leben, das sechzig Jahre dem Dienst des Souveräns gewidmet gewesen war, noch gleichsam in den Armen desselben beschließen durfte. 

Aber eben dieser Charakter erklärt uns auch das Stillschweigen über ihn auf eine sehr natürliche Weise. Alle diese Geschichtsschreiber hatten Partei genommen, sie waren Enthusiasten entweder für die alte oder für die neue Lehre und ein lebhaftes Interesse für ihre Anführer leitete ihre Feder. Eine Person wie der Marschall von Vieilleville, dessen Kopf für den Fanatismus zu kalt war, bot ihnen also nichts dar, was sich lobpreisen oder verächtlich machen ließ. Er bekannte sich zu der Klasse der Gemäßigten, die man unter dem Namen der Politiker zu verspotten glaubte; eine Klasse, die von jeher in Zeiten bürgerlicher Gärung das Schicksal gehabt hat, beiden Teilen zu missfallen, weil sie beide zu vereinigen strebt. Auch hielt er sich bei allen Stürmen der Fraktion unwandelbar an den König angeschlossen und weder die Partei des Montmorency und der Guisen, noch die der Condé und Coligny konnte sich rühmen, ihn zu besitzen. 

Charaktere von dieser Art werden immer in der Geschichte zu kurz kommen, die mehr das berichtet, was durch Kraft geschieht, als was mit Klugheit verhindert wird und ihr Augenmerk viel zu sehr auf entscheidende Handlungen richten muss, als dass sie die schöne, ruhige Folge eines ganzen Lebens umfassen könnte. Desto dankbarer sind sie für den Biographen, der sich immer lieber den Ulysses als den Achilles zu seinem Helden wählen wird. 

Erst zweihundert Jahre nach seinem Tod sollte dem Marschall von Vieilleville die volle Gerechtigkeit widerfahren. In den Archiven seines Familienschlosses Durestal fanden sich Memoires über sein Leben in zehn Büchern, welche Carloix, seinen Geheimschreiber, zum Verfasser haben. Sie sind zwar in dem lobrednerischen Ton abgefasst, der auch dem Brantome und allen Geschichtsschreibern jener Periode eigen ist; aber es ist nicht der rhetorische Ton des Schmeichlers, der sich einen Gönner gewinnen will, sondern die Sprache eines dankbaren Herzens, das sich gegen einen Wohltäter unwillkürlich ergießt. Auch wird dieser Anteil der Neigung keineswegs versteckt und die historische Wahrheit scheidet sich sehr leicht von demjenigen, was bloß eine dankbare Vorliebe für seinen Wohltäter den Geschichtsschreiber sagen lässt. Diese Memoires sind im Jahr 1767 in fünf Bänden das erste Mal im Druck erschienen, obgleich sie schon früher von einzelnen gekannt und zum Teil auch benutzt worden sind. 

Franz von Scepeaux, Herr von Vieilleville, war der Sohn des Renatus von Scepeaux, Herrn von Vieilleville, und Margarethes von La Jaille, aus dem Haus von Estouteville. Seine Eltern hatten großes Vermögen, hielten auf Ehre und lebten dem ganzen Adel von Anjou und Maine zum Beispiel; auch war ihr Haus eines der angesehensten und immer voll der besten Gesellschaft. Franz von Vieilleville kam früh als Edelknabe zu der Mutter Franz des Ersten, Regentin von Frankreich, einer Prinzessin von Savoyen; ein Zufall aber, der ihm da begegnete, trieb ihn schon nach einem vierjährigen Aufenthalt von dort weg. Es hatte ihm nämlich ein Edelmann eine Ohrfeige gegeben, eben als er mittags zur Aufwartung ging. Nach der Tafel schlich sich der Edelknabe von seinem Hofmeister weg, ging zu jenem Edelmann, der erster Hausküchenmeister der Regentin war und stieß ihm, nachdem er ihn aufgefordert hatte, seine Ehre ihm wieder zu geben, den Degen durch den Leib. Er war damals, als ihm dieses Unglück begegnete, achtzehn Jahre alt. Als der König diese Handlung erfuhr, die von allen Großen und vorzüglich von ihm selbst nicht so ganz missbilligt wurde, weil die Hausoffiziere nicht das Recht hatten, Edelknaben zu misshandeln, ließ er den Herrn von Vieilleville rufen, um ihn seiner Mutter der Regentin vorzustellen und ihm Vergebung zu verschaffen. Aber dieser hatte sich schon vom Hof weg und zu seinem Vater nach Durestal begeben, um von diesem die nötige Unterstützung zu einer Reise nach Neapel zu erhalten, wo dem Vernehmen nach Herr von Lautrec eine schöne Armee hinführen würde. Nachdem er nun alles in Ordnung gebracht, auch fünfundzwanzig Edelleute aus Anjou und Bretagne zu seiner Begleitung gewählt hatte, denn er wollte mit Anstand und seiner Geburt gemäß erscheinen, stellte er sich zu Chambery dem Herrn von Lautrec vor, der ihn als seinen Verwandten gütig aufnahm und ihn zu seiner Fahne tat. Bei jeder Gelegenheit zeichnete sich Vieilleville aus und wagte im Angesicht der ganzen Armee sein Leben, besonders bei der Einnahme von Pavia, wobei die Franzosen, durch das Andenken an die fünf Jahre vorhergegangene Schlacht, bei der ihr König gefangen worden, zu vielen Ausschweifungen hingerissen wurden, denen jedoch Vieilleville mit zweihundert Mann Einhalt tat, so viel er konnte. Kurz darauf wurde Vieilleville auf einer Galeere mit einem seiner Edelleute, Cornillon, der geschworen hatte, ihn niemals zu verlassen, vom Herrn von Monaco gefangen. Man setzte seine Auslieferung auf dreitausend und des Cornillon seine auf tausend Taler und ließ ihm die Freiheit, diese Gelder zu holen; jedoch würde sein Gesellschafter auf Lebenslang in Ketten geschlagen werden, wenn er nicht in einer bestimmten Zeit wieder käme. 

Vieilleville, der befürchtete, dass er wegen des langen Wegs und der Beitreibung des Geldes in der Zeit nicht würde einhalten können, nahm diesen Vorschlag nicht an und bat nur, dass man Lautrec von seiner Gefangennehmung unterrichten möchte; dieser schickte zwar das Geld zu seiner Auslieferung, allein da die Ranzion für seinen Gesellschafter nicht dabei war, so schickte Vieilleville sie wieder zurück und bat nur, dass man des Lösegelds wegen an seinen Vater schreiben möchte; denn er wollte lieber in der Gefangenschaft verschmachten, als den verlassen, mit dem er sein Schicksal zu teilen versprochen hatte. Herr von Monaco bewunderte diese edle Weigerung, begnügte sich mit dem, was geschickt worden war und gab beiden die Freiheit. Kurze Zeit darauf nahm Vieilleville den Sohn eben dieses Herrn von Monaco gefangen und schickte ihn unentgeltlich zurück. 

Zu der Zeit erneuerte Vieilleville die Bekanntschaft mit dem Neffen des großen Andreas Doria, Philipp Doria, der Kammerpage bei dem König gewesen, als er selbst bei der Regentin Edelknabe war. Vieilleville besuchte ihn eines Tages auf seinen Galeeren, deren er acht zum Dienst des Königs kommandierte. Doria bot ihm eine seiner Galeeren an und er wählte die, welche die Regentin hieß, wo er sogleich als Befehlshaber unter vielen Feierlichkeiten eingeführt wurde. Des Abends ging er wieder in das Lager, das ungefähr zwei Meilen davon war; so ging es sechs bis sieben Tage fort und alle vornehmen Offiziere der Armee wurden da nach und nach bewirtet. 

Moncade, Vizekönig von Neapel, dem es hinterbracht wurde, dass die Offiziere und Soldaten dieser Galeeren des Nachts meist ins französische Lager gingen, ließ sechs Galeeren bewaffnen, um den Grafen Doria zu überfallen; allein man bekam Nachricht davon und es gelang so wenig, dass bei dieser Expedition der Vizekönig selbst, der sich auf einer der Galeeren befand, getötet wurde; zwei derselben wurden in Grund gebohrt und zwei andere genommen. Bei dieser Gelegenheit geschah es, dass Vieilleville, der auf der Regentin alles getan hatte, was möglich war, so dass von fünfzig Soldaten nur noch zwölf am Leben blieben, zuletzt noch eine der Galeeren angreifen wollte, die nebst einer andern noch übrig geblieben war. Er enterte und stürzte sich mit seinen Soldaten hinein. Während er aber auf diesem Schiff focht, machten sich die Matrosen von der Regentin los, zogen die Segel auf und gingen geradezu nach Neapel, wohin auch die andere Galeere schon während des Gefechts vorausgegangen war; Vieilleville, der seine meisten Soldaten verloren, musste sich nun ergeben.

Als die erste spanische Galeere im Hafen ankam, ließ der Prinz von Oranien den Kapitän und mehrere der Mannschaft hängen. Dieses erfuhr der Kapitän der Galeere, auf der sich Vieilleville als Gefangener befand und fürchtete sich, in den Hafen einzulaufen. Vieilleville benutzte diese Unentschlossenheit und beredete den Kapitän, in des Königs Dienste zu treten, der es auch annahm und ihm nebst der ganzen Mannschaft den Eid der Treue ablegte. 

Unterdessen hatte Graf Doria den ganzen Tag und die ganze Nacht seinen Freund Vieilleville unter den, auf dem Wasser schwimmenden Körpern suchen lassen und war ganz trostlos über diesen Verlust. Um Nachricht von ihm einzuziehen, ließ er den Kapitän Napoleon, einen Korsen, mit der Regentin auslaufen und in dieser Absicht nach Neapel segeln. Sie waren nicht weit gekommen, so entdeckten sie eine Galeere, die ihnen kaiserlich schien, doch sahen sie auf dem Mastbaum einen Matrosen mit einer weißen Flagge; bald darauf hörten sie auch Musik und Frankreich rufen. Vieilleville erkannte sogleich die Regentin und die Freude des Wiedersehens war allgemein. Noch eine andere Galeere, die man ihm von Neapel aus nachgeschickt hatte, nahm er durch eine Kriegslist weg und kam, anstatt gefangen zu sein, als Herr von zwei Galeeren bei der Armee wieder an, wo er aber seinen Freund Doria nicht mehr antraf, der mit zwei Galeeren nach Frankreich geschickt worden war. Da die Belagerung von Neapel, die Lautrec unternommen hatte, sehr langsam vonstatten ging, so nahm Vieilleville seinen Abschied und dieses zu seinem Glück; denn drei Monate darauf riss die Pest ein, welche die meisten Offiziere der Armee dahinraffte. 

Als er sich dem König bei seiner Zurückkunft vorstellte und ihn seiner jugendlichen Übereilung wegen um Verzeihung bat, sagte ihm derselbe, dass schon alles verziehen sei, da besonders die Regentin nicht mehr lebe. Er befahl ihm, sich fleißig bei ihm einzufinden und gab ihn dem Herzog von Orleans, seinem zweiten Sohn (der ihm unter dem Namen Heinrich II. auf dem Thron folgte) mit den Worten: „Er ist nicht älter als du, mein Sohn; aber siehe, was er schon getan hat. Wenn ihn der Krieg nicht aufreibt, so wirst du ihn einst zum Marschall von Frankreich erheben.“ 

Einige Zeit darauf machte Karl V. Anstalt, in Frankreich einzufallen; der König zog deshalb seine Armee bei Lyon zusammen. Das erste Geschäft war, sich Meister von Avignon zu machen, damit nicht die Kaiserlichen diesen Schlüssel der Provence besetzten. Nach langen Beratschlagungen wählte der König selbst den Herrn von Vieilleville, obgleich viele wegen seiner großen Jugend dagegen waren. Er wurde mit sechstausend Mann Fußvolk ohne Artillerie dahin abgeschickt, um dem Kaiser zuvorzukommen. 

Da er vor Avignon ankam und es verschlossen fand, verlangte er, mit dem Vize-Legaten sich zu unterreden, der sich auch auf der Mauer zeigte. Vieilleville bat ihn sehr dringend, herunterzukommen, da er ihm etwas Wichtiges zu seinem und der Stadt Wohl mitzuteilen hätte. Er selbst wollte bei dieser Unterredung nur die sechs Personen bei sich halben, die er um ihn sähe, der Legat hingegen könnte so viele Begleiter mit sich nehmen, als er nur wollte, wenn er Misstrauen hegte. Jener kam an das Tor mit fünfzehn oder zwanzig Mann Begleitung und einigen der Vornehmsten der Stadt. Vieilleville versicherte ihm, dass er nicht in die Stadt begehre, dass ihn aber der König ersuche, einen Eid abzulegen, auch keine Kaiserlichen hineinzulassen und deshalb Geiseln zu stellen. Der Vize-Legat willigte in den ersten Punkt; Geiseln aber wollte er in keinem Fall stellen. 

Von den sechs Soldaten, die mit Vieilleville waren, hatten vier den Kapitänstitel, sie waren aber schlecht gekleidet; er bat daher, sie in die Stadt zu lassen, um sich zu montieren, Pulver zu kaufen und ihr Gewehr herzustellen, das denn auch gern erlaubt wurde. Ihr Plan war, sich unter die Tore zu stellen und zu verhindern, dass man die Fallrechen nicht herunterließe. Unterdessen kamen immer mehrere Soldaten nacheinander an, ohne dass der Vize-Legat, noch seine Leute es gewahr wurden, denn man zankte sich mit Fleiß wegen der Geiseln mit ihm herum. Es wurde gedroht, auf zwei Stunden weit alles um die Stadt herum zu verwüsten, wenn sie nicht gestellt würden. Da endlich Vieilleville sah, dass er stark genug war, gab er dem Vize-Legaten einen Stoß, dass er zur Erde stürzte, zog den Degen und drängte sich mit den Leuten, die da waren, in die Tore, wo er einige Schüsse auszuhalten hatte, wovon ihm zwei oder drei Leute getötet wurden: Sieben bis acht von den andern wurden erstochen.

Jetzt wollten die Einwohner von Avignon auf den Fallrechen zulaufen, hier aber standen die vier Soldaten, die sich sehr tapfer hielten und sie verhinderten, nahe zu kommen. Auf den Lärm der Flintenschüsse kamen dann tausend bis zwölfhundert Mann, die man über der Stadt bei Nacht in das Korn versteckt hatte, als Hinterhalt hervor und drangen mit dem größten Mut ein. Den übrigen Teil seines Korps hatte Vieilleville auch herbeigerufen und nun kamen sie mit fliegenden Fahnen und klingendem Spiel an. Er nahm nun die Schlüssel der Tore, die zublieben, außer das Rhone-Tor gegen Villeneuve, welches schon französisch ist. Da sich Vieilleville nun durch diese Kriegslist Meister von der Stadt gemacht hatte, so fing er an, die Ordnung darin herzustellen und die Soldaten im Zaum zu halten, so dass keinem Einwohner, der sich ruhig verhielt, etwas zu Leide geschah und keine Frauenspersonen misshandelt wurden. Doch kostete ihm dieses nicht wenig Mühe; er musste sogar fünf bis sechs Soldaten und einen Kapitän niederstoßen, der mit aller Gewalt plündern wollte. Der Connetable lagerte sich nun bei Avignon und Vieilleville zog zum König zurück, den er in Tournon antraf, wo er mit großer Freude empfangen wurde. Als er vor dem König ankam, redete dieser ihn also an: „Nähert Euch, schönes Licht unter den Rittern! Sonne würde ich Euch nennen, wenn Ihr älter wärt, denn wenn Ihr so fortfahrt, werdet Ihr über alle andern leuchten. Pariert unterdessen den Streich von Eurem König, der Euch liebt und ehrt“, und schlug ihn so, indem er die Hand an den Degen legte, zum Ritter. 

Nach dieser Zeit bat ihn Herr von Chateaubriand, sein Verwandter, der Gouverneur und Generalleutnant des Königs in Bretagne war, seine Kompanie von fünfzig Mann (Gendarmes) zu übernehmen, da sie sonst in Bretagne bleiben müsste und keine Gelegenheit hätte, sich zu zeigen. Er wollte zugleich zuwege bringen, dass er des Königs Leutnant während seiner Abwesenheit in Bretagne sein sollte. Vieilleville übernahm zwar die Kompanie, allein die Leutnantsstelle über die Provinz verbat er sich, da er Hoffnung habe, ein eignes Gouvernement zu erhalten. 

Es scheint sonderbar, dass Vieilleville nicht eine Kompanie Gendarmes für sich selbst haben konnte; allein es war damals nicht so leicht, sie zu erhalten und überdem verschmähte seine Delikatesse, dasjenige der Gunst zu verdanken, was er durch Verdienst zu erwerben hoffte. Zum Beweise dient die Antwort, die er dem König gab, als ihm dieser nach dem Tod des Herrn von Chateaubriand die Kompanie anbot: Er habe, sagte er, noch nichts getan, was einer solchen Ehre wert wäre; worauf der König sehr verwundert und fast erzürnt sagte: „Vieilleville, Ihr habt mich getäuscht, denn ich hätte geglaubt, Ihr würdet, wenn Ihr auf zweihundert Meilen weg gewesen wärt, Tag und Nacht gerennt sein, um sie zu begehren und nun ich sie Euch von selbst gebe, so weiß ich doch nicht, was für eine günstigere Gelegenheit Ihr abwarten wollt.“ – „Den Tag einer Schlacht, Sire“, antwortete Vieilleville, „wenn Ew. Majestät sehen werden, dass ich sie verdiene. Nähme ich sie jetzt an, so könnten meine Kameraden diese Ehre lächerlich machen und sagen: Ich habe sie nur als Verwandter des Herrn von Chateaubriand erhalten; lieber aber wollte ich mein Leben lassen, als durch etwas anders als mein Verdienst auch nur einen Grad höher steigen.“ 

Einige Stunden vor dem Tod Franz des Ersten ließ dieser Monarch, der sich noch der Verdienste Vieillevilles erinnerte, den Dauphin rufen, um ihm denselben zu empfehlen: „Ich weiß wohl, mein Sohn, du wirst St. André eher befördern, als Vieilleville; deine Neigung bestimmt dich dazu. Wenn du aber eine vernünftige Vergleichung zwischen beiden anstellen würdest, so beeiltest du dich nicht. Wenigstens bitte ich dich, wenn du sie auch nicht miteinander erhöhen willst, dass doch letzterer dem ersteren bald folge.“ Der Dauphin versprach es auch, jedoch nur mit dem Vorbehalt, dem St. André den Vorzug zu geben. Der König ließ sogleich Vieilleville rufen, reichte ihm die Hand und sagte ihm die Worte: „Ich kann bei der Schwäche, in der ich mich befinde, Euch nichts anders sagen, Vieilleville, als dass ich zu früh für Euch sterbe; aber hier ist mein Sohn, der mir verspricht, Euch nie zu vergessen. Sein Vater war nie undankbar und noch jetzt will er, dass er Euch den zweiten Marschallsstab von Frankreich, der aufgeht, gebe, denn ich weiß wohl, wem der erste bestimmt ist. Aber ich bitte Gott, dass er ihn niemals jemand gebe, als wer dessen so würdig ist, wie Ihr. Ist dies nicht auch deine Meinung, mein Sohn?“ Ja, antwortete der Dauphin. Hierauf warf der König seinen Arm um Vieilleville; allen Dreien standen die Tränen im Auge. Kurz darauf ließen die Ärzte den Dauphin und alle anderen hinausgehen und bald danach gab der König den Geist auf. 

Jetzt war Heinrich, der vormalige Herzog von Orleans und nun durch den Tod seines ältern Bruders, Dauphin von Frankreich, König und schon nach sieben Tagen bekam Vieilleville den Auftrag, als Gesandter nach England zu gehen, um dem unmündigen Eduard und seinem Konzil neuerdings den Frieden zuzuschwören, welche Gesandtschaft er auch mit vieler Würde unternahm und zur größten Zufriedenheit ausführte. 

Bald nach Beerdigung des alten Königs wurde der Prozess des Marschalls von Biez und seines Schwagers von Vervins, welche Boulogne an die Engländer ausgeliefert hatten, vorgenommen, letzterer zum Tod, ersterer aber zur Gefängnisstrafe und Verlust seiner Güter und Titel verdammt. Der König wollte Vieilleville aus eigenem Antrieb von den hundert Lanzen, die der Marschall von Biez kommandiert hatte, fünfzig geben; Vieilleville dankte aber sehr für diese Gnade, weil er nicht der Nachfolger eines solchen Mannes sein wollte. „Und warum nicht?“, fragte ihn der König. – „Sire“, antwortete Vieilleville, „es würde mir sein, als wenn ich die Witwe eines verurteilten Verbrechers geheiratet hätte. – Auch hat es mit meiner Beförderung keine Eile; denn ich weiß, dass Ew. Majestät gleich nach Ihrem feierlichen Einzug in Paris beschlossen haben, Boulogne den Engländern wieder wegzunehmen. Vielleicht bleibt dabei ein Kapitän, ein Mann von Ehre, dessen Platz Sie mir geben werden oder bleibe ich selbst; denn um meinem König zu dienen, werde ich mich nicht schonen und dann bedarf ich keiner Kompanie mehr.“ Dieses geschah in Gegenwart des Marschalls von St. André. Der König redete ihm noch sehr zu, allein Vieilleville blieb bei seiner Antwort. „Lieber will ich des Marschalls, der hier ist, Leutnant sein, als die Kompanie des Herrn von Biez, eines Verräters, haben.“ 

Der Marschall von St. André, der vorher schon gegen den König denselben Wunsch geäußert hatte, war äußerst froh über diese Erklärung. „Erinnert Euch, mein bester Freund, dieser Rede, wobei Ihr den König zum Zeugen habt.“ Vieilleville sah sich jetzt gezwungen, die Leutnantsstelle anzunehmen; wiewohl er den Vorschlag in keiner andern Absicht getan hatte, als um jenes erste Anerbieten abzulehnen. 

Diese Kompanie Gendarmes war von dem Vater des Marschalls sehr nachlässig zusammengesetzt worden. Sie bestand größtenteils aus den Söhnen der Gastgeber und Schenkwirte und da die Schilde an diesen Wirtshäusern gewöhnlich Heilige vorstellten, so benannte sich dieses Volk nach diesen Heiligen. Daher war diese Kompanie in ganz Lyon zum Gelächter. Einige dankten Gott, dass er eine Kompanie Heilige aus dem Paradies geschickt habe, sie zu bewachen; andere nannten sie die Gendarmes der Litanei. So fand man auch in der ganzen Kompanie nicht fünfzig Dienstpferde. Daher kam es auch und besonders aus der Gunst, in der ihr Chef stand, dass sie nie zur Armee stießen; es hieß immer, sie wären dem Gouverneur unentbehrlich, um eine so große Stadt, wie Lyon, im Zaum zu halten. Bei der Musterung entlehnten diese Leute die ihnen nötigen Pferde und Armaturstücke und so dauerte diese Unordnung neun bis zehn Jahre, bis der alte St. André starb und nun sein Sohn sie bekam, der sie denn auch so ließ, weil er ihre Schande nicht aufdecken wollte. Eben deswegen aber war es ihm lieb, Vieillevillen zu seinem Leutnant zu haben, da er ihn als einen strengen und unerbittlichen Mann im Punkt der Zucht und der Ehre kannte. 

Vieilleville hatte diese Kompanie nach Clermont in Auvergne beordert, damit sie nicht so leicht Waffen und Pferde entlehnen könnte. Hier erschien er nun mit sechzig bis achtzig braven Edelleuten aus den besten Häusern von Bretagne, Anjou* und Maine, die meistens den Krieg in Piemont mitgemacht hatten. Kaum war er angekommen, so überreichte man ihm eine Liste von dreißig bis vierzig, die vermöge eines Attestats vom Doktor zurückgeblieben waren, die er denn sogleich aus der Kompanie ausstrich. Ebenso machte er es mit dem Volk der Pächter, Kammerdiener u.dgl., die auf vornehmer Herren und Frauen Gunst in die Kompanie waren angenommen worden. Die Übrigen, die noch in den Reihen standen, ließ er zu Pferd manövrieren und da sie gar nichts verstanden, so gaben sie den alten Soldaten viel zu lachen. Er schickte sie daher auch sogleich in ihre Wirtshäuser zurück, um den Gästen dort aufzuwarten, mit dem Bedeuten, dass unter die Gendarmes nur Edelleute gehörten. Einige von ihnen murrten zwar darüber und bedienten sich ungezogener Ausdrücke; wie aber die Edelleute mit dem Stock über sie herfielen, so nahmen die Andern Reißaus zu großen Belustigung der Gesellschaft. Und so entledigte sich Vieilleville dieses Gesindels, das zum Dienst des Königs nie einen Sporn angelegt hatte und besetzte die Plätze mit guten Edelleuten, die auf Ehre hielten und sich mit Anstand ausrüsten konnten. Jetzt ließen sich auch noch viele andere Edelleute aus Gascogne, Perigord und Limosin einschreiben, die vorher unter dem Auswurf nicht hatten dienen wollen, so dass diese Kompanie bei der nächsten Musterung auf fünfhundert Pferde sich belief und eine der besten der ganzen Gendarmerie wurde.

Einige Zeit darauf begleitete Vieilleville den König durch Bourgogne nach Savoyen, wo überall in den großen Städten ein feierlicher Einzug gehalten wurde. Als sie nach St. Jean de Maurienne kamen, wo ein Bischof residiert, bat dieser den König, diese Stadt mit einem Einzug zu beehren und versprach dabei, ihm ein Fest zu geben, wie er es noch nie gesehen. Der König, neugierig auf diese neue Festlichkeit, gestand es zu und zog den andern Morgen feierlich ein. Kaum war er zweihundert Schritte durch das Tor, als sich eine Kompanie von hundert Mann zeigte, die vom Kopf bis auf den Fuß wie Bären gekleidet waren und dieses so natürlich, dass man sie für wirkliche Bären halten musste. Sie kamen schnell auf einer Straße heraus mit klingendem Spiel und fliegenden Fahnen, den Spieß auf der Schulter, nahmen den König in die Mitte und so bis hin zur Kirche, zum großen Gelächter des ganzen Hofes. Ebenso führten sie den König bis zu seiner Wohnung, vor welcher sie viele tausend Bärensprünge und Possen machten; sie kletterten wie Bären an den Häusern, an den Säulen und Bogengängen hinauf und erhuben ein Geschrei, das ganz natürlich dem Brummen der Bären glich. Da sie sahen, dass dem König dieses gefiel, versammelten sie sich alle hundert und fingen ein solches entsetzliches Hurrah an, dass die Pferde, welche unten vor dem Haus mit der Dienerschaft hielten, scheu wurden und über alles hinrennten, welches den Spaß sehr vermehrte, obgleich viele Leute dabei verwundet wurden. Dem ungeachtet machten sie noch einen Rundtanz, wo die Schweizer sich auch darein mischten. 

Von da ging der König über den Berg Cenis nach Piemont, wo sein Vater Franz I. schon den Prinzen von Melphi zum Vizekönig eingesetzt hatte. Dieser Prinz, als er dem König entgegen gegangen war, erzeigte Vieilleville besondere Ehre, so dass er ihm selbst Quartier in Turin machte und die Leute des Connetable von Montmorency auf mehreren Wohnungen, die sie bestellt hatten, heraus werfen ließ, um sie für Vieilleville aufzubewahren, welches der Connetable sehr übel aufnahm und dem Prinzen merken ließ, dass es dem Reisemarschall zustände, jeden nach seinem Rang zu logieren. Hierauf sagte ihm der Prinz: „Herr, wir sind über den Bergen hüben – wenn Sie drüben sind, befehlen Sie in Frankreich, wie Sie wollen und selbst durch den Stock; hier aber ist es anders, und ich bitte mir aus, keine Anordnung zu machen, die nicht befolgt werden würde.“ Der Prinz ging in seiner Achtung gegen Vieilleville so weit, dass er oft die Parole bei ihm abholen ließ und gab nie zu, dass die, welche der Connetable für die Haustruppen des Königs gab, allgemein gelten sollte. Vieilleville, als feiner Hofmann, machte jedoch so wenig als möglich Gebrauch von diesen Auszeichnungen, um die andern Großen nicht aufzubringen. Es wendete sich alles nur an ihn, um Befehle im Dienst des Königs zu erhalten. Bei seinem Aufstehen und Niederlegen waren alle Kapitäne zugegen; er hielt aber auch offene Tafel und diese war so reich besetzt, dass die Tafel des Prinzen von Melphi sehr mager dagegen aussah. 

Unterdessen bekam der König Nachricht, dass ein Aufstand in Guyenne ausgebrochen und man zu Bordeaux* den Gouverneur und andere beim Salzwesen angestellte Offiziere umgebracht hatte. Der Connetable stellte dem König vor, dass dieses Volk immer rebellisch sei und dass man die Einwohner dieser Gegend gänzlich ausrotten müsse. Er bot sich auch selbst an, dieses ins Werk zu richten. Der König schickte ihn zwar dahin ab, befahl aber doch, nur die Schuldigen nach der Strenge zu bestrafen und gute Mannszucht zu halten. Auch gab er ihm den Herzog von Aumale mit, den Vieilleville begleitete. Der Volksaufstand hatte sich bei Annäherung der Truppen bald zerstreut, so dass der Connetable ganz ruhig in Bordeaux* einziehen konnte, wo er binnen eines Monats gegen hundertundvierzig Personen durch die schmerzhaftesten Todesarten hinrichten ließ. Besonders wurden die drei Rebellen, welche die königlichen Offiziere ins Wasser geworfen hatten, mit den Worten: „Geht, ihr Herren und salzt die Fische in der Charente!“, auf eine sehr schreckliche Art gerädert und dann verbrannt, mit den Worten in der Sentenz: „Gehe hin, Canaille, und brate die Fische der Charente, die du mit den Körpern von deines Königs Dienern gesalzen hast.“

Auf dem ganzen Weg nach Bordeaux* hatte Vieilleville die Kompanie des Marschalls von St. André, deren Leutnant er war, geführt und dabei so gute Mannszucht gehalten, dass alles wie im Wirtshaus bezahlt wurde. Er stieg sogar nicht eher zu Pferd, bis seine Wirte ihm geschworen hatten, dass sie alles richtig erhalten. Als er mit dieser Kompanie in ein großes Dorf drei Stunden von Bordeaux* kam, fanden seine Reitknechte unter dem Heu und Stroh eine große Anzahl sehr schöner Piken, Feuerröhren, Pickelhauben, Kürasse, Helme, Schilde und Hellebarden versteckt. Der Wirt, den er darüber unter vier Augen zur Rede setzte, antwortete mit Angst und Zittern, dass seine Nachbarn diese Waffen hierher versteckt hätten, weil sie wohl wüssten, dass er ein unschuldiger Mann sei. Und weil ich, setzte er hinzu, in den zwei Tagen, so Ihr bei mir seid, von niemand nur ein hartes Wort erhalten, so will ich Euch noch mehr sagen, dass fünfunddreißig Koffer und Kisten von verschiedenen Edelleuten, die sich in ihrem Haus nicht sicher glaubten, hierher gebracht worden, die ich habe einmauern lassen, weil es bekannt ist, dass ich nie mit diesem Unwesen etwas zu tun gehabt; ich bitte Euch aber, gnädiger Herr, haltet darüber, dass weder sie noch ich Schaden leiden. Vieilleville, der wohl sah, dass er unschuldig, aber ein armer Tropf sei, befahl ihm, niemand etwas davon zu entdecken, die Waffen aber öffentlich in eine Scheune zu verschließen und stellte ihm ein Zeugnis aus, dass er selbst sie erkauft und bezahlt habe und abholen lassen würde. Er sollte sich nur an ihn wenden, wenn man Gewalt brauchen wollte. Gerührt von dieser menschlichen Behandlung, wollte dieser Mann, der das Leben verwirkt zu haben glaubte, ihn fast anbeten und bat auf den Knien, wenigstens die Waffen anzunehmen, besonders die Piken, die ganz neu und sehr schön wären. Allein Vieilleville wurde aufgebracht und befahl ihm, wenn er nicht der Gerechtigkeit überliefert sein wollte, zu schweigen. 

In einem Dorf, eine Stunde von Bordeaux*, blieb die Kompanie in Garnison; er selbst aber nahm seine Wohnung in Bordeaux* bei einem Parlamentsrat Valvyn. Dieser kam ihm gleich entgegen und schätzte sich glücklich, einen Mann von solcher Denkungsart und Ansehen in seinem Haus zu haben und desto mehr, da er auf falsche Anklagen von dem Connetable sehr gedrückt, ja sogar Hausgefangener sei. Vieilleville sicherte ihm allen Beistand zu und versprach, seine Sache zu verteidigen. Kaum war er in den Saal getreten, so erschien auch die Frau von Valvyn mit zwei Töchtern von außerordentlicher Schönheit. Sie war noch ganz verwirrt von einem Schrecken, den sie in der vorigen Nacht gehabt, da man in dem Haus ihrer Schwester, der Witwe eines Parlamentsrats, einbrechen wollen; sie hatte deswegen ihre zwei Nichten hierher geflüchtet und empfahl ihm die Ehre dieser vier Mädchen auf das dringendste. Sie warf sich vor ihm auf die Knie, allein Vieilleville hob sie auf und sagte ihr, dass er auch Töchter habe. Er würde eher das Leben, als ihnen etwas Leides geschehen lassen. Da sich die Mutter so getröstet sah, fing sie nunmehr an zu erzählen, dass die Leute des Herrn, der bei ihrer Schwester wohnte und Graf Sancerre hieß und besonders ein junger Edelmann, die Türe in der Mädchen Kammer habe eintreten wollen, dass die Mädchen aber zum Fenster hinaus auf das Reisig gesprungen seien und sich hierher geflüchtet hätten. Vieilleville fragte sie, ob es nicht der Bastard* von Beuil sei? – So heißt er, sagten sie. – „Nun, da muss man sich nicht wundern“, versetzte Vieilleville; „bei dem Sohn einer H... ist für Mädchen von Ehre in dergleichen Dingen nie Friede, noch Sicherheit; denn es verdrießt ihn, dass nicht alle Weiber seiner Mutter gleichen.“ Indem kam auch die Witwe an und klagte, dass der Bastard* sie misshandelt und von ihr verlangt habe, die Mädchen ihm auszuliefern. Nach dem Essen ging Vieilleville zum Connetable, wo er Sancerre das üble Betragen seines angenommenen Sohnes vorstellte. Der Graf von Sancerre, um des Vieilleville Hauswirt zu besänftigen, ging mit ihm zum Abendessen nach Hause, wo er selbst seine Entschuldigung machte und sie für die Zukunft sicher zu stellen suchte; allein sie trauten auch ihm nicht und kamen, solang die Armee in Bordeaux* war, nicht mehr aus ihrer Freistatt. Sie ersparten sich dadurch viele Unannehmlichkeiten und Schande, die den andere Bürgern widerfuhr, denn alle Einwohner der Stadt, ohne Ausnahme des Geschlechts, mussten auf den Knien Abbitte tun, allein die Familie Valvyn blieb davon weg, obgleich der Connetable Vieilleville erinnern ließ, sie nicht zurückzuhalten, worauf dieser aber ganz erzürnt sich erklärte: Wenn man seine Hausleute zu dieser schimpflichen Abbitte zwingen wollte, so werde er selbst mit ihnen kommen; er versichere aber, dass kein geringer Lärm darüber entstehen sollte. 

Es geschah öfters, dass von den Kompanien, die auf dem Dorf lagen, mehrere Soldaten nach Bordeaux*kamen, um sich Bedürfnisse einzukaufen oder auch um die Hinrichtungen mit anzusehen. Einer von den Gendarmen und zwei Bogenschützen machten sich dieses zunutze und meldeten dem Pfarrer ihres Dorfes, zwei von denen, die sie hätten hängen sehen, hätten ausgesagt, dass er mit ihnen die Sturmglocke in seiner Kirche geläutet habe. Sie hätten daher den Auftrag, ihn gefangen zu nehmen, würden ihn aber entwischen lassen, wenn er ihnen eine schöne Summe gäbe. Der arme Pfarrer, der sich nicht ganz schuldlos fühlte, versprach ihnen achthundert Taler; aber auch hiermit noch nicht zufrieden, erpressten sie von ihm, den Dolch an der Kehle, das Geständnis, wo er die reichen Gerätschaften der Kirche hin versteckt hätte. Die Furcht vor dem Tod ließ ihn alles gestehen. Sie banden ihn darauf in einer entfernten Stube fest und beschlossen, wenn sie ihren Schatz in Sicherheit gebracht haben würden, ihn umzubringen. Allein der Neffe des Pfarrers lief nach Bordeaux*, Vieilleville davon zu benachrichtigen, der sich sogleich zu Pferd setzte und, ohne dass die Bösewichter etwas davon merkten, in der Pfarrwohnung abstieg, eben da sie mit drei reich beladnen Pferden daraus abziehen wollten. Den ersten, der ihm vorkam, stieß er sogleich im Zorn nieder mit den Worten: „Nichtswürdiger, was? Sind wir Ketzer, dass wir auf die Priester losgehen und Kirchen bestehlen?“ Die andern zwei wurden von ihren Kameraden selbst getötet, damit die Kompanie nicht beschimpft würde, wenn sie am Galgen stürben. Den Pfarrer fand man gebunden und zwei Knechte bei ihm, die ihm das Messer an der Kehle hielten, dass er nicht schreien sollte. Er warf sich vor Vieilleville nieder und dankte für sein Leben und die Wiedererstattung seines Vermögens; dieser befahl ihm, die drei Toten zu begraben und eine Messe für ihre Seele zu lesen. 

Nachdem nun der Connetable in dieser Stadt ein schreckliches Beispiel seiner Strenge in der Bestrafung der Aufrührer gegeben, ließ er die Armee auseinander gehen; die stehen bleibende Kompanie aber wurde von ihm gemustert. Im Scherz sagte er zu Vieilleville, dass er selbst der Kommissär bei seiner Kompanie sein würde, denn er hätte vernommen, dass die Kompanie des Marschalls von St. André nicht vollzählig, noch equipiert sei, hinreichende Dienste zu tun, und dass er wohl wüsste, wie nur zwanzig Dienstpferde darinnen wären. Vieilleville bat ihn darauf ganz bescheiden, bei der Verabschiedung seine Kompanie nicht zu schonen, wenn er sie so befände. Aber er solle wohl Acht haben, dass, wenn er ihm selbst die Ehre antun wollte, seine Kompanie zu mustern, es ihm nicht gehe, wie den andern Kommissären. „Und wie denn?“, fragte ihn der Connetable, der sich vorstellte, es geschehe ihnen etwas Unangenehmes. „Ich behalte Sie zum Mittagsessen“, antwortete Vieilleville. Auch fand der Connetable bei der Musterung zu großer Bewunderung aller Anwesenden diese Kompanie in vortrefflichem Stand. Sie nahm ein großes Feld ein und schien über sechshundert Pferde stark, denn er hatte die Reitknechte, so die Handpferde ihrer Herren ritten, in einiger Entfernung neben der Kompanie stellen lassen und nicht hinter ihnen, wie es sonst gewöhnlich. Er selbst kam dem Connetable und allen Großen, die ihn begleiteten, auf einem prächtigen Apfelschimmel, der auf zweitausend Taler geschätzt wurde, vor der Kompanie entgegen und zeigte da, wie er sein Pferd wohl zu reiten verstünde. Er gab hierauf dem Connetable und allen diesen Herren in einem Feld neben dem Dorf ein vortreffliches Gastmahl unter Hütten, die er auf Zweigen hatte sehr artig aufrichten lassen. 

Von Bordeaux* aus führte er seine Kompanie in ihre gewöhnliche Garnison nach Xaintonge und ging sodann nach Hause, wo die Heirat des jungen Marquis von Espinay mit seiner Tochter vollzogen wurde, bei welcher Gelegenheit eine unzählige Menge Fremder sich einfand, die alle auf das beste und kostbarste bewirtet wurden. Auch schlichtete er mehr als zehn Ehrenhändel, die zwischen braven und tapfern Edelleuten und Offizieren in der Nachbarschaft entstanden waren und ob er sie gleich sehr verwirrt fand, so wusste er sie doch, vermöge der großen Fertigkeit, die er im Umgang mit so vielen Nationen und seit so langen Jahren erhalten, sehr wohl auseinander zu setzen und auszugleichen, so dass man in dieser Art Händel sich von allen Seiten an ihn wendete, sogar die Marschälle von Frankreich, die das oberste Gericht über die Ehre des französischen Adels ausmachten. 

Kaum acht Tage nach der Hochzeit wurde Vieilleville nach Hofe beordert, wohin er auch gleich den jungen Espinay mit sich nahm, denn er sollte keine Gelegenheit versäumen, sich zu zeigen und er vermutete, dass man den Engländern, gleich nach dem Einzug des Königs, Boulogne wieder nehmen würde. Eines Tages kam der Schwager des Marschalls von St. André, d’Apechon, nebst den Herren von Sennecterre, Biron, Forguel und La Roue zu ihm und überbrachten ein Brevet, vom König unterzeichnet, worin ihm und den Überbringern dieses das konfiszierte Vermögen aller Lutheraner in Guyenne, Limosin, Quercy, Perigord, Xaintonge und Aulnys geschenkt wurde. Sie hatten ihn vorgeschoben, um desto gewisser dieses beträchtliche Geschenk, das nach Abrechnung aller Kosten der Erhebung jedem zwanzigtausend Taler tragen konnte, zu erhalten. Vieilleville dankte ihnen dafür, dass sie bei dieser Gelegenheit an ihn gedacht hätten, erklärte aber, dass er sich durch ein so gehässiges und trauriges Mittel nie bereichern würde; denn es wäre nur darauf abgesehen, das arme Volk zu plagen und durch falsche Anklagen so manche gute Familie zu ruinieren. Es wäre ja kaum der Connetable aus diesem Land mit seiner großen Armee, die schon so viel Schaden angerichtet; auch hielte er es unter seiner Würde und gegen alle christliche Pflicht, die armen Untertanen des Königs noch mehr ins Unglück zu bringen und eher würde er sein Vermögen dazu verlieren, als dass sein Name bei diesen Konfiskationen in den Gerichten herumgezogen würde. – „Denn“, setzte er hinzu, „wir würden in allen Parlamenten einregistriert werden und den Ruf als Volksfresser verdienen; für zwanzigtausend Taler den Fluch so vieler Weiber, Mädchen und Kinder, die im Spital sterben müssen, auf sich zu laden, heißt sich zu wohlfeil in die Hölle stürzen. Über dem würden wir alle Gerichtspersonen, in deren Profit wir greifen, zu Gegnern und Todfeinden haben.“ Er zog darauf seinen Dolch und durchlöcherte das Brevet, worauf sein Name stand; eben dieses tat nun auch d’Apechon, der ganz schamrot geworden war, und Biron; sie gingen alle Drei davon und ließen das Papier auf der Erde liegen. Die andern aber, welche schon gar zu sehr auf diesen Profit gezählt hatten, waren sehr unwillig über die Gewissenhaftigkeit Vieillevilles, hoben das Brevet auf und zerrissen es unter großen Flüchen in tausend Stücke. 

Kurz darauf wurde Boulogne von dem König belagert, wobei denn auch Vieilleville und sein Schwiegersohn Espinay zugegen waren. Eines Tages fiel ihm ein, dass, wie er in England Gesandter gewesen, der Herzog von Somerset ihm einige Stichelreden über die Bravour der Franzosen gegeben hatte. Vieilleville bat daher den Herrn von Espinay, sich in seine beste Rüstung zu werfen, wie an dem Tag einer Schlacht. Ebenso zog er selbst sich an, nahm noch drei Edelleute mit und ritt mit diesem Gefolge ganz in der Stille vor die Tore von Boulogne. Der Trompeter blies und man verlangte zu wissen, was er wollte? Er fragte, ob der Herzog von Somerset in dem Platz sei? – Vieilleville wäre hier und wollte eine Lanze brechen. Es wurde ihm geantwortet, dass der Herzog krank in London liege, obgleich es allgemein hieß, dass er in Boulogne sei. Er fragte darauf, ob nicht ein anderer tapferer Ritter von Rang auf den Platz kommen wollte; allein es zeigte sich niemand. „Wenigstens“, sagte er, „wird doch vielleicht ein Sohn eines Mylords sich finden, der mit einem jungen Herrn aus Bretagne, Espinay, der noch nicht zwanzig Jahre hat, sich messen will. Er komme, damit wir nicht ins Lager wieder zurückkommen, ohne uns gemessen zu haben; denn es geht um die Ehre eurer Nation, wenn sich niemand zeigt.“ Endlich zeigte sich der Sohn des Mylord Dudley auf einem schönen spanischen Pferd mit einem prächtigen Gefolge. Sobald ihn einer von Vieillevilles Gefolge gesehen hatte, sagte dieser zu Espinay: „Dieser Mylord ist Euer; seht Ihr nicht, wie er auf englische Art reitet, er berührt ja fast den Sattelknopf mit seinen Knien. Sitzt nur fest und senkt Eure Lanze nicht eher, als drei oder vier Schritte vor ihm; denn wenn Ihr sie schon von weitem herunterlasst, sinkt die Spitze, Ihr verliert den Augenpunkt, denn das Auge wird von dem Visier geblendet.“ Es wurde darauf der Vertrag von beiden Seiten gemacht, dass, wer seinen Feind zur Erde werfe, ihn nebst Pferd und Rüstung gefangen wegführen sollte. 

Jetzt ritten sie jeder an seinen Platz, legten die Lanze ein und stießen aufeinander; der Engländer stürzte und ließ seine Lanze fallen, die vorbeigegangen war. Espinay hatte ihm einen so starken Stoß in die Seite gegeben, dass die Lanze brach. Sogleich springt Tailladé, einer aus Espinays Gefolge, vom Pferd und schwingt sich auf Dudleys spanisches Ross; die andern heben diesen von der Erde, der Trompeter bläst Victoria und nun eilen sie mit ihrem Gefangenen dem Lager zu und verlassen in ziemlicher Verwirrung die Engländer. 

Der König hatte indessen schon Nachricht davon erhalten und zog ihnen mit vielen Großen entgegen. Kaum hatten sie ihn erblickt, so fliegen sie vom Pferd und Espinay stellte seinen Gefangenen vor und übergab ihn dem König; dieser, indem er ihn wieder zurückgab, zog seinen Degen und schlug ihn zum Ritter. 

Bald darauf nötigte ein erschrecklicher Sturm den König, das Lager von Boulogne aufzuheben und seine Armee zurückzuziehen. Der junge Dudley bat jetzt, da sie weiter ins Land kamen, den Herrn von Espinay, seine Ranzion zu bestimmen; er könne nicht weiter und habe dringende Geschäfte in England. Einer von seinen Leuten nahm den letztern auf die Seite und sagte ihm, dass Dudley in die Tochter des Grafen von Bedfort verliebt und auch alles in Richtigkeit sei, sie zu heiraten. Als Espinay dieses hörte, sagte er ihm, dass er gehen könne, wenn es ihm beliebe; er verlange nur von ihm, des Hauses Espinay eingedenk zu sein, die nicht in Krieg ziehen, um reich zu werden, denn sie hätten schon genug, sondern um Ehre zu erwerben und den alten Ruhm ihrer Familie zu befestigen. Doch wolle er gerne von ihm vier der schönsten englischen Stuten annehmen; eine Großmut, über welche Dudley nicht wenig verwundert war. 

Die deutschen Fürsten beschlossen zu Augsburg, eine Gesandtschaft nach Frankreich zu schicken, um den König zu bewegen, ihnen gegen den Kaiser (Karl V.) beizustehen, der einige Fürsten hart gefangen hielt und sie schmählich behandelte. Die Gesandtschaft bestand aus dem Herzog von Simmern, dem Grafen von Nassau, dessen Sohn, dem nachher so berühmten Prinzen Wilhelm von Oranien und andern vornehmen Herren und Gelehrten. Man schickte ihnen bis St. Dizier entgegen und verschaffte ihnen alle Bequemlichkeiten nach ihrer Art; denn sie reisten nur fünf, sechs Stunden des Tages und zwar vor der Mittagsmahlzeit, bei der sie dann immer bis neun oder zehn Uhr des Nachts sitzen blieben; während dieser Zeit durfte man ihnen nicht mit Geschäften kommen. Sie hatten auch mit Fleiß diese Route gewählt, um sich recht satt zu trinken, denn von St. Dizier bis Fontainebleau kommt man durch die besten Weingegenden von Frankreich. 

Vieilleville wurde, als sie zwei Stunden von Fontainebleau in Moret sich ausruhten, zu ihnen geschickt, um sie im Namen des Königs zu bewillkommnen, welches der ganzen Gesandtschaft sehr wohl gefiel, besonders da er sie sehr gut bewirtete. Er erfuhr daselbst, dass der Graf Nassau ein Verwandter von ihm sei; dieser wendete sich besonders an ihn, da er sehr gewandt in Geschäften war und auch die französische Sprache gut redete. Eines Tages, da Vieilleville viele von der Gesandtschaft zum Mittagsessen hatte, unter andern auch zwei Beisitzer des kaiserlichen Kammergerichts zu Speyer und die Bürgermeister von Straßburg und Nürnberg, nahm der Graf Nassau Vieilleville bei Seite, um ihn genauer von ihrer Sendung zu unterrichten. Diese Unterredung dauerte beinahe eine Stunde, als die vier Richter und Bürgermeister ungeduldig wurden und mit dem Grafen in einem sehr rauen Ton anfingen deutsch zu reden. Dieser aber machte ihren Zorn auf eine sehr geschickte Art lächerlich, indem er ganz laut auf französisch, welches sie nicht verstanden, sagte: „Wundern Sie sich nicht, meine Herren, dass diese Deutschen so aufgebracht sind, denn sie sind nicht gewohnt, so bald vom Tisch aufzustehen, nachdem sie so vortrefflich gegessen und so köstlichen Wein getrunken haben.“ 

Vieilleville hinterbrachte dem König alles, wie er es gefunden und gehört hatte. Dieser war so wohl damit zufrieden, dass er ihn den andern Morgen rufen ließ und ihn zum Mitglied des Staatsrats ernannte. Die Gesandten hatten eine feierliche Audienz bei dem König und gleich darauf wurde Staatsrat gehalten, worinnen Heinrich II. vortrug, wie wenig ratsam es sei, Krieg mit dem Kaiser anzufangen. Nach dem König nahm sogleich der Connetable von Montmorency außer der Ordnung das Wort und stimmte gegen den Krieg: Ihm folgten die Übrigen, bis die Reihe an Vieilleville kam, der der ganzen Versammlung auf eine sehr bündige Art vorstellte, wie es die Ehre der Krone erfordere, den deutschen Fürsten beizustehen. Er eröffnete sodann dem König in geheim, was ihm der Graf Nassau anvertraut hätte, dass nämlich der Kaiser sich in Besitz von Metz, Toul, Verdun und Straßburg setzen wollte, welches dem König sehr nachteilig sein würde. Der König sollte daher ganz in der Stille sich dieser Städte, die eine Vormauer gegen die Champagne und Picardie waren, bemächtigen. „Und was den Vorwurf betrifft, Herr Connetable“, indem er sich zu ihm wendete, „den Sie so eben bei Ablegung Ihrer Stimme geäußert, dass die Deutschen ebenso oft ihren Sinn ändern, als ihren Magen leeren und leicht eine Verräterei hinter ihrem Anerbieten stecken könne, so wünschte ich lieber mein ganzes Vermögen zu verlieren, als dass ihnen dieses zu Ohren käme; denn wenn solche souveräne Fürsten, wie diese sind, davon einer dem Kaiser bei seiner Wahl den Reichsapfel, der die Monarchie anzeigt, in die linke Hand, der andere den Degen, um sich zu schützen, in die rechte gibt und der dritte ihm die kaiserliche Krone aufsetzt, weder Treu noch Glauben halten, unter was für einer Rasse Menschen soll man diese denn finden?“ 

Auf dieses wurde auch der Krieg beschlossen und zu Ende des März 1552 sollte die Armee auf der Grenze von Champagne beisammen sein, welches auch mit unglaublicher Geschwindigkeit geschah. Der Connetable nahm durch Kriegslist Metz weg und kurz darauf hielt der König daselbst seinen Einzug. Bei dieser Gelegenheit musterte er seine Armee und fand unter andern fünfhundert Edelleute, die er nie hatte nennen hören, sehr gut equipiert. Der König übergab dieses schöne Korps dem jungen Espinay, Vieillevilles Tochtermann, welcher auch an der Spitze desselben tapfre Taten verrichtete. 

Die Einnahme von Metz war aber auch die einzige Frucht dieser Ausrüstung; denn die andern Städte waren aufmerksam geworden und man fand sie gerüstet. Auch ließen die deutschen Fürsten den König wissen, dass ihr Friede mit dem Kaiser gemacht sei. Dieser letztere hatte sich kaum der einheimischen Feinde entledigt, als er mit einer zahlreichen Armee gegen Straßburg rückte, den Franzosen die eroberten Grenzstädte wieder wegzunehmen. Auf das erste Gerücht dieses Einfalls warf sich der Herzog von Guise mit einem zahlreichen tapfern Adel in die Stadt Metz, auf welche man den Hauptangriff erwartete. Verdun bekam der Marschall von St. André zu verteidigen und in Toul, wohin der König den Herrn von Vieilleville bestimmt hatte, hatte sich der Herzog von Nevers geworfen, ohne einen königlichen Befehl dazu abzuwarten. Der König ließ es auch dabei, so gern er Vieilleville belohnt hätte und schickte diesen nach Verdun, um dem Marschall von St. André, dessen Leutnant er noch immer war, bei Verteidigung dieser Stadt gute Dienste zu leisten. 

Vieilleville ließ Verdun sehr befestigen, allein zu seinem größten Verdruss erfuhr man, dass der Herzog von Alba nicht auf diesen Platz losgehen würde, sondern die Belagerung von Metz angefangen hätte. Er nahm sich daher vor, die kaiserliche Armee, die sich wegen ihrer Größe sehr ausdehnen musste, so viel möglich im Freien zu beunruhigen und sie in enge Grenzen einzuschließen. Auch tat er dem Feind durch einige unvermutete Überfälle vielen Schaden. Er erfuhr, dass die Stadt Estain in Lothringen, welches Land vom Kaiser und den Franzosen für neutral erklärt war, den Kaiserlichen viele Lebensmittel zuführte und beschloss daher, sich von Estain Meister zu machen. Er kam vor die Tore, nur von zwölf Edelleuten zu Pferde begleitet, deren jeder einen Bedienten bei sich hatte; er selbst hatte vier Soldaten, als Bediente gekleidet, bei sich. Ein kleines Korps ließ er in einiger Entfernung ihm nachkommen, das auf den Ruf der Trompete herzueilen sollte. Vor dem Tore ließ er den Maire und den Amtmann rufen und machte ihnen Vorwürfe, dass sie die Feinde der Krone unterstützten. Sie entschuldigten sich damit, dass sie tun müssten, was ihre Herrschaft ihnen beföhle und das Beste ihrer Untertanen mit sich brächte, die ihre Landesprodukte gern mit Vorteil an Mann bringen wollten. „Und wie“, sagte Vieilleville, „können wir nicht auch etwas für unser Geld haben?“ – „O! Warum nicht“, antworteten sie. – „Nun, so geht“, befahl er den Bedienten, „und holt für uns und unsere Pferde für sechs Taler. Blas, Trompeter, unterdessen ein lustiges Stückchen, denn bald werdet ihr euch etwas zu gute tun.“ Die wenigen Lanzenknechte, so der Amtmann bei sich hatte, wollten zwar den Bedienten den Eingang streitig machen, aber sie wurden übel zusammengestoßen. Die vier Soldaten stiegen sogleich auf das Fallgatter, dass es nicht herunter gelassen werden konnte. Jetzt waren schon die zwölf Pferde in dem Tor und nun kam auch das Korps an, drang mit in die Stadt und so waren sie Meister derselben. Zehn bis zwölf Spanier, unter andern ein Verwandter des Herzogs von Alba, waren bei dem Amtmann, hatten aber Lärm gehört und über die Stadtmauer sich gerettet. Vieilleville war so aufgebracht darüber, dass er den Neffen des Amtmanns, der ihnen durchgeholfen hatte, aufhängen ließ.

Sechs Tage nach dieser Expedition überfiel er das Dorf Rougerieules, worin fünf Kompanien Lanzenknechte und ebenso viele Schwadronen Reiter lagen. Die Deutschen in dem Dorf wurden überfallen und alle niedergemacht oder gefangen. Des Morgens um sieben Uhr war alles vorbei und Vieilleville schon wieder auf dem Weg, so dass, als ein Teil der Armee des Markgrafen Albert von Brandenburg gegen ihn ausrückte, sie nur das leere Nest fanden. 

Vieilleville ging nach Verdun zurück, um seinen Leuten und sich Ruhe zu gönnen, denn er war drei Wochen lang bei strenger Kälte in kein Bett gekommen, hatte auch die Kleider nicht abgelegt. Es freute ihn sehr, als er in die Hauptkirche von Verdun kam, die Fahnen, welche er dem Feind abgenommen und dem Marschall von St. André geschickt hatte, rechts und links in zwei Reihen hängen zu sehen. Er fügte diesen noch die letzt eroberten elf Fahnen und Standarten bei, und so überschickten sie dem König zweiundzwanzig Stücke. 

Kaum waren aber acht Tage verflossen, so kam ein Kurier vom König an Vieilleville, durch den er Befehl erhielt, sich nach Toul zum Herzog von Nevers zu begeben und diesem beizustehen, indem zu befürchten sei, dass der Kaiser, der mit Metz nicht fertig werden könnte, Toul belagern würde. Er möchte so viel Volk als möglich aus Verdun mit sich nehmen, um den Herzog zu verstärken, ohne jedoch den Marschall von St. André zu sehr zu schwächen, denn man wusste noch nicht eigentlich, welchem von beiden Plätzen es gälte. Vieilleville nahm nur wenig Mannschaft mit sich und ließ die erfahrensten Kapitäne bei dem Marschall. 

Gleich den andern Tag war Konzil bei dem Herzog von Nevers, worin beschlossen wurde, den Albanesern und Italienern, die in Pont-à-Mousson in sehr starker Anzahl lägen, auf alle nur mögliche Art zu Leibe zu gehen und ihren Streifereien ein Ende zu machen. Vieilleville erbot sich, mit seinen aus Verdun mitgebrachten Soldaten den Anfang zu machen und versprach, die Räubereien, welche jene Garnison verübt hatte, reichlich zu vergelten. Er schickte gleich nach obiger Beratschlagung einen seiner Vertrauten und Spione, deren er zwei bei sich hatte, heimlich nach Pont-à-Mousson, wohl unterrichtet von dem, was er bei den Fragen, die man an ihn tun würde, antworten sollte und auf was er sorgfältig zu merken habe. Er sollte vorgeben, als gehörte er zum Haus der verwitweten Herzogin von Lothringen, Christine, einer Nichte des Kaisers und habe von ihr Aufträge ins kaiserliche Lager. Er ging spät aus, um eine gültige Entschuldigung zu haben, dass er diesen Tag nicht weiter reiste, damit er die Stärke der Feinde und was sie im Werk haben könnten, desto eher entdecken möchte. Dieser gewandte und entschlossene Mensch machte sich also, ohne dass jemand etwas davon wusste, mit seiner gelben Schärpe, die das lothringische Zeichen der Neutralität war, auf den Weg und kam in weniger als drei Stunden vor den Toren von Pont-à-Mousson an. Man fragte ihn, wo er herkomme? Wo er hin wolle? Was er zu verrichten und ob er Briefe habe? Er verlangte, vor die Befehlshaber geführt zu werden, so gewiss war er seiner Antworten. Da er vor sie kam (es waren diese Don Alphonso d’Arbolancqua, ein Spanier, und Fabricio Colonna, ein Römer), wusste er ihnen auch auf alles so schicklich zu antworten, dass sie ihn nicht fangen, noch seine eigentliche Bestimmung entdecken konnten. Er bat sich nun die Erlaubnis aus, in sein Logis zu gehen und fragte, ob sie nichts bei Sr. kaiserlichen Majestät zu bestellen hätten? Er hoffe, morgen dort zu sein und würde ihnen treue Dienste leisten. 

Sie fragten ihn, da er durch Toul gereist sei, ob er nicht wisse, dass Truppen von Verdun angekommen, die ein gewisser Vieilleville angeführt. Hierauf fing er an: „O diese verdammte französische Kröte! Neulich ließ er zu Estain, das er überfiel, einen meiner Brüder hängen, der bei meinem Onkel, dem Amtmann, war, weil er Spaniern über die Stadtmauer geholfen hatte. Dass ihn die Pest treffe! Mich kostet es mein Leben oder ich räche mich an ihm; denn die Ungerechtigkeit war zu groß, da wir doch alle verbunden sind, dem Herrn, dem wir dienen, alles zu tun, wie dies der Fall bei dem Kaiser und meiner Gebieterin ist. Denn wenn zwei dieser Herren wären gefangen worden, so hätte man viele heimliche Geschäfte von Sr. kaiserlichen Majestät erfahren. Und dieser Wüterich hat meinen armen Bruder töten lassen, und er hatte keine weitere Farbe, seine Übeltat zu beschönigen, als dass sie die Neutralität gebrochen hätten. Verdammt sei er auf ewig!“ 

Fabricio Colonna und Don Alphonso, die um Vieillevilles Expeditionen recht gut wussten und besonders diesen letzten Umstand kannten, merkten hoch auf. Sie nahmen ihn bei Seite und versprachen ihm, den Tod seines Bruders zu rächen, wenn er tun würde, was sie ihm sagten. Er antwortete darauf, dass er auch sein Leben dabei nicht schonen würde; aber er bitte sie, vorher zum Kaiser gehen zu dürfen, um die Botschaft seiner Gebieterin zu überbringen. Sie fragten ihn, warum er keine Briefe habe. „Weil“, sagte er, „meine Botschaft gewisse Staatsgeheimnisse des Königs von Frankreich enthält. Würde ich nun mit Briefen ertappt, so könnte ich die ganze Provinz ins Unglück stürzen, denn durch dieses ist die Neutralität verletzt und ich wäre in Gefahr, gehängt oder wenigstens gefoltert zu werden.“ Sie ließen sich mit diesem zufrieden stellen und da sie ihn schon gewonnen glaubten, ihn in sein Logis zurückführen, mit dem Befehl, ihm das Tor von Metz mit dem frühesten Morgen zu öffnen, ohne sich um seine Geschäfte zu bekümmern. 

Mit Anbruch des Tages zeigt er sich am Tor, das ihm auch ohne weiteres Nachfragen geöffnet wird. Er geht ins Lager, bleibt daselbst den ganzen Tag und weiß den Herzog von Alba so einzuschläfern, dass er sogar einen Brief von ihm an Fabricio und Alphonso, ihre Geschäfte betreffend, erhält, worin ihnen besonders aufgetragen wird, auf einen gewissen französischen Befehlshaber, namens Vieilleville, der dem Lager des Markgrafen Albert sehr vielen Schaden zugefügt und jetzt sichern Nachrichten zufolge seit zwei Tagen mit Truppen in Toul angekommen, aufmerksam zu sein. Vorzüglich befahl man ihnen den Überbringer dieses Briefes an, dessen Eifer für den Dienst Seiner Majestät bekannt sei. Sie sollten daher keinen Anstand nehmen, ihn zu gebrauchen. 

Gleich nach Empfang des Briefes lobten ihn diese spanischen Herren sehr und sagten ihm, dass er gar nicht nötig gehabt hätte, das Zertifikat seiner Treue vom Herzog von Alba mitzubringen, denn seit gestern schon hätten sie sich durch seine Reden überzeugt, dass er kaiserlich gesinnt sei. Wenn er reich werden wollte, sollte er nur alles Mögliche anwenden, den Feldherrn Vieilleville, der dem Lager des Markgrafen so geschadet habe, in ihre Hände zu bringen. Er antwortete darauf, dass er nichts anderes verlange, wenn er es dahin bringe, als dass er ihn umbringen dürfe, damit er ihm das Herz aus dem Leib reiße, um sich wegen Ermordung seines Bruders zu rächen. Er forderte sie noch dazu auf, ihm als treuem Diener des Kaisers mit Macht bei dieser Unternehmung beizustehen, denn sein Bruder sei im Dienst Sr. kaiserlichen Majestät gehängt worden. 

Sie, die diesen Eifer mit Tränen begleitet sahen, denn diese hatte er in seiner Gewalt, zweifelten nun gar nicht mehr, umarmten ihn und Don Alphonso will ihm eine goldene Kette, fünfzig Taler wert, umhängen; aber er verwirft dieses Geschenk mit Unwillen und sagt: Dass er nie etwas von ihnen nehmen würde, wenn er nicht dem Kaiser einen ausgezeichneten Dienst geleistet und bei einer andern Gelegenheit als hier, wo sein eigenes Interesse am meisten im Spiel sei, denn er habe hier sein eigen Blut zu rächen. Zugleich bat er sie, nicht weiter in ihn zu dringen und ihm nur freie Hand zu lassen. Nur sollten sie ihm jetzt erlauben, sich seiner guten Gebieterin sogleich zu zeigen; er verspreche, auf seiner Rückkunft ihnen gute Nachrichten zu bringen. 

Eine so edelmütige Weigerung, das Geschenk anzunehmen und alle die schönen Worte brachten Don Alphonso und Fabricio ganz in die Schlinge, so dass sie seine Treue gar nicht mehr in Zweifel zogen. Sie ließen ihn jetzt abreisen, um ihn bald wieder zu sehen. 

Er machte sich nun sogleich auf den Weg und kam zu Vieilleville zurück, der ihn schon für verloren hielt, denn er war schon drei Tage ausgeblieben. Die Nachrichten, welche er mitbrachte, gaben jenem eine kühne und seltsame Kriegslist ein, welche er auch sogleich ins Werk setzte, ohne einen Menschen dabei zum Vertrauten zu machen. Er instruiert ihn, nach Pont-à-Mousson zurückzugehen und den Spaniern zu hinterbringen, dass Vieilleville mit Anbruch des Tages nach Condé sur Mozelle reiten würde, um mit seiner Gebieterin, die daselbst sich aufhielt, Unterhandlungen zu pflegen; denn die Herzogin fürchte, wenn der Krieg zwischen Frankreich und dem Kaiser noch lange dauern sollte, man möchte ihren Sohn das Piemonteser-Stückchen tanzen lassen (ihn, wie den Herzog von Savoyen, um sein Land bringen); er solle aber ja sich der nämlichen Worte bedienen. Er solle noch hinzusetzen, dass Vieilleville, der die Garnison von Pont-à-Mousson fürchte, hundertundzwanzig Pferde und darunter einige gepanzerte, zur Begleitung mit sich nehmen würde. Er brauche übrigens gar nicht sehr zu eilen, damit Vieilleville Zeit habe, seine Anstalten zu machen und könne er nur den gewöhnlichen Schritt seines Pferdes reiten. 

Des Nachts um elf Uhr ritt der Kundschafter weg und kam um zwei Uhr nach Mitternacht bei den Spaniern in Pont-à-Mousson an, welche durch seinen Bericht in ein frohes Erstaunen gesetzt werden. Mit möglichster Schnelligkeit machen sie ihre Anstalten, diesen glücklichen Fang zu tun, an dem sie gar nicht mehr zweifelten. Die ganze Garnison, die noch einmal so stark war, als der Feind, dem man sie entgegenführte, musste ausreiten, so dass nur etwa fünfzig Schützen in der Stadt zurückblieben und man hielt sich des Sieges schon für gewiss. 

Vieilleville hatte indessen, sobald der Kundschafter aus den Toren von Toul war, alle seine Hauptleute bei dem Herzog von Nevers zusammen berufen und ihnen erklärt, dass er ein mutiges Unternehmen vorhabe, wobei sie sich aber nicht verdrießen lassen müssten, zehn Stunden zu Pferd zuzubringen. Er versicherte ihnen, es würde dabei etwas herauskommen und sie viel Ehre und Vorteil davon tragen. Alle waren es zufrieden und machten sich sogleich bereit. Sie zogen aus der Stadt aus, ritten dritthalb Stunden lang bis an die Brücke, gegen das Holz von Rouzières. Hier verteilte Vieilleville die Truppen und legte sie an verschiedene Plätze in Hinterhalt. Er selbst hielt mit hundertundzwanzig Pferden die Ebene und alles, was ihm in den Weg kam, arbeitende Landleute oder Wanderer, wurde festgehalten, damit der Feind nichts erfahren könnte. Sobald man den Feind sähe, sollte man machen, was er mache; die Trompeter sollten auf Gefahr ihres Kopfes nicht blasen, bis er es befehle. Noch muss man bemerken, dass er in der Abwesenheit seines Kundschafters sich in der ganzen Gegend umgesehen hatte, um die Lage recht inne zu haben, wo er als ein erfahrner Soldat seinen Hinterhalt am besten anlegen könnte. 

Nachdem alles auf diese Weise angeordnet war, verflossen kaum drei Stunden, als der Feind sich zeigte. „Wenden wir uns um nach Toul zurück“, sagte Vieilleville, „als wenn wir fliehen wollten, jedoch in langsamem Schritt und fangen sie an, uns in Galopp zu verfolgen, so galoppieren wir auch, bis sie an unserm Hinterhalt vorbei sind. Geschieht dieses, so sind sie unser, ohne dass wir nur einen Mann verlieren.“ 

Der Feind, der sie fliehen sah, setzte ihnen in starkem Galopp nach mit einem schrecklichen Siegesgeschrei. Sowie sie den Hinterhalt hinter sich haben, kommandiert Vieilleville: „Halt!“ und lässt den Trompeter blasen. Zugleich machen sie Front gegen den Feind und rüsten sich zum Angriff. Augenblicklich bricht nun auch der Hinterhalt hervor, hundertundzwanzig Pferde von der einen Seite, fünfzig leichte Reiter von der andern, von einer dritten zweihundert Schützen zu Pferde, die unter einem unglaublichen Schreien und Trommelgetöse in vollem Rennen dahersprengen, welches die Feinde so überraschte, dass sie ganz bestürzt: „Tradimento! Tradimento!“, riefen. Unterdessen warf Vieilleville alles nieder, was ihm entgegen kam. Schüsse fielen von allen Seiten, dass man nur schreien hörte: „Misericordia, Signor Vieillevilla ... Buona Guerra, Signori Francesi.“ Der Kugelregen warf in ganzen Haufen Menschen und Pferde dahin, so dass Vieilleville das Gefecht und Gemetzel aufhören ließ und der übrig gebliebene Teil ergab sich, nachdem er die Waffen weggeworfen, auf Gnade und Ungnade. Zweihundertunddreißig blieben auf dem Platz und fünfundzwanzig wurden verwundet, unter denen auch der Anführer Fabricio Colonna sich befand. Die übrigen blieben gefangen und kam auch nicht ein einziger davon, der das Unglück seiner Kameraden nach Pont-à-Mousson hätte berichten können.

Nach dieser tapfern und siegreichen Unternehmung schickte Vieilleville einen Teil seiner Leute, nebst dem gefangenen feindlichen Anführer, zum Herzog von Nevers zurück; die andern Verwundeten oder Gefangenen aber wurden an einen sichern Ort gebracht. Die drei erbeuteten Standarten, ließ er dem Herzog sagen, könne er noch nicht mitschicken, da er sie zu einer Unternehmung nötig habe, die ihm in dem Augenblick in den Sinn käme. Als man in ihn drang, zu sagen, was dies für ein Unternehmen sei, antwortete Vieilleville: Er sei keiner von den Toren, die das Bärenfell verkaufen, ehe sie ihn gefangen haben. Auch wollte er es nicht machen, wie Fabricio Colonna, der ihn an seinen Kundschafter geschenkt habe, um ihn zu töten und jetzt selbst von seiner Gnade abhänge.

Nachdem jene weg geritten, rief Vieilleville seinen Kundschafter und sagte ihm: „Nimm meine weiße Standarte, meinen Kopfhelm und meine Armschienen und gehe nach Pont-à-Mousson. Bist du eine Viertelstunde von der Stadt, so fange an zu galoppieren und rufe Victoria, sage, dass Colonna den Vieilleville und sein ganzes Korps geschlagen und dass er ihn mit dreißig oder vierzig andern französischen Edelleuten gefangen bringe. Zeige ihnen zum Wahrzeichen meine Waffen. Hier hast du vier unbekannte Diener, die dir sie tragen helfen. Nimm noch einen Bündel zerbrochener Lanzen mit dem weißen französischen Fähnchen, um deine Rede zu unterstützen. Zeige ihnen ein recht fröhliches Gesicht und schimpfe auf mich, was du nur immer kannst, dass du in zwei Stunden mein Herz aus dem Leibe sehen müsstest, wenn ich es nicht mit zehntausend Talern auslöste. Vergiss aber nicht, sobald du im Tor bist, auf dasselbe zu steigen, als wolltest du meine Feldzeichen daselbst aufhängen und halte dich bei den Fallrechen und Fallbrücken auf, dass man sie nicht niederlasse. Gott wird das Weitere tun.“ 

Saligny, so hieß der Kundschafter, machte sich frisch auf, um seinen Auftrag zu vollziehen, dem er auch pünktlich nachkam. Unterdessen befiehlt Vieilleville allen seinen Lanzenknechten und Schützen, das weiße Feldzeichen zu verbergen und die roten Schärpen der Toten und sonst alles, was sie von kaiserlichen oder burgundischen Zeichen an sich tragen, anzulegen. Von den eroberten spanischen Standarten gab er eine dem Herrn von Montbourger, die andere dem von Thuré und die dritte dem von Mesnil-Barré, mit dem Befehl, alle die, so aus der Stadt herauskämen, um die französischen Gefangenen zu sehen, umzubringen, wenn es nicht Einwohner seien. Vergäße aber Don Alphonso sich so sehr, dass er selbst den Platz verließe, um dem Colonna über einen so wichtigen Sieg Glück zu wünschen, so sollten sie ihn festhalten und entwaffnen, ohne ihm jedoch etwas anders zu Leid zu tun. „Jetzt voran im Namen Gottes“, sagte er, „die Stadt ist unser, wenn sich niemand verrät.“ 

Jedermann stand erstaunt da, denn er hatte sich niemanden vorher entdeckt und wusste man nicht, was er im Schild führte, als er den Kundschafter abschickte. Dieser sprengte, sobald er sich der Stadt näherte, mit seinen vier Waffenträgern im Galopp an und rief: „Victoria, Victoria! Der verdammte Hund von Franzmann, der Vieilleville, und seine Leute alle sind geschlagen. Fabricio führt ihn gefangen dem Don Alphonso zu. Hier sind seine Waffen, seine Armschienen, sein Feldzeichen. Mehr als hundert Tote liegen auf dem Platz, die andern alle sind geschlagen oder verwundet. Man hätte sie alle sollen in Stücke hauen, wenn es nach meinem Sinn gegangen wäre. Victoria! Victoria!“ 

Die Freude unter den Soldaten war so groß, dass die wenigen, so zurückgeblieben, die Zeit nicht erwarten konnten, Vieilleville zu sehen und Fabricio alle Ehre zu erzeigen, denn man zweifelte gar nicht an der Wahrheit. Don Alphonso, sobald er die Waffen und Armschienen, eines Prinzen würdig, so viele Lanzenstücke und weiße Standarten sah, fragte weiter nicht, sondern setzte sich zu Pferde und ritt, begleitet von zwanzig Mann, dem Fabricio entgegen. Orvaulx und Olivet, ganz rot gekleidet, kommen ihm mit dem Geschrei entgegen: „Victoria, Victoria! Los Franceses son todos matados“ (die Franzosen sind alle getötet). Alphonso, dem dieses Geschrei und die Sprache gar wohl gefiel, ging immer vorwärts. Auf einmal fallen sie über ihn her, umringen ihn, machen alles nieder, was er bei sich hat, selbst die Bedienten, und nehmen ihn gefangen. Es kamen der Reihe nach immer mehrere nach, aber alle hatten dasselbe Schicksal. 

Nun befahl Vieilleville dem Mesnil-Barré, dem Don Alphonso die Standarte, welches gerade die von seiner Kompanie war, in die Hand zu geben und ihn zwischen den zwei andern reiten zu lassen. Einer, namens le Grec, der spanisch redete, musste ihm sagen, dass, wenn er bei Annäherung gegen die Stadttore nicht Victoria schrie, er eine Kugel vor den Kopf bekäme. Mesnil-Barré sollte dieses ausführen. Alles fing jetzt an zu galoppieren, als man einen Büchsenschuss vor den Toren war. Le Grec war voran, der auf spanisch Wunder erzählte, so dass die Garnison, die echt spanisch war, als sie Alphonso unter den Galoppierenden und Schreienden sah, Platz machte und alles herein ließ. Man ließ ihnen aber nicht mehr Zeit, die Brücke aufzuziehen, denn plötzlich änderte man die Sprache und hieb sie alle zusammen. „France! France!“, wird jetzt gerufen. Die Schützen kommen auch dazu und besetzen die Tore und so ist Vieilleville Herr der Stadt. Man fand in derselben einen unerwartet großen Vorrat von Proviant, welchen die verwitwete Herzogin von Lothringen durch den Fluss heimlich hatte hinschaffen lassen, um unter der Hand die Armee des Kaisers, ihres Onkels, davon zu erhalten. 

Was Don Alphonso anbetrifft, so fand man ihn den andern Morgen ganz angekleidet tot auf seinem Bett ausgestreckt. Vincent de la Porta, ein neapolitanischer Edelmann, dem er von Vieilleville übergeben worden, hatte ihn nicht dahin bringen können, sich auszukleiden, ob er gleich sehr in ihn drang. Die Kälte konnte nicht Schuld an seinem Tod sein, denn der Edelmann und sechs Soldaten, mit denen er die Wache hielt, unterhielten im Zimmer ein so großes Feuer, dass man es kaum darin aushalten konnte. Es war Verzweiflung und Herzleid, sich so leichtsinnig in die Falle gestürzt zu haben, was ihm das Leben gewaltsamer Weise nahm. Dazu kam noch die Schande und die Furcht, vor seinem Herrn jemals zu erscheinen, der ohnedem schon gegen alle Feldherren und vornehmen Offiziere seiner Armee aufgebracht war, wie ihm der Herzog von Alba den Tag vor seiner Gefangennehmung geschrieben hatte; denn dieses war der Inhalt des Briefs, den le Grec ins Französische übersetzte, wo einige lächerliche Züge vorkommen. Der Brief fing nach einigen Eingangskomplimenten also an: 

„Der Kaiser, der wohl wusste, dass die Bresche (vor Metz) ziemlich beträchtlich sei, aber keiner seiner Offiziere sich wagte hinein zu dringen, ließ sich von vier Soldaten dahin tragen und fragte, da er sie gesehen, sehr zornig: ‚Aber um der Wunden Gottes willen! Warum stürmt man denn da nicht hinein? Sie ist ja groß genug und dem Graben gleich, woran fehlt es denn bei Gott?’ Ich antwortete ihm, wir wüssten für gewiss, dass der Herzog von Guise hinter der Bresche eine sehr weite und große Verschanzung angelegt habe, die mit unzähligen Feuerschlünden besetzt sei, so dass jede Armee dabei zugrunde gehen müsste. ‚Aber beim Teufel!’, fuhr der Kaiser weiter fort, ‚warum habt Ihr’s nicht versuchen lassen?’ Ich war genötigt, ihm zu antworten, dass wir nicht vor Düren, Ingolstadt, Passau, noch andern deutschen Städten wären, die sich schon ergeben, wenn sie nur berennt sind, denn in dieser Stadt seien zehntausend brave Männer, sechzig bis achtzig von den vornehmsten französischen Herren und neun bis zehn Prinzen von königlichem Geblüt, wie Se. Majestät auf den blutigen und siegreichen Ausfällen, bei denen wir immer viel verloren, ersehen könnten. Auf diese Vorstellungen wurde er nur noch zorniger und sagte: ‚Bei Gott, ich sehe wohl, dass ich keine Männer habe; ich muss Abschied von dem Reich, von allen meinen Plänen, von der Welt nehmen und mich in ein Kloster zurück ziehen; denn ich bin verraten, verkauft, oder wenigstens so schlecht bedient, als kein Monarch es sein kann; aber bei Gott, noch ehe drei Jahre um sind, mach’ ich mich zum Mönch.’“ 

„Ich versichere Euch, Don Alphonso, ich hätte sogleich seinen Dienst verlassen, wenn ich kein Spanier wäre. Denn ist er bei dieser Belagerung übel bedient worden, so muss er sich an Brabancon, Feldherrn der Königin von Ungarn, halten, der diese Belagerung hauptsächlich kommandiert und gleichsam als ein Franzose anzusehen ist, so wie auch die Stadt Metz im französischen Klima liegt; und rühmte er sich überdies, ein Verständnis mit vielen Einwohnern zu haben, unter denen die Tallanges, die Baudoiches, die Gornays, lauter alte Edelleute der Stadt Metz, seien. Auch haben wir die Stadt von ihrer stärksten Seite angegriffen, unsere Minen sind entdeckt worden und haben nicht gewirkt. So ist uns alles übel gelungen und gegen alle Hoffnung schlecht vonstatten gegangen. Wir haben Menschen und Wetter bekriegen müssen. Er bereut es nicht und bleibt dabei und um seine Halsstarrigkeit zu decken, greift er uns an und wirft auf uns alles Unglück und seine Fehler. Alle Tage sieht er sein Fußvolk zu Haufen dahinstürzen und besonders unsere Deutschen, die im Kot bis an die Ohren stecken. Schickt uns doch ja die elf Schiffe mit Erfrischungen, die uns Ihre Durchlaucht von Lothringen bestimmt haben, denn unsere Armee leidet unendlich. Vor allem andern aber seid auf Eurer Hut gegen Vieilleville, der von Verdun nach Toul mit Truppen gekommen, denn der Kaiser ahnt viel Schlimmes, da er schon lange her seine Tapferkeit und Verschlagenheit kennt, so dass er sogar sagt, ohne ihn wäre er jetzt König von Frankreich; denn als er in die Provence, ins Königreich eingedrungen, sei Vieilleville ihm zuvorgekommen und habe sich durch eine feine Kriegslist von Avignon Meister gemacht, dass der Connetable seine Armee zusammenziehen konnte, die ihn hinderte, weiter vorzudringen. Ich gebe Euch davon Nachricht, als meinem Verwandten, denn es sollte mir leid tun, wenn unsere Nation, die er jedoch weniger begünstigt und in Ehren hält als andere, dem Herrn mehr Ursache zur Unzufriedenheit gäbe usf.“ Nach Lesung dieses Briefs war es klar, welches die wahre Ursache seines Todes gewesen, denn Alphonso hatte gegen alle darin enthaltenen Punkte gefehlt. 

Der Herzog von Nevers kam auf diese Nachrichten selbst vor den Toren von Pont-à-Mousson an, eben da man sich zum Mittagsessen setzen wollte. Vieilleville ging ihm sogleich entgegen; es wurde beschlossen, einen Kurier an den König abzuschicken, dem man auch den Brief des Herzogs von Alba an Don Alphonso mitzugeben nicht vergaß. Einen andern Kundschafter, mit Namen Habert, schickte man ins kaiserliche Lager, um aufmerksam zu sein, wenn der Herzog von Alba etwas gegen Pont-à-Mousson unternehmen würde, denn die Stadt war sehr schlecht befestigt und Vieilleville war der Meinung, sie lieber sogleich zu verlassen, als zu befestigen, um die Neutralität nicht zu verletzen und dem Kaiser keine Ursache zu geben, sich der andern Städte von Lothringen zu versichern. 

Den andern Tag schlug Vieilleville vor, unter dem Schutz der kaiserlichen Feldzeichen einige Streifereien in der Gegend vorzunehmen und so die Feinde anzulocken. Der Herzog von Nevers wollte, aller Widerrede ungeachtet, dabei sein; doch überließ er Vieilleville alle Anstalten und das Kommando. Sie zogen mit ungefähr vierhundert Mann aus und machten auf dem Weg viele Gefangene, da einige feindliche Trupps ihnen in die Hände ritten, die sie für Spanier und Deutsche hielten. So kamen sie bis Corney, den halben Weg von Pont-à-Mousson nach Metz und nur zwei kleine Stunden vom kaiserlichen Lager. Da sie hier nichts fanden, trug Vieilleville, ungeachtet sie nicht sicher waren, dennoch darauf an, noch eine halbe Stunde weiter vorwärts zu gehen. Auf diesem Weg trafen sie einen großen Konvoi von sechzig Wagen unter einer Bedeckung von zweihundert Mann an, die ihnen alle in die Hände fielen. Jetzt war es aber zu spät, um nach Pont-à-Mousson zurückzukommen, denn sie waren auf vier Stunden entfernt und es schneite außerordentlich stark. Es wurde daher beschlossen, in Corney zu übernachten, obgleich ein sehr unbequemes Nachtquartier daselbst war. Gleich den andern Morgen wurde wieder ausgeritten; diesmal traf man auf sechs Wagen mit Wein und andern ausgesuchten Lebensmitteln, welche die Herzogin von Lothringen dem Kaiser, ihrem Onkel, für seine Tafel schickte. Acht Edelleute und zwanzig Mann begleiteten diese Leckerbissen, worunter unter andern zwölf Rheinlachse und die Hälfte in Pasteten waren. Wie sie die roten Feldzeichen sahen, riefen sie: Da kommt die Eskorte, so der Kaiser uns entgegen schickt! Wie groß aber war nicht ihr Erstaunen, als sie auf einmal rufen hörten: „France!“ und alle gefangen genommen wurden. 

Einer von den gefangenen Edelleuten, namens Vignaucourt, fragte: „Ob dieser Trupp nicht dem Herrn von Vieilleville zugehörte?“ – „Warum?“, fragte Vieilleville selbst. „Weil er es ist, der Pont-à-Mousson mit den kaiserlichen Feldzeichen eingenommen hat, worüber der Kaiser außerordentlich aufgebracht ist. Ich war gestern bei seinem Lever und ich hörte ihn schwören, dass, wenn er ihn ertappte, er ihm übel mitspielen wollte. ‚Dieser Verräter Vieilleville’, sagte er, ‚hat mit meinem Feldzeichen Pont-à-Mousson weggenommen und mit kaltem Blut meinen armen Don Alphonso umgebracht, auch alle darin befindlichen Kranken töten lassen und die Lebensmittel, die für mich bestimmt waren, weggenommen. Aber ich schwöre bei Gott dem Lebendigen, dass, wenn er jemals in meine Hände fällt, ich ihn lehren will, solche Treulosigkeiten zu begehen und sich meines Namens, meiner Waffen und Zeichen zu meinem Schaden zu bedienen. Auch der mächtigste und tapferste Fürst müsste auf diese Art hintergangen werden. Er soll versichert sein, dass ihm nichts anders bevorsteht, als gespießt zu werden und verdamm’ ich ihn von diesem Augenblick an zu dieser Strafe, wenn ich ihn bekomme. Und ihr andern, euch mein’ ich, die ihr mein Heer kommandiert, was für Leute seid ihr, dass ihr nichts gegen diesen Menschen unternehmt? Denn ich hörte noch gestern von jemand, der mir treu ist, dass er noch immer alle Tage mit seinen Soldaten herumstreift in roten Schärpen mit den spanischen und burgundischen Feldzeichen, unter welchen er viele tausend meiner Leute ermordet, denn niemand setzt ein Misstrauen darein. Beim Teufel auch, seid ihr Leute, so etwas zu ertragen und liegt euch meine Ehre und mein Dienst nicht besser am Herzen?’ Auf diese zornige Äußerung entstand unter den Prinzen und Grafen, die in seinem Zimmer waren, ein Gemurmel und sie entfernten sich voll Zorn. Vieilleville mag sich in Acht nehmen; denn sie sind sehr giftig auf ihn, besonders die Spanier wegen des Don Alphonso de Arbolancqua, den er auf eine so grausame Art hat umbringen lassen.“ 

Vieilleville antwortete darauf, dass Don Alphonso auf seinem Bett tot gefunden worden, und niemand seinen Tod befördert hätte. Vieilleville würde lieber wünschen, niemals gelebt zu haben, als sich einer solchen Tat schuldig zu wissen. Er fürchte sich jedoch nicht vor des Kaisers Drohungen. Seine Ehre erfordere, zu beweisen, dass es eine Unwahrheit sei, ihn einer solchen Unmenschlichkeit zu beschuldigen. Vignaucourt merkte an diesen Reden, dass Vieilleville mit ihm spreche; auch winkten ihm die andern zu, daher er nicht weiter fort fuhr. 

Auf dieses beschloss Vieilleville, mit dem Herzog von Nevers sich zurückzuziehen. Kaum waren sie eine halbe Stunde von Corney, als Habert einher gesprengt kam und sie warnte, ja nicht in Corney zu übernachten; denn der Prinz von Infantasque käme mit dreitausend Schützen und tausend Pferden gegen Mitternacht an, indem er dem Kaiser geschworen, Vieilleville lebendig oder tot zu liefern. „Seid willkommen, Habert, Ihr bringt mir gute Botschaft“, sagte er darauf und drang nun in den Herzog von Nevers, sich nach Pont-à-Mousson zurückzuziehen, indem er einen solchen Prinzen nicht der Gefahr aussetzen könne; er selbst aber wolle bleiben und diesen Spanier mit seinen großen Worten erwarten. „Wollt ihr alle, die ihr hier seid“, sprach er dann mit erhöhter Stimme, „meinen Entschluss unterstützen? Auch habt ihr noch nie den Krieg anders geführt als durch List und Überfall.“ Er nimmt darauf die roten Standarten und reißt sie in Stücken, befiehlt die spanischen Schärpen zu verbergen und die französischen Zeichen anzulegen. Alle antworteten einmütig, sie wollten zu seinen Füßen sterben und zerrissen alles, was sie Rotes an sich hatten. Der Herzog von Nevers stellte ihm vor, dass es eine Verwegenheit sei, in einem Dorf, das keine Befestigung hätte, wo man von allen Seiten hinein könne, sich zu halten. „Das ist alles eins“, antwortete Vieilleville, „ich weiß, womit ich diese Armee schlage, oder sie wenigstens fortjage. Sehen Sie dort jenes Buschholz und links diesen Wald; in jedes verstecke ich zweihundert Pferde, die sollen ihnen unversehens auf den Leib fallen, wenn sie im Angriff auf unser Dorf begriffen sind und wenn auch hundert Prinzen von Infantasque da wären, so würden sie davon müssen. Lassen Sie mich nur machen, mit Hilfe Gottes hoffe ich alles gut auszuführen und in weniger als zwei Stunden will ich gerächt sein.“ 

Da der Herzog von Nevers sah, dass er nicht abzubringen sei, bestand er darauf, bei dieser Unternehmung zu bleiben, welche Vorstellung ihm auch Vieilleville dagegen machte. Jetzt wurde beschlossen, nach Corney zu gehen, um alles zu veranstalten; sie waren nur noch tausend Schritte davon entfernt, als sie einen Mann durch das grüne Korn daher laufen sahen, worauf sie Halt machten. Es war der Maire von Villesaleron, der ihnen schon gute Dienste geleistet hatte. Dieser sagte, dass sie sich retten sollten, denn auch der Markgraf Albert von Brandenburg rücke mit viertausend Mann Fußvolk, zweitausend Pferden und sechs Kanonen auf das Dorf an. Auf dieses waren sie, zum großen Verdruss von Vieilleville, genötigt, das Dorf zu verlassen. Die acht lothringischen Edelleute wurden frei gelassen. Noch beim Weggehen sagte Vignaucourt, er wundere sich gar nicht, wenn Vieilleville solche Dinge ausführte, da er so vortrefflich bedient sei, denn er wolle verdammt sein, wenn er nicht jenen, namens Habert, im Zimmer des Kaisers gesehen habe, wo er vorgegeben, dass er von Oberst Schertel geschickt sei und diesen krank in Straßburg verlassen habe. Und diesen letzten, den Maire, habe er vor vier Tagen Brot und Wein in des Markgrafen Lager verkaufen sehen. 

Den Sonntag darauf, den 1. Januar 1553, erfuhr Vieilleville durch Deserteurs, dass der Kaiser die Belagerung von Metz aufgehoben, worauf er zu dem Herzog von Nevers sagte: „Ich dachte es immer, der Kaiser sei zu alt und zu podagrisch, um ein so schönes, junges Mädchen zu entjungfern.“ Der Herzog verstand dies nicht. „Ich mache Anspielung“, sagte er, „auf die Stadt Metz, das im Deutschen eine Metze, auf französisch pucelle bedeutet.“ Sie fanden diese Anspielung so artig und erfindungsreich, dass sie sie in der Depesche, die sie sogleich an den König abschickten, um die ersten zu sein, die die Aufhebung der Belagerung meldeten, mit anführten. 

Vieilleville lebte jetzt drei Monate ruhig auf seinem Gut Durestal und erholte sich von den Mühseligkeiten des Kriegs. Unterdessen hatte man ihm bei Hof das Gouvernement von Metz, wo der Herr von Gonnor gegenwärtig kommandierte, zugedacht; besonders verwendeten sich für ihn der Herzog von Guise und von Nevers als Augenzeugen seiner Taten vor Metz. Allein der Connetable warf sich auch hier dazwischen und stellte vor, dass man Herrn von Gonnor, der die Belagerung ausgehalten habe, nicht absetzen könne und es Vieilleville lieber sein würde, wenn ihn der König zu seinem Leutnant in Bretagne machte, wo er seine Familie und Güter hätte. Denn der Herzog von Estampes, jetziger Gouverneur von Bretagne, sei sehr krank, es würde sodann der Herr von Gyé, sein Leutnant, ihm folgen und Vieilleville dessen Stelle erhalten können. 

Vieilleville wurde davon fünfzehn Tage nach Ostern 1553 durch den Sekretär Malestroit heimlich benachrichtigt, um sich auf eine Entschließung gefasst zu halten. Das Schreiben vom König vom 22. April 1553 kam auch wirklich an und war so abgefasst, wie es der Connetable gewollt hatte. Vieilleville antwortete dem König sehr ehrerbietig, wie ihn hauptsächlich vier Ursachen hinderten, diese Gnade anzunehmen. Zuerst sei Estampes nichts weniger als gefährlich krank; es würde dieses beide voneinander entfernen, da sie jetzt in gutem Vernehmen stünden; über dem sei er ja selbst zwei Jahre älter als der Herzog von Estampes. Zweitens habe er sehr viele Verwandte und Freunde, die sich vielleicht auf ihre Verwandtschaft stützen und sich gegen die Gesetze vergehen könnten, wo er dann, ein Feind aller Parteilichkeiten, streng verfahren müsste und doch würde es ihm leid sein, seine Bekannten als Verbrecher behandelt zu sehen. Drittens sei er noch gar nicht in den Jahren, um sich in eine Provinz versetzt zu sehen, wo man ruhig leben könne und nichts zu tun habe, als am Ufer spazieren zu gehen und die Ebbe und Flut zu beobachten. Er habe erst zweiundvierzig Jahre und hoffe noch im Stand zu sein, Sr. Majestät vor dem Feind zu dienen. Es würde ihm viertens zu hart vorkommen, unter dem Herrn von Gyé zu dienen, der ein Untertan von ihm sei und mit dem er nicht ganz gut stehe. Er wisse, dass Se. Majestät ihm das Gouvernement von Metz zugedacht und er sei verwundert, wie man sich so zwischen den König und ihn werfen und alles vereiteln könne, was ihm dieser bestimmt habe. 

Als der König diesen Brief gelesen, wurde er aufgebracht, dass man ihm so entgegenstünde, ließ den Connetable rufen und sagte ihm sehr bestimmt, dass Vieilleville das Gouvernement von Metz haben solle, Gonnor solle sogleich aus Metz heraus und Vieilleville dahin abgehen, welches denn auch geschah. Er brachte eine sehr ausgedehnte Vollmacht mit, wodurch er über Leben und Tod zu sprechen hatte und die Kommandanten von Toul und Verdun so eingeschränkt wurden, dass sie gleichsam nur Kapitäne von ihm waren. Er hatte den Sold der Garnison auf zwei Monate mitgebracht und ließ ihn austeilen, jedoch so, dass Mann für Mann von dem Kriegskommissär verlesen wurde, wie sie in den Listen standen. Sonst hatten die Kapitäne die Löhnung für ihre Kompanien erhalten und manche Unterschleife damit getrieben. Die Einwohner von Metz gewannen hierbei viel, da sie sonst ganz von der Gnade des Kapitäns abhingen, wenn ein Soldat ihnen schuldig war. Nachdem nun Gonnor alles, was in den Arsenalen war, übergeben hatte, verließ er Metz und empfahl Vieilleville besonders den Sergeantmajor von der Stadt, den Kapitän Nycollas und den Prevot, namens Vaurès; er lobte sie außerordentlich in ihrer Gegenwart, woraus Vieilleville sogleich ein Misstrauen schöpfte, aber keineswegs merken ließ.

Er fand die Garnison in großer Unordnung; sie war stolz dadurch geworden, dass sie gegen einen so mächtigen Kaiser eine Belagerung ausgehalten und es verging keine Woche, wo nicht fünf bis sechs Schlägereien vorfielen über den Streit, wer sich am tapfersten gehalten hätte. Oft fielen sie unter den Offizieren vor, die den Ruhm ihrer Soldaten verteidigten; oft brachen sich die Soldaten für ihre Offiziere die Hälse. Vieilleville war deshalb in großer Verlegenheit; er musste fürchten, durch scharfe Befehle einen Aufstand zu erregen, der umso gefährlicher war, als der Graf von Mansfeld im Luxemburgischen, wo er kommandierte und besonders in Thionville, vier Stunden von Metz, viele Truppen hatte. Über dem waren die Einwohner selbst voll Verzweiflung, denn nachdem der Kaiser hatte abziehen müssen, sahen sie wohl, dass sie das französische Joch nicht wieder abschütteln könnten. Über dieses waren sie auf eine unleidliche Art durch starke Einquartierungen geplagt, denn es war kein Geistlicher, noch Adeliger, noch eine Gerichtsperson, die davon befreit war. Auf der andern Seite hielt es Vieilleville gegen seine Ehre und Würde, solche Ungezogenheiten fortgehen zu lassen und er beschloss daher, was es auch kosten möge, seinen Mut zu zeigen und sich Ansehen und Gehorsam zu verschaffen. 

Er ließ daher schnell alle Hauptleute versammeln und tat ihnen seinen Vorsatz kund, wie er noch heute die Befehle und die Strafen für den Übertretungsfall würde verlesen lassen, von denen niemand, wes Standes er auch sei, sollte ausgenommen sein. Sie, die ihn wohl kannten, wie fest er bei einer Sache bliebe, wenn er sie reiflich überlegt hatte, boten ihm auf alle Art die Hand hierzu; doch ließen sie bei dieser Gelegenheit den Wunsch merken, dass er weniger streng in Verteilung der letzten Löhnung gewesen wäre. Er stellte ihnen aber vor, dass es schändlich wäre, sich vom Geiz beherrschen zu lassen und dieses Laster sich mit der Ehrliebe der Soldaten nicht vertrüge. „Ich bin fest entschlossen“, sagte er, „auch nicht im Geringsten davon abzugehen, was ich einrichten und befehlen werde und lieber den Tod!“ Nachmittags wurden die Befehle mit großer Feierlichkeit verlesen, besonders auf dem großen Markt, wo alle Kavallerie mit ihren Offizieren aufmarschiert war; er selbst hielt daselbst auf seinem schönen Pferd mitten unter seiner Leibwache von Deutschen – sehr schöne Leute, die ihm der Graf von Nassau geschickt hatte, mit ihren großen Hellebarden und Streitäxten, in Gelb und Schwarz gekleidet, denn dieses war seine Farbe, die ihm Frau von Vieilleville, als sie noch Fräulein war, gegeben hatte, und die er immer beibehielt. Es machte dieses einen solchen Eindruck, dass in zwei Monaten keine Schlägerei entstand, als zwischen zwei Soldaten über das Spiel, wovon der eine den andern tötete. Vieilleville nötigte den Hauptmann, unter dessen Kompanie der noch lebende Soldat stand, diesen, der sich verborgen hatte, vor Gericht zu bringen, wo sodann der Kopf erst dem Getöteten und sodann dem andern Soldaten abgeschlagen wurde. 

Kurz darauf meldete man ihm, dass einige Soldaten unter dem Vorwand, Wildbret zu schießen, Leute, die Lebensmittel in die Stadt brächten, auf der Straße anfielen und ihnen das Geld abnähmen. Gegen Mitternacht fing man drei derselben, die sogleich die Folter so stark bekamen, dass sie sieben ihrer Helfershelfer angaben. Er ließ diese sogleich aus ihren Betten ausheben und war selbst bei diesen Gefangennehmungen mit seinen Garden und Soldaten. Diese zehn Straßenräuber wurden in sein Logis gebracht, hier vier bestohlenen Kaufleuten vorgestellt und ihnen, da sie erkannt wurden, sogleich der Prozess gemacht. Des Morgens um acht Uhr waren schon drei davon gerädert und die übrigen gehängt, so dass ihre Kapitäne ihren Tod eher als ihre Gefangennehmung vernahmen. 

Es gab dieses ein großes Schrecken in der Garnison, das sich dadurch noch vermehrte, als man sah, dass er gegen seine Hausdienerschaft noch strenger war. Einer seiner Bedienten, der ihm sieben Jahre gedient hatte, wurde gleich den andern Morgen gehenkt, weil er in der Nacht das Haus eines Mädchens, das er liebte, bestürmt hatte und einer seiner Köche, der ein Gasthaus in Metz angelegt, wurde durch dreimaliges Ziehen mit Stricken so gewippt, dass er Zeitlebens den Gebrauch seiner Glieder verlor, und nur, weil er gegen den Befehl gehandelt hatte, den Bauern ihre Waren nicht unter den Toren abzukaufen, sondern sie vorher auf den dazu bestimmten Platz kommen zu lassen. 

Während der Belagerung hatten mehrere Offiziere, während dass sie die Männer auf die Wälle schickten, um daselbst zu arbeiten, mit den Weibern und Töchtern gar übel gehaust, manche geraubt, den Vater oder Mann aber umgebracht und vorgegeben, es sei durch die Kanonen geschehen, so dass jetzt noch sechsundzwanzig Weiber und Mädchen fehlten, die die Offiziere und Soldaten versteckt hielten. Der vorige Kommandant hörte auf die Klagen, welche deshalb einliefen, nicht, teils weil er einen Aufruhr befürchtete, wenn er es abstellte, teils auch, weil er selbst ein solches Mädchen gegen den Willen seiner Mutter bei sich hatte, die er Frau von Gonnor nennen ließ. Jetzt, da man sah, wie gerecht und unparteiisch Vieilleville in allem verfuhr, beschlossen die Anverwandten, eine Bittschrift einzureichen und dies geschah eines Morgens ganz früh, ehe noch ein Offizier da gewesen war. Er machte ihnen Vorwürfe, dass sie ein halbes Jahr hätten hingehen lassen, ohne ihm Nachricht davon zu geben. Sie antworteten, dass sie gefürchtet hätten, ebenso, wie beim Herrn von Gonnor, abgewiesen zu werden. „In der Tat“, versetzte er, „ich kann euch nichts weniger als loben, dass ihr mein Gewissen nach dem meines Vorfahren gemessen habt; jedoch sollt ihr, noch ehe ich schlafen gehe, Genugtuung erhalten, wenn ihr nur wisst, wo man die Euren versteckt hält.“ Hierauf versicherte einer, namens Bastoigne, dem seine Frau, Schwester und Schwägerin geraubt waren, dass er sie Haus für Haus wisse. „Nun gut“, sagte Vieilleville, „geht jetzt nach Hause und Punkt neun Uhr des abends sollt ihr eure Weiber haben; ich wähle mit Fleiß eine solche Stunde, damit die Nacht (es war im Oktober) eure und eurer Verwandtinnen Schande verberge. Lasst euch indessen nichts bis zur bestimmten Stunde merken, sonst könnte man sie entfernen.“ 

Er machte darauf die nötigen Anstalten, stellte gegen Abend in den Hauptstraßen Wachen auf, ließ einige Truppen sich parat halten und nun nahm er selbst mit einiger Mannschaft die Haussuchung vor, so wie sie ihm von den Supplikanten bestimmt worden war. Zuerst ging er auf das Quartier des Hauptmann Roiddes los, der die schöne Frau eines Notarius, namens Le Coq, bei sich hielt, stößt die Türen ein und tritt ins Zimmer, eben als sich der Kapitän mit seiner Dame zur Ruhe begeben will. Dieser wollte sich anfangs wehren; wie er aber den Gouverneur sah, fiel er ihm zu Füßen und fragte, was er befehle und was er begangen? Vieilleville antwortete: Er suche ein Hühnchen, das er seit acht Monaten füttere. Der Kapitän, welcher besser handeln als reden konnte (es war ein tapferer Mann), schwur bei Gott, dass er weder Huhn, noch Hahn, noch Kapaun in seinem Haus habe und keine solchen Tiere ernähre. Alles fing an zu lachen, selbst Vieilleville mäßigte seinen Ernst und sagte ihm: „Ungeschickter Mann, die Frau des Le Coq will ich und dieses den Augenblick oder morgen habt Ihr bei meiner Ehre und Leben den Kopf vor den Füßen.“ Ein dem Hauptmann ergebener Soldat ließ unterdessen das Weibchen zu einer Hintertür hinaus in eine enge Straße, hier aber wurde er von einem Hellebardierer angehalten und da er sich wehren wollte, übel zugerichtet. Unterdessen hatte sich die Frau, ihre Unschuld zu beweisen, zu ihrem Mann geflüchtet und Vieilleville ließ, als er dieses hörte, den Kapitän Roiddes, den man schon gefangen wegführte, um ihm bei anbrechendem Tag den Kopf herunterzuschlagen, wieder los. Als dieses die andern Offiziere hörten, machten sie ihren Schönen die Türen auf und alles lief voll Mädchen und Weiber, die in Eile zu ihren Anverwandten flohen. Vieilleville setzte die Haussuchung jedoch noch sechs Stunden fort, bis er von allen Seiten Nachricht erhielt, dass sich die Verlornen wieder eingefunden. 

In Metz waren sieben adelige Familien, die sich ausschließend das Recht seit undenklichen Zeiten anmaßten, aus ihrer Mitte den Oberbürgermeister der Stadt zu wählen, welches ein sehr bedeutender Platz ist. Sie waren von diesem Vorrecht so aufgeblasen, dass, wenn in diesen Familien ein Kind geboren wurde, man bei der Taufe wünschte, dass es eines Tages Oberbürgermeister von Metz oder wenigstens König von Frankreich werden möge. Vieilleville nahm sich vor, dieses Vorrecht abzuschaffen und als bei einer neuen Wahl die sieben Familien zu ihm kamen und baten, er möchte bei ihrer Wahl gegenwärtig sein, antwortete er zur großen Verwunderung, dass es ihm schiene, als sollten sie ihn vielmehr fragen, ob er eine solche Wahl genehmige, denn vom König solle dieser Posten abhängen und nicht von Privilegien der Kaiser und er wolle die Worte: „Von Seiten Sr. kais. Majestät des heil. römischen Reichs und der kais. Kammer zu Speyer“ verloren machen und dafür die braven Worte: „Von Seiten der Allerchristlichsten, der unüberwindlichen Krone Frankreichs* und des souveränen Parlamentshofs von Paris“ setzen. Er habe auch schon einen braven Bürger, Michel Praillon, zum Oberbürgermeister erwählt und sie könnten sich bei dieser Einsetzung morgen im Gerichtshof einfinden. Der abgehende Oberbürgermeister, als er zumal hörte, dass Vieilleville zu diesem Schritt keinen Befehl vom König habe, sank in die Knie und man musste ihn halten und zu Bett bringen, wo er auch nach zwei Tagen, als ein wahrer Patriot und Eiferer der Aufrechthaltung der alten Statuten seiner Stadt, starb. 

Vieilleville führte den neuen Bürgermeister selbst ein und besorgte die deshalb nötigen Feierlichkeiten. Sowohl diese Veränderung als auch die Herbeischaffung der Weiber und Mädchen, nebst mehreren andern Beweisen seiner Gerechtigkeit, gewannen ihm die Herzen aller Einwohner und machten sie geneigt, französische Untertanen zu werden. Sie entdeckten ihm sogar selbst, dass eine Klagschrift an die kaiserliche Kammer im Werk sei und bezeichneten ihm den Ort, wo sie abgefasst würde. In diesem Quartier wurden auch des Nachts welche aufgehoben, eben als sie noch an dieser Klagschrift arbeiteten. Der Verfasser und der, so diese Depesche überbringen sollte, wurden sogleich fortgeschafft und man hörte nie etwas von ihnen wieder; sie wurden wahrscheinlich ersäuft, die andern aber, so Edelleute waren, kamen mit einem derben Verweis und einer Abbitte auf den Knien davon. 

Aber nicht nur von innen polizierte er die Stadt Metz, auch von außen reinigte er die umliegende Gegend von den Herumläufern und Räubern, die sie unsicher machten. Alle Wochen mussten etliche hundert Mann von der Garnison ausreiten und in den Feldern herumstreifen. Er neckte die kaiserlichen Garnisonen von Thionville, Luxemburg und andern Orten so sehr, dass sie seit dem Mai 1552, wo er sein Gouvernement übernommen hatte, bis zum nächsten Februar über zwölfhundert Mann verloren, da ihm nur in allem hundertundsiebenzig getötet wurden. Die Gefangenen wurden gleich wieder um einen Monat ihres Soldes ranzioniert. Er trug aber auch besondere Sorgfalt, dass immer die Tapfersten zu diesen Expeditionen ausgeschickt wurden, wählte sie selbst aus, nannte alle beim Namen und war immer noch unter den Toren, diese Leute ihren Kapitänen anzubefehlen. 

Um Vieilleville die Spitze zu bieten, bat der Graf Mansfeld, so in Luxemburg kommandierte, sich von der Königin von Ungarn, Regentin der Niederlande, Verstärkung aus, und mit selbiger wurde ihm der Graf von Mesgue zugeschickt. Allein Mansfeld konnte nichts ausrichten und legte aus Verdruss sein Kommando nieder, welches der Graf von Mesgue mit Freuden annahm, ob es ihm gleich übel bekam. Vieilleville war besonders durch seine Spione vortrefflich bedient; hauptsächlich ließen sich die von einem burgundischen Dorf, namens Maranges, sehr gut dazu brauchen. Es gab keine Hochzeit, keinen Markt oder sonst eine Versammlung auf fünfzehn bis zwanzig Meilen in der Runde in Feindes Land, wo Vieilleville nicht zwei bis dreihundert Pferde und ebenso viel Fußvolk dahin abschickte, um ihnen zum Tanz dazu zu blasen. Schickte der Graf Mesgue diesen Truppen nach, um ihnen den Rückzug abzuschneiden, so erfuhr er es sogleich und ließ ungesäumt ein anderes Korps aus Metz aufbrechen, um jenes zu unterstützen und den Weg frei zu machen, bei welcher Gelegenheit oft die tapfersten Taten vorfielen und immer die Feinde unterlagen. 

Er bekam Nachricht, dass der Kardinal von Lenoncourt, Bischof von Metz, vieles gegen ihn sammle, um sodann seine Beschwerden vor des Königs geheimes Konzil zu bringen. „Nun dann“, sagte er, „damit seine Klagschrift voll werde, will ich ihm mehr Gelegenheit geben, als er denkt.“ Er ließ darauf die Münzmeister kommen, die des Kardinals Münze schlugen (denn der Bischof von Metz hatte dieses Recht), und hielt ihnen vor, wie sie alles gute Geld verschwinden ließen und schlechtes dafür ausprägten. Er befahl ihnen hiermit bei Hängen und Köpfen, auf keine Art mehr Münze zu schlagen, ließ auch durch den Prevot alle ihre Stempel und Gerätschaften gerichtlich zerschlagen, indem es, wie er hinzusetzte, nicht billig sei, dass der König in seinem Reich einen ihm gleichen Untertan habe. 

Es war dieses eine der nützlichsten Unternehmungen Vieillevilles, denn es gingen unglaubliche Betrügereien bei dieser Münzstätte vor; auch nahm es der König, als er es erfuhr, sehr wohl auf. Der Kardinal aber wollte sich selbst umbringen, denn er war sehr heftig, als er diese Veränderung erfuhr und verband sich mit dem Herzog von Vaudemont, Gouverneur von Lothringen, um Vieilleville um sein Gouvernement zu bringen, in welchem Vorsatz sie auch der Kardinal von Lothringen, an den sie sich gewendet hatten, unterstützte. 

Vieilleville bekam einen Kurier vom Sekretär Malestroit, der ihm bekannt machte, dass der Gouverneur des Dauphin, von Humières, auf den Tod läge und der König gesonnen sei, ihm die Kompanie Gendarmes zu geben, die jener besessen, dass aber der Connetable dagegen sei und sogar den jungen Dauphin dahin gebracht habe, diese Kompanie für den Sohn seines Gouverneurs vom König zu erbitten, mit dem Zusatz (so hatte es ihm der Connetable gelehrt), dass dieses seine erste Bitte sei, welches dem König sehr gefallen. Vieilleville aber, habe der Connetable vorgeschlagen, sollte man die Kompanie leichte Reiter geben, welche Herr von Gonnor gehabt und die in Metz schon liege. Vieilleville fertigte auf diese Nachricht, ohne sich lange zu bedenken, seinen Sekretär in aller Eile mit einem Brief an den König ab, worin er denselben mit den nachdrücklichsten Gründen aufforderte, seinen ersten Entschluss wegen der Kompanie durchzusetzen und sich von niemanden abwendig machen zu lassen. Der Sekretär kam in St. Germain an, wie Humières noch am Leben war, und der König nahm den Brief selbst an. Nachdem er solchen gelesen, antwortete er: „Es ist nicht mehr als billig, er hat lang genug gewartet; seine treuen Dienste verbinden mich dazu. Ich gebe sie ihm mit der Zusicherung, es nicht zu widerrufen, wenn der andere stirbt, was man auch darüber brummen mag.“ Vieilleville ließ sich zugleich mündlich die Kompanie leichter Reiter des Herrn von Gonnor für seinen Schwiegersohn Espinay ausbitten. „Zugestanden“, sagte der König, „und das sehr gern.“ Auch wurden sogleich die Patente deshalb ausgefertigt. 

Unterdessen ließ Vieilleville dem Grafen von Mesgue keine Ruhe; seine Truppen gingen oft bis unter die Kanonen von Luxemburg und forderten die Kaiserlichen heraus, so dass der Graf sogar einen Waffenstillstand unter ihnen vorschlug, worüber Vieilleville sich sehr aufhielt und zurücksagen ließ, dass sie beide verdienten, kassiert zu werden, wenn sie als Diener in besondere Kapitulationen sich einließen; und dass er bei diesem Vorschlag als ein Schuljunge und nicht als Soldat sich gezeigt; er schicke ihn daher wieder auf die Universität von Löwen, wo er erst seit kurzem hergekommen. Der Graf war so beschämt darüber, dass er Vieilleville bitten ließ, nie davon zu reden und ihm den Brief, den er deshalb geschrieben, zurückzusenden, welches Vieilleville ihm gerne zugestand, mit der Bedingung, ihm eine Ladung Seefische von Antwerpen dafür zu schicken, die dann auch ankamen und unter großem Lachen verzehrt wurden. 

Gegen das Ende Septembers 1554 wurde dem Präsidenten Marillac, der nach Paris reisen wollte, eine Eskorte vom besten Teil der Kavallerie und vielen Schützen zu Fuß mitgegeben. Der Graf von Mesgue erhielt Nachricht davon und beschloss, sich hier für die vielen ihm angetanen Insulten zu rächen. Er bereitete sein Unternehmen so geheim vor, dass Vieilleville erst Nachricht davon bekam, als sie schon aus Thionville ausmarschierten. Sogleich ließ er den übrigen Teil seiner Reiterei aufsitzen und schickte zwei verschiedene Korps unter des Herrn von Espinay und von Dorvoulx Anführung ab. Beide waren jedoch nicht stärker als hundertundzwanzig Mann. Dreihundert leichte Truppen mussten sogleich ein kleines Schloss, namens Dompchamp, wo schon fünfzehn bis zwanzig Soldaten und ein Kapitän La Plante lagen, besetzen. Er selbst ließ alle Tore der Stadt schließen, nahm die Schlüssel zu sich und setzte sich unter das Tor, um von einer Viertelstunde zur andern Nachricht von des Feindes Unternehmen zu erhalten. Er verstärkte die Wachen, und einige Kapitäne mussten auf den Mauern herumgehen, um alles zu beobachten. Die andern Kapitäne, nebst dem Herrn von Boisse und von Croze, waren dabei mit dreihundert Büchsenschützen und seiner Garde. Um neun Uhr ließ er sich sein Mittagessen dahin bringen und kurz darauf kam von beiden ausgeschickten Korps die Nachricht an, dass sie die Feinde rekognosziert und acht Kompanien zu Fuß und acht- bis neunhundert Pferde stark gefunden hätten, dass man einer solchen Macht nicht widerstehen könne und sie sich auf Dompchamp zurückziehen wollten. In drei Stunden könnten sie da sein und erbäten sich Verhaltungsbefehle. 

Vieilleville nahm auf dieses, das einem Rückzug ähnlich sah, einen schrecklichen Entschluss. Er ließ sechzig schwere Büchsen von ihren Gestellen herunternehmen und ladete sie den Stärksten seiner Garde auf. Dem Kapitän Croze befahl er, hundert Büchsenschützen und zehn bis zwölf Tambours mit sich zu nehmen und sich in einem versteckten kleinen Weiler bei Dompchamp ruhig zu verhalten, bis das Gefecht angegangen. Er selbst mit seinen vergoldeten Waffen schnallte seine Rüstung fest und zog aus der Stadt auf seinem Pferde Yvoy; die Stadt überließ er dem Herrn von Boisse, von dem er wusste, dass er sie wohl bewachen würde, wenn er bleiben sollte. So zog er in schnellem Marsch von seinen siebzig Musketieren, deren jeder nur fünf Schüsse hatte, dahin, fest entschlossen, zu bleiben oder zu siegen. 

Sobald er bei den Übrigen angekommen war, traf er, als ein geschickter Soldat, die nötigen Anstalten. Unter andern stellte er das Fußvolk zwischen die Pferde, welche Erfindung von ihm nachher oft benutzt worden. Jetzt rückte der Feind auf fünfhundert Schritte gerade auf ihn an; er rückte im Schritt vorwärts und befahl, zuerst eine Salve zu geben, damit der Feind ihre Anzahl nicht bemerkte. Beide Korps treffen nun aufeinander; die Feinde glaubten ihn leicht über den Haufen zu werfen, denn es waren ihrer zehn gegen einen. Die Musketiere verlieren indessen keinen Schuss. Vieilleville, an seiner Seite Espinay und Thevales, dringen ein und werfen alles vor sich nieder. Wütend fällt Croze mit seinen Tambours und Schützen aus seinem Hinterhalt heraus ihnen in die Flanke. Der Chevalier* La Rogue kommt von einer andern Seite und setzt ihnen fürchterlich zu. Sie hatten ihr Fußvolk zurückgelassen, weil sie den Feind für unbeträchtlich hielten. Alle ihre Chefs waren getötet und jetzt von allen Seiten gedrängt, stürzten sie auf ihre Infanterie zurück, die sie selbst in Unordnung brachten, da sie immer verfolgt wurden, und zwar von ihren eigenen Pferden, auf die sich Vieillevilles Soldaten schnell schwangen und so nacheilten. Mehr als fünfzehnhundert blieben auf dem Platz, die übrigen wurden gefangen. Jeder Soldat hatte einen bis zwei Gefangene; selbst zwei Soldatenmädchen trieben ihrer drei vor sich her, die ihre Waffen weggeworfen hatten und wovon zwei verwundet waren. Der Graf von Mesgue hatte sich durch die Wälder bis an die Mosel geflüchtet, wo er mit noch zwei andern in einem Fischerkahn nach Thionville sich rettete. Vieilleville hatte nur acht Tote und zwölf Verwundete. Er zog wieder in Metz ein und gerade auf die Hauptkirche zu, um Gott für den Sieg zu danken. Der Donner der Kanonen und alle Glocken trugen diese Feierlichkeit nach Thionville und sie konnten dort wohl vernehmen, wie sehr man sich in Metz freute. 

Durch einen sonderbaren Zufall geschah es, dass gerade an dem Tag, wo er siegte, der König ihm den Orden erteilte. Der Offizier, den er sogleich mit den Fahnen an den König abgeschickt hatte, traf den Kurier vom Hof auf dem Weg an. Der Herzog von Nevers sollte ihm denselben umhängen; Vieilleville schlug es aber in einem sehr höflichen Schreiben an den Herzog von Nevers aus, den Orden aus einer andern als des Königs Hand anzunehmen, weil er dieses Gelübde getan, als Franz I. selbst ihn zum Ritter geschlagen. 

Der Sergeantmajor des ganzen Landes Messin und der Prevot (General-Auditor), welche Herr von Gonnor Vieilleville vorzüglich empfohlen hatte, waren in ihrem Dienst Männer ohne ihresgleichen und dabei in Metz sehr angesehen. Allein sie erlaubten sich mancherlei Betrügereien; sie ließen oft die Gefangenen, die zum Tod verurteilt worden, heimlich gegen eine starke Geldsumme entwischen und gaben vor, sie hätten die Kerls ersäufen lassen, da sie des Hängens nicht wert gewesen. Man fing solch einen angeblich Ersäuften wieder und er wurde erkannt zu eben der Zeit, da jene beiden einen Gefangenen, der verurteilt war, schon seit zwei Monaten im Gefängnis herumschleppten. Da es ihnen ernstlich befohlen wurde, diesen Gefangenen hinrichten zu lassen, so wurde er in einem großen Mantel zum Richtplatz geführt, damit man nicht sehen konnte, dass er die Hände nicht gebunden hätte; auch gab man ihn für einen Lutheraner aus, damit er kein Kruzifix tragen dürfe. Als der Kerl auf der Leiter stand, sprang er schnell herunter, ließ dem Henker den Mantel in der Hand und rettete sich, ohne dass man je etwas von ihm hätte sehen sollen. Es kam nun heraus, dass sie von einem Verwandten des Verurteilten tausend Taler erhalten hatten, wenn sie ihn entwischen ließen. Vieilleville war über alles dieses sehr aufgebracht, ließ sogleich die beiden in Verhaft nehmen und ihnen den Prozess machen. Sie bekamen die Tortur und gestanden alles. In einem Kriegsgericht wurden sie zum Tod verdammt, der Sergeantmajor im Gefängnis erdrosselt und der Prevot und sein Schreiber auf öffentlichem Platz gehängt. 

Es gab zwei Franziskanerklöster in Metz, wovon in einem Observantinermönche waren. Die Mönche waren meist alle aus einer Stadt der Niederlande, namens Nyvelle. Der Pater Guardian besuchte dort oft seine Verwandten und kam bei jeder Reise vor die Königin von Ungarn, die durch ihn alles erfuhr, wie es in Metz stand, auch viele Neuigkeiten aus Deutschland und Frankreich; kurz, es war ihr eigentlicher Spion. Auf den Antrag, der ihm zu einer Unternehmung aus Metz gemacht wurde, ging er auch wirklich ein; er nahm etliche und siebenzig tapfere Soldaten, kleidete sie als Franziskaner und ließ sie von Zeit zu Zeit paarweise nach Metz ins Kloster gehen. Unterdessen war es verabredet, dass der Graf von Mesgue Verstärkung erhalten und sich an dem Tor der Brücke Yffray zum Sturmlaufen zeigen sollte. Der Guardian wollte in mehr als hundert Häusern durch eine eigene Erfindung Feuer einlegen lassen; jedermann würde hinzulaufen, dieses zu löschen und die Mönche sollten sich dann auf den engen Wällen zeigen und den Soldaten herauf helfen. Einige tausend Soldaten von der Garnison zu Metz würden sich ohnedies sogleich empören, wenn sie die Gelegenheit zum Plündern absähen und „Freiheit, Freiheit, nieder mit dem Vieilleville!“ schreien. 

Es ging alles recht gut für den Mönch; in einer Zeit von drei Wochen hatte er die Soldaten im Kloster. Jetzt bekam aber Vieilleville von einem seiner geschicktesten Spionen auf Luxemburg Nachricht, dass die Königin von Ungarn zwölfhundert leichte Büchsenschützen, achthundert Pferde und eine große Anzahl niederländischer Edelleute dem Grafen von Mesgue zuschickte. Der Graf habe etwas vor, man könne aber nicht entdecken, auf was er ausgehe. Man habe zwar zwei Franziskanermönche von mittlerem Alter mit dem Grafen ins Kabinett gehen sehen, habe aber nicht herausbringen können, wo sie her gewesen, es habe nur geheißen, sie seien von Brüssel her gekommen. 

Vieilleville nahm sogleich einige Kapitäne zu sich und ging in das Franziskanerkloster, ließ den Guardian rufen und fragte, wie viel er Mönche habe, ob sie alle zu Hause seien, er wolle sie sehen. Hier findet er alles richtig. Er geht darauf zu den Observantinern und fragt nach dem Guardian. Es wird ihm geantwortet, er sei nach Nyvelle zum Leichenbegängnis seines Bruders gegangen. Vieilleville will die Anzahl der Mönche wissen und sie sehen. Drei oder vier sagen, sie seien in die Stadt gegangen, Almosen zu sammeln. Schon an ihrer Gesichtsfarbe merkte er, dass es nicht ganz richtig sei. Er stellte sogleich Haussuchung an und findet in dem ersten Zimmer zwei falsche Franziskanermönche, welche sich für krank ausgaben und ihre auf Soldatenart verfertigten Beinkleider im Bett versteckt hatten. Unter Androhung eines sichern Todes gestehen sie sogleich, wo sie her sind, doch wüssten sie nicht, was man mit ihnen vorhabe, und sie hofften dieses zu erfahren, wenn der Guardian von Luxemburg würde zurückgekommen sein. Vieilleville ließ sogleich das Kloster schließen und setzte einen vertrauten Kapitän mit starker Wache hin, dem er befiehlt, alles herein, aber nichts hinaus zu lassen. Ferner werden augenblicklich alle Tore der Stadt geschlossen, außer dem der Brücke Yffray, welches nach Luxemburg führt und wo der Kapitän Salcede die Wache hatte. Hier begibt er sich selbst hin, entlässt alle seine Garden und bleibt mit einem Edelmann, einem Pagen und einem Bedienten mit den Soldaten auf der Wache. 

Dem Kapitän Salcede ließ er sagen, er erwarte jemand unter dem Tor, und sollte er die Nacht auf der Wachtstube zubringen, so müsse er die Person herein gehen sehen. Salcede sollte sein Essen unter das Tor bringen lassen, wie es wäre und sollte er nur Knoblauch und Rüben haben, er solle nur herbeieilen. 

Salcede kam auch sogleich und brachte ein ganz artiges Mittagsessen mit, das ihnen unter dem Tor gut schmeckte. Kaum hatten sie abgegessen, als die Schildwache sagen ließ, sie sehe zwei Franziskaner von weitem kommen. Vieilleville nimmt eine Hellebarde und stellt sich, von zwei Soldaten begleitet, selbst an den Schlagbaum. Die Mönche, die sich sehr wundern, ihn hier wie einen gemeinen Soldaten Wache stehen zu sehen, steigen ab. Er befiehlt ihnen aber, in das Quartier des Kapitäns Salcede zu gehen; die zwei Soldaten mussten sie dahin bringen. Jetzt lässt er alles aus diesem Quartier gehen und er mit Salcede und seinem Leutnant Ryolas bleiben allein da. „Nun, Herr Heuchler“, redet er den Guardian an, „Ihr kommt von einer Konferenz mit dem Grafen von Mesgue. Sogleich bekennt alles, was ihr miteinander verhandelt oder Ihr werdet den Augenblick umgebracht. Bekennt Ihr aber die Wahrheit, so schenke ich Euch das Leben, selbst wenn Ihr das meine hättet nehmen wollen. In Euer Kloster könnt Ihr nun nicht mehr, es ist voll Soldaten und Eure Mönche sind gefangen; zwei haben schon bekannt, dass sie verkleidete Soldaten der Königin von Ungarn sind.“ Der Guardian wirft sich ihm zu Füßen und gibt vor, dass diese zwei seine Verwandten seien und ihren Bruder wegen einer Erbschaft umgebracht; er habe sie unter Franziskanerkleider versteckt, um sie zu retten. Indem ließ aber der bei dem Kloster wachhabende Hauptmann melden, dass sechs Franziskaner in das Kloster eingetreten, die unter der Kutte Soldatenkleider gehabt. Jetzt befahl er, die Tortur zu holen, damit der Guardian gestehe. Der Mönch, der sah, dass alles verraten sei, besonders wie ihm Vieilleville den Brief zeigte, so er von seinem Spion in Luxemburg erhalten, sagte dann, dass man wohl sehe, wie Gott ihm beistehe und die Stadt für ihn bewache, denn ohne diese Nachricht wäre Metz noch heute für den König verloren gewesen und in die Hände des Kaisers gekommen. Alle zu dieser Expedition bestimmten Truppen seien nur noch sechs Stunden von Metz, in St. Jean, und sie sollten um neun Uhr hier eintreffen. Kurz, er gestand den ganzen Plan. Vieilleville übergab ihn jetzt dem Kapitän Ryolas, ihn zu binden und mit keiner Seele reden zu lassen. 

Wie Vieilleville in allen unvorhergesehenen Fällen sich schnell und fest entschloss, so auch hier. Sogleich ruft er seine Kompanie zu sich und befiehlt dem Herrn von Espinay und von Lancque, eben dieses zu tun. Die Kapitäne St. Coulombe und St. Marie müssen sich mit dreihundert Büchsenschützen einfinden. Der neue Sergeantmajor St. Chamans muss sogleich auf die Tore fünfzig Büschel Reiser hinschaffen, mit der Weisung, solche nicht eher noch später als zwischen sechs und sieben Uhr des Abends anstecken zu lassen. Die ganze Stadt war in Alarm; niemand wusste, was werden sollte. 

Jetzt, da alles fertig war, sagte er: „Nun lasst uns still und schnell marschieren und so Gott will, sollt ihr in weniger als vier Stunden seltsame Dinge erleben.“ Er hatte einen sehr geschickten Kapitän, die Soldaten zu führen; diesen rief er zu sich und entdeckte sich ihm und seinen Plan. Er sollte ihn in einen Hinterhalt legen, wo die Feinde vorüber müssten. Ging dieses nicht, so wollte er sie so angreifen, ob sie gleich nur einer gegen drei seien. Der Kapitän führte ihn in einen großen Wald, an dessen Ende ein Dorf lag. Hier verteilte Vieilleville seine Leute von tausend zu tausend Schritten, so dass der Feind nicht zu sich kommen und denken sollte, die ganze Garnison, so bekanntlich fünftausendzweihundert Infanterie und tausend Mann Kavallerie stark war, sei ihm auf dem Hals. Den Weg nach Thionville befahl er frei zu lassen, weil er den Flüchtlingen nicht nachsetzen wollte, nach der goldenen Regel: Dem Feind muss man silberne Brücken bauen. 

Jetzt bekam er Nachricht, dass die Feinde schnell anrückten, in einer Stunde könnten sie da sein. Man sähe in Metz brennen, die Feinde seien stärker, als er glaube, es sei alles voll. In einer Stunde kam schon ihr Vortrab, so aus ungefähr sechzig Mann bestand, durch den Wald. Die Hellebardierer hatten sich auf dem Bauch in das Dickicht gelegt, die Schützen standen weiter hinten, dass man die brennenden Lunten nicht riechen sollte; man hörte, wie sie sagten: „Treibt sie an, beim Teufel, wir verweilen zu lang. In dem Wald gibt es nichts als Maulwürfe. Beim Wetter, wie werden wir reich werden und was für einen Dienst werden wir dem Kaiser tun!“ Ein anderer sagte: „Wir wollen ihn recht beschämen, denn mit dreitausend Mann nehmen wir, was er nicht mit hunderttausend konnte.“ Ein anderer: „Ich werde mich heute Nacht zu Tode h-, denn es soll dir prächtige Mädchen und Weiber geben.“ Jetzt kam der ganze Tross und zog ins Holz hinein, zuletzt der Graf von Mesgue mit einer ausgesuchten Kavallerie. Er trieb sie aus allen Kräften zur Eile an, so dass sie keine Ordnung hielten. Den ganzen Zug aber schloss das adelige Korps aus den Niederlanden, welches achthundert Pferde stark war. 

Als auch diese in dem Wald waren, stürzte Vieillevilles erster Hinterhalt hervor – „Frankreich! – Frankreich! – Vieilleville! –“, rufend. Die Edelleute rufen ihre Diener, ihnen ihre Waffen zu geben; nun rücken aber auch die Büchsenschützen hervor und jeder streckt seinen Mann nieder! Zugleich machen die Tamboure einen erschrecklichen Lärm. Die Feinde, welche schon vorn waren, wollten umkehren, um ihrem Hintertrab zu helfen; aber jetzt stürzt auch bei ihnen der zweite Hinterhalt hervor und es entsteht ein so erschreckliches Getöse, dass alles ganz verwirrt wird. Der Graf von Mesgue schreit: „Beim Teufel, wir sind verraten! Gott, was ist das?“, und macht zugleich Miene, sich zu wehren. Nun bricht aber auch der dritte Hinterhalt hervor und die feindliche Kavallerie flieht in das Dorf, in der Hoffnung, sich dort zu setzen; aber hier finden sie Vieillevilles viertes Korps, zu dem kam noch das fünfte, das sie in die Mitte bekam und so übel zurichtete, dass der Graf von Mesgue durch sein eigenes Fußvolk durchbrechen musste, um sich zu retten, denn überall traf er auf Feinde. Jetzt floh alles, wo es nur hin konnte, und der Sieg war vollkommen. 

Es wurden vierhundertundfünfzig Gefangene gemacht und elfhundertundvierzig waren auf dem Platz geblieben. Vieilleville hatte nur fünfzehn Mann verloren und sehr wenige waren verwundet worden. 

Es fiel dieses an einem Donnerstag im Oktober 1555 vor und wurde durch die Klugheit und Tätigkeit Vieillevilles auf diese Art eine Verräterei am nämlichen Tag entdeckt und bestraft. Die Mönche in Metz wurden in engere Verwahrung gebracht, die dreißig verkleideten Soldaten aber ließ Vieilleville frei, weil es brave Kerls wären, die ihr Leben auf diese Art zum Dienst ihres Herrn gewagt hätten. Doch befahl er, dass sie zu drei und drei mit ihren Mönchskleidern auf dem Arm und weißen Stäben durch die Stadt geführt und auf jedem Platz verlesen werden sollte: Dieses sind die Mönche der Königin von Ungarn usw. 

Vieilleville schickte dem König einen Kurier mit der Nachricht dieses Siegs. Eben diesem war aufgetragen, Urlaub für ihn auf zwei Monate zu verlangen, indem er schon drei Jahre in seinem Gouvernement des Glücks beraubt sei, Seine Majestät zu sehen. Vieilleville hatte mehrere Ursachen, diesen Urlaub zu verlangen. Einmal wollte er nicht gegenwärtig sein, wenn man den Guardian hinrichtete, da er ihm sein Wort gegeben, ihm am Leben nichts zu tun; und doch hielt er es für unbillig, einen solchen Mordbrenner am Leben zu lassen. Dann trug er auch den Plan einer in Metz zu erbauenden Zitadelle im Kopf herum, die aber sehr viele Unkosten erforderte, da drei Kirchen abgetragen und der König zweihundertundfünfzig Häuser kaufen musste, um die Einwohner daselbst wegzubringen und Platz zu gewinnen. Nun fürchtete er, dass, wenn er diesen Plan nicht selbst vorlegte, der Connetable besonders dagegen sein würde, da ohnedem eine Armee, welche unter dem Herzog von Guise nach Italien marschieren sollte, um Neapel wieder zu erobern, ungeheure Summen wegnahm, die man nirgends aufzutreiben wusste. Endlich war er auch davon benachrichtigt, dass der Kardinal von Lenoncourt, vom Kardinal von Lothringen unterstützt, ihn in allen Gesellschaften heruntersetze. 

Der Urlaub wurde bewilligt und sogleich der Herr von La Chapelle-Biron nach Metz abgeschickt, das Gouvernement unterdessen zu übernehmen. Nachdem nun Vieilleville dem neuen Gouverneur alles übergeben und ihn wohl unterrichtet hatte, reiste er nach Hof und nahm nur den Grafen von Sault, dem er seine zweite Tochter, welche Hofdame bei der Königin war, zugedacht hatte, mit sich. Sobald er daselbst angekommen, entfernte sich der Kardinal von Lenoncourt in eine seiner Abteien* bei Fontainebleau. Der König empfing ihn sehr wohl und der darauf folgende Tag wurde sogleich dazu bestimmt, ihm den Orden umzuhängen, welches auch mit vieler Feierlichkeit geschah. Nur der Kardinal von Lothringen als Ordenskanzler und der Connetable als ältester Ritter fanden sich nicht dabei ein. Dieser wollte sein gewöhnlich Kopfweh, jener die Kolik haben. Der König aber kannte wohl ihre Entschuldigungen und Sprünge.

Der Kardinal von Lothringen hatte sich vorgenommen, Vieilleville im vollen Rat wegen Beeinträchtigung des Bischofs von Metz in seinen Rechten anzugreifen und er war so fein, den König zu bitten, sich im Rat einzufinden, indem er einige wichtige Sachen vorzutragen habe. Der König, der nicht wusste, was es war, befahl sogleich, die Räte zu versammeln und da jeder seinen Rang eingenommen hatte, fing der Kardinal eine Rede an, die, dem Eingang nach, außerordentlich lang dauern konnte. Er fing damit an, wie die Könige von Frankreich immer die Stützen der Kirche gewesen, brachte allerhand Beispiele aus der Geschichte vor und kam endlich darauf, dass ein Pfeiler der Kirche und einer von denen, aus dessen Holz man Päpste machte, große Klagen über die Eingriffe habe, die man in seine geistlichen Rechte getan habe. Vieilleville stand sogleich schnell auf und bat den König, dem Kardinal Stillschweigen aufzulegen und ihn reden zu lassen; er merke wohl, dass von ihm die Rede sei. Nun fing er an, sich zu wundern, dass der Kardinal so hoch angefangen; er habe geglaubt, der heilige Vater und der heilige Stuhl seien in Gefahr vor den Türken und man wolle Se. Majestät bewegen, wie die alten Könige eine Kreuzarmee abzuschicken. So aber wäre nur die Rede von dem Kardinal von Lenoncourt und er bedaure, dass die Reise Sr. Majestät nach Rom nicht statt habe und die Gelder zu einer großen Armee würden wohl im Koffer bleiben; welches ein Gelächter im Rat erweckte. Nun ging er die Beschwerden, welche der Kardinal haben konnte, selbst durch und widerlegte sie Punkt für Punkt zu seiner Rechtfertigung mit einer großen Beredsamkeit und Feinheit. Er bat endlich, dass der Kardinal von Lenoncourt selbst erscheinen möge, um seine weiteren Klagen vorzubringen und sich nicht hinter die Größe und das Ansehen des Kardinals von Lothringen stecken möge; indem er hoffte, ihn auf diese Art zu verhindern, dass er nicht zum Wort kommen sollte. Der König fragte darauf den Kardinal von Lothringen, ob er keinen andern Grund gehabt, ihn in Rat zu sprengen, als diesen? Worauf der Kardinal antwortete, dass Se. Majestät nur einen Teil gehört hätten. Vieilleville will ja auch nicht, versetzte der König, dass man ihm geradezu glaubt und er verlangt, dass Lenoncourt selbst erscheine. Er befahl darauf, dass der Kanzler ihn auf morgen in den Rat bescheiden sollte. Übrigens aber gab der König die Erklärung von sich, dass er alles billige, was Vieilleville in seinem Gouvernement getan und er stand gleichsam zornig von seinem Sitz auf. Der Kardinal von Lothringen legte die Hand auf den Magen, als wenn er Kolik hätte, ging sogleich aus dem Rat hinaus und ließ den Kardinal von Lenoncourt augenblicklich von dem benachrichtigen, was vorgefallen, der dann sogleich auch weiter vom Hof wegreiste, so dass ihn die, welche ihn in den Rat auf morgen einladen sollten, nicht antrafen. 

Kurz darauf legte Vieilleville dem König auch seinen Plan wegen der Zitadelle vor und er wusste ihm die Sache so wichtig vorzustellen, dass der König gleich darauf einging. ihm aber verbot, es nicht im Konzil vorzutragen, wo gewiss der Connetable und der Herzog von Guise dagegen sein würden, die alles aufböten, drei Millionen zu ihrem projektierten, italienischen Feldzug zu schaffen. Er habe getreue Diener in Paris, von denen er hoffe, sogleich die zu dieser Zitadelle verlangte Summe zu erhalten und er wolle sich gleich noch heute nach Paris begeben, da er ohnedem wünschte, dass man Fontainebleau, wo er schon acht Monate wohne, durchaus reinigte. 

Vieilleville erhielt auch die Summe und kehrte damit sogleich nach Metz zurück, um die nötigen Anstalten zur Erbauung dieser Citadelle zu treffen. Es war hohe Zeit, dass er wieder zurückkam; denn es verging nicht lange, so entdeckte er eine neue Verschwörung, welche zwei Soldaten, Comba und Vaubonnet, angezettelt hatten, da sie sahen, dass der Herr von La Chapelle nicht sonderlich wachsam an den Toren war. Vieilleville hatte ihre Brüder rädern lassen, weil sie ein öffentliches Mädchen des Nachts misshandelt und ihr die Nase abgeschnitten hatten. Das Mädchen hatte so geschrieen, dass die ganze Stadt in Alarm gekommen war und Vieilleville sich selbst zu Pferde gesetzt und die Garnison unter das Gewehr hatte treten lassen. Sie hatten sich an den Grafen von Mesgue gewendet und bedienten sich eines Tambours zu ihrem Hin- und Herträger, namens Balafré. Die Königin von Ungarn, bei der Comba gewesen war, hatte ihnen zwölfhundert Taler gegeben, wofür sie ein Gasthaus errichteten und oft mit Lebensmitteln nach Thionville mit Passeport von La Chapelle, dem sie manchmal Präsente brachten, auf dem Fluss hin- und herfuhren. Den Grafen von Mesgue hatten sie selbst zweimal verkleidet in die Stadt gebracht, wo er alles durchgesehen hatte. Es kam nun sonderbar, dass Vieilleville den Kapitän dieser Soldaten, namens La Mothe-Gondrin, fragte, wie es käme, dass die Soldaten, die einen gewissen ausgezeichneten Rang unter den übrigen hätten, sich mit Gastierungen abgäben, welches unschicklich sei. Der Kapitän antwortete, dass sie, seit ihre Brüder gerädert worden, keine rechte Liebe zum Dienst hätten; sie wollten daher ihren Abschied bald nehmen, doch wünschten sie vorher noch etwas zu erwerben. 

Wie Vieilleville hörte, dass sie Brüder der Geräderten seien, so fiel es ihm gleich auf, dass etwas darunter stecken könne und er schickte unverzüglich nach Comba, dem er sagte, dass, weil er gut Spanisch rede, er dem König einen Dienst erweisen könne, er solle nur mit ihm kommen, Geld und Pferde seien schon bereitet. Er führte ihn hierauf in das Quartier des Kapitäns Beauchamp, wo er dem Kapitän sogleich befahl, den Comba zu binden, bis Eisen ankämen und dafür zu sorgen, dass niemand nichts von dieser Gefangennehmung erfahre. Dem Kameraden Vaubonnet aber lässt er sagen, nicht auf Comba zu warten, indem er ihn auf vier Tage verschickt habe. 

Wie die Entdeckungen oft sonderbar geschehen, so auch hier. Der Bediente des Kapitäns war ein Bruder des Tambours Balafré und er hatte ihn oft mit dem Comba gesehen. Eben dieser Bediente sah jetzt durch das Schlüsselloch den Comba binden und läuft hin, es seinem Bruder zu sagen. Dieser bittet sich von Vieilleville eine geheime Audienz aus, wirft sich ihm zu Füßen, entdeckt alles und gesteht, dass er schon siebenmal in Thionville mit Briefen von Comba an den Grafen von Mesgue gewesen. Vieilleville zieht einen Rubin vom Finger, gibt ihn dem Tambour und verspricht, sein Glück zu machen, wenn er ihm treu diente. Er nahm ihn darauf zu dem Comba, dem er befiehlt, an den Grafen zu schreiben, dass alles gut gehe und er durch den Weg, den ihm sein Vertrauter anzeigen würde, seine Herde zuschicken sollte, wo er sodann Wunder erfahren würde. Vieilleville diktierte selbst den Brief, nachdem ihn der Balafré von dem unter ihnen gewöhnlichen Stil benachrichtigt hatte. Der Tambour bestellt den Brief richtig und bringt die Antwort mit, dass von Mittwoch auf den Donnerstag (es war Dienstag) um Mitternacht die Truppen da sein sollten. 

Um sein Vorhaben noch besser zu decken, ließ Vieilleville seine Kapitäns rufen und sagte ihnen, dass der Herr von Vaudemont, mit dem er in Feindschaft lebte, vom Hof zurückkomme und dass er ihm entgegen gehen wolle, doch nicht als Hofmann, sondern im kriegerischen Ornat und als zum Streit gerüstet. Sie sollten daher alles sogleich in den Stand setzen und er wolle morgen gegen fünf Uhr mit tausend Mann Schützen und seiner ganzen Kavallerie ihm entgegen gehen, er hoffe, dass dieses Zeichen der Aussöhnung dem König wohl gefalle. Heimlich lässt er aber den Tambour kommen und geht mit ihm zu Beauchamp, wo Comba dem Grafen schreiben muss, dass sich alles über Erwartung gut anlasse, indem Vieilleville mit seinen besten Truppen weggehe und er also sicher kommen könne. 

Der Graf von Mesgue, sehr erfreut darüber, bedient sich der nämlichen List und schreibt Vieilleville, wie der Graf Aiguemont im Sinn habe, dem Herrn von Vaudemont entgegen zu gehen, und er daher, da sie sein Gebiet beträten, ihn davon benachrichtigen wolle, indem sie nicht im Sinn hätten, die geringste Feindseligkeit auszuüben, da ohnedem jetzt Waffenstillstand zwischen ihren Herren sei. Diesen Brief schickte er durch einen Kurier ab. Dem Tambour aber gab er einige Zeilen mit, worin er den Comba benachrichtigt, dass er nur noch einen Tag länger warten solle, indem der Graf von Mansfeld bei der Partie sein wolle und auch noch Truppen mitbringe. Auf dieses ließ Vieilleville seine Kapitäne wissen, dass Herr von Vaudemont einen Tag später nach Metz kommen würde und sie also erst donnerstags um vier Uhr abgehen würden. 

Vieilleville hoffte gewiss, sie wieder in die Falle zu bekommen; allein das Projekt misslang, denn der Kapitän Beauchamp ließ sich durch die kläglichen Bitten des Comba bewegen, ihm Mittwochs um Mittagessenszeit seine Eisen auf kurze Zeit herunterzunehmen. Er geht darauf in den Keller, um Wein zu holen, denn er traute sonst niemanden und Comba muss ihm leuchten. Wie er aber sich bückt, um den Wein abzulassen, gibt ihm Comba einen Stoß, dass er zur Erde fällt, springt die Treppe hinauf, lässt die Türe fallen, schließt sie zu und geht auf die Alte los, bei der er in Beauchamps Quartier verborgen war; diese schlägt er so lange, bis sie ihm die Schlüssel der Türe gibt und so rettete er sich. Beauchamp schreit indessen wie rasend, bis man ihm aufmacht, wo er beinahe Hand an sich legte, als er die Türen eröffnet findet. Er entschließt sich jedoch, zu Vieilleville zu gehen, der zwar schon gegessen, aber noch an der Tafel mit seinen Kapitänen saß und von der bevorstehenden Reise sprach. Beauchamp ruft ihm gleich entgegen, dass Comba sich geflüchtet habe und er um Vergebung bitte. Vieilleville wirft sogleich seinen Dolch nach ihm, springt auf ihn zu und will ihn umbringen. Beauchamp aber flieht und die andern Kapitäne stellen sich bittend vor ihn. Sogleich wurden alle Tore geschlossen. Vaubonnet mit dreißig hereingekommenen, verkleideten Soldaten sollte gefangen genommen werden; sie hatten aber schon Wind erhalten und retteten sich mehrere, doch wurde der größte Teil auf der Flucht niedergemacht; einige warfen sich über die Mauern in den Fluss. Vieilleville ließ sogleich nach Comba und Beauchamp in der ganzen Stadt in jedem Haus nachsuchen und ersteren fand man bei einer Wäscherin verborgen. Er ließ dem Rädelsführer sogleich den Prozess machen. Comba und Vaubonnet wurden von vier Pferden zerrissen und die gefangenen, verkleideten Soldaten teils gerädert, teils gehenkt. Der Graf von Mesgue bekam noch frühzeitig genug Nachricht davon und fing nun an zu glauben, Vieilleville habe einen Bund mit dem Teufel, da er auch die allergeheimsten Anschläge erführe.

Dieser vereitelte Anschlag war Vieilleville so zu Herzen gegangen, dass er in eine tödliche Krankheit fiel, wo man drei Monate lang an seinem Aufkommen zweifelte. Der König schickte einen seiner Kammerdiener nach Metz, um zu sehen, wie es mit Vieilleville stünde und schrieb selbst an ihn und versicherte seinem Schwiegersohn Espinay die Gouverneurstelle von Metz. Diese außerordentliche Gnade hatte einen solchen Einfluss auf ihn, dass sie ihn wieder ins Leben rief; auch besserte es sich mit ihm von diesem Tag an; er schickte einen Haufen Ärzte fort, welche ihm von verschiedenen Prinzen waren zugeschickt worden, und erholte sich ganz, obgleich sehr langsam, wieder. Er ging, sobald er das Reisen vertragen konnte, mit seiner Familie nach Durestal, wo er sich acht Monate aufhielt und seine Gesundheit wieder herstellte. 

Sobald Vieilleville sich auf seinem Gut Durestal ganz erholt hatte, begab er sich gegen Ende des Jahres 1557 nach Paris zum König, wo er diejenigen Anstalten verabredete, die sich in seinem Gouvernement von Metz nötig machten; besonders suchte er die Garnison daselbst zu beruhigen, der man vier Monate Sold schuldig und die deshalb zum Aufruhr sehr geneigt war. Diese außen bleibende Zahlung setzte den unterdessen in Metz kommandierenden Herrn von Sennecterre in große Verlegenheit, denn man hatte aus dieser Stadt zwölf Kompanien regulärer Truppen gezogen, um sie zu einer Expedition nach Neapel zu brauchen und hatte dafür so viel von der Miliz von Champagne und Picardie, die undiszipliniertesten Truppen von der Welt, hineingelegt; ohne einige alte Offiziere und ohne die Gendarmes würde Herr von Sennecterre nicht mit ihnen fertig geworden sein. Vieilleville schrieb indessen an den Großprofossen von Metz, unfehlbar genaue Untersuchungen über dieses tumultuarische Betragen anzustellen und auch dabei die Kapitäne, die dergleichen begünstigt, nicht zu verschonen, denn er wolle das Sprichwort: „Erst muss man den Hund und dann den Löwen schlagen“, umkehren und er habe es sich geschworen, die Löwen recht zu striegeln, damit die Hunde zittern und vor Furcht umkommen möchten. 

Vieilleville kam ganz unversehens eines Morgens mit siebenzig Pferden vor den Toren von Metz an, welches die Schuldigen in großes Schrecken setzte. Der Großprofoss fand sich sogleich mit seinem Untersuchungsgeschäft ein, und kurz darauf, nachdem auf verschiedenen Plätzen starke Detaschements ausgestellt waren, wurden drei Kapitäne, die beschuldigt wurden, dass sie sich an der Person des Herrn von Sennecterre vergriffen und auf seine Wache geschossen, vor ihn gebracht. Hier mussten sie auf den Knien Abbitte tun; der Scharfrichter war nicht weit entfernt, der ihnen sodann, nachdem sie in einen Keller geführt worden, die Köpfe abschlug. Diese Köpfe wurden an die drei Hauptplätze zum großen Schrecken der Miliztruppen, die unter dem Namen Legionnaires dienten, aufgesteckt. Sobald diese sich auch nur zeigten oder zusammentraten, um vielleicht Vorstellungen zu tun, wurden sie sogleich zurückgestoßen, ja oft mit Kugeln abgewiesen. Hundert von diesen Soldaten hatten sich doch mit den Waffen auf einem Platz versammelt. Vieilleville erfuhr es und schickte sogleich den Sergeantmajor St. Chamans dahin ab mit einer zahlreichen Bedeckung, um sie zu fragen, was sie da zu tun hätten. Sie waren so unklug, zu antworten, dass sie ihre Kameraden hier erwarteten, um Rechenschaft über ihre Kapitäne zu haben. Kaum hatten sie dies gesagt, so ließ St. Chamans eine solche Salve geben, dass vierzig bis fünfzig sogleich auf dem Platz blieben und die andern davonliefen, die jedoch alle arretiert und hingerichtet wurden. Die drei Leutnants der enthaupteten Kapitäne fürchteten, es möchte auch an sie die Reihe kommen, ließen also Vieilleville um ihren Abschied bitten, denn sie konnten ohne diesen nicht aus den Toren kommen, da sie sehr gut besetzt waren. Er unterzeichnete ihn aber nicht, sondern ließ ihnen nur mündlich sagen: Sie könnten gehen, wohin sie wollten; dergleichen Aufrührer brauchte weder der König noch er. Sie machten sich sogleich auf und zogen zum Tor hinaus, hatten aber auch bei hundert Soldaten von ihrer Kompanie überredet, mitzugehen. Vieilleville erfuhr dieses und schickte sogleich ein Kommando nach und ließ alle niedermachen. Kaum durfte einer von den Legionnaires sich regen, so wurde er bei dem Kopf genommen und zwar waren ihre Hauswirte die ersten, welche die Schuldigen verrieten. Sie wurden dadurch so in Angst gebracht, dass sie nicht wussten, was sie tun sollten, bis man ihnen endlich riet, sich an den Schwiegersohn von Vieilleville, Herrn von Espinay, zu wenden, um ihre Verzeihung zu erhalten, welches auch geschah und Vieilleville ließ sie alle vor sich kommen, wo er ihnen noch eine große Strafpredigt hielt und sie sodann aufstehen hieß, denn sie lagen alle vor ihm auf den Knien. Diese Aussöhnung erregte eine große Freude, und das mit Recht, denn Vieilleville hatte schon die Idee, als er erfuhr, dass die Legionnaires unter dem Herrn von Sennecterre zehn Tage lang nicht auf die Wache gezogen und also die Stadt unbewacht gelassen, alle vor die Tore hinaus rufen, sie da umzingeln und zusammenschießen zu lassen. Vieilleville glaubte aber doch noch immer vorsichtig sein zu müssen und machte drei Monate lang die Runden in der Stadt immer selbst und das oft viermal die Woche. Einmal trifft er einen Legionnaire schlafend unter dem Gewehr an, den er sogleich mit den Worten niederstieß: Er tue ihm nichts zu leid, denn er ließe ihn da, wie er ihn gefunden und er solle wenigstens zum Exempel dienen, wenn er nicht zur Wache dienen wolle. 

Vieilleville, nachdem er alles in Ordnung gebracht hatte, nahm sich nun vor, den Deutschen Thionville abzunehmen und ließ sich deshalb in größter Eile und sehr geheim einen gewissen Hans Klauer von Trier kommen, dem er einmal das Leben geschenkt und den er als einen tüchtigen Kerl hatte kennen lernen. Diesen beschenkte er sogleich und suchte ihn zu seinen Projekten geschickt zu machen. Er versprach ihm noch überdies eine Kompanie deutscher Reiter in des Königs Sold zu verschaffen, wenn er nach Thionville ging, den ganzen Zustand des Orts und die Stärke der Besatzung bis auf das Maß der Gräben erforschte und ihm in acht Tagen Nachricht gäbe. Nur solle er morgens vor Tag aus einem, dem Weg nach Thionville entgegen gesetzten Tor gehen, an dem er sich selbst befinden wolle, um ihm zu sagen, was ihm allenfalls noch eingefallen wäre. 

Hans Klauer brachte ihm auch in acht Tagen einen so umständlichen Bericht von Thionville, dass Vieilleville über seinen Fleiß und Geschicklichkeit ganz erstaunt war und ihm sogleich eine Summe zustellte, mit der er nach Trier zurückgehen und eine Kompanie Reiter aufrichten sollte; doch sollte sie durchgängig nur aus geborenen Deutschen bestehen. Diesen Bericht über Thionville ließ Vieilleville durch seinen Sekretär Carloix sehr studieren und gleichsam auswendig lernen und schickte ihn zum König, damit er, wenn er vom Feind würde aufgefangen werden, desto leichter durchkäme. Dieser traf den König in Amiens* und berichtete ihm, dass Vieilleville in sieben Tagen Thionville wegzunehmen sich anheischig mache und da er wisse, dass alle Truppen nach Italien geschickt seien, so wolle er sechs Regimenter Landsknechte und sieben Kompanien Reiter in Deutschland werben lassen; auch habe er dazu durch seinen Kredit hunderttausend Livres irgendwo gefunden. Der König genehmigte alles sogleich, lobte Vieilleville sehr darüber, dass er immer wachsam und in seinem Dienst geschäftig sei, wies ihm die Einnahme der ganzen Provinz Champagne zu dieser Expedition an und ernannte ihn zum Generalleutnant der Armee in Champagne, Lothringen, dem Lande Messin und Luxemburg. Die Werbung in Deutschland ging so gut vonstatten, dass in kurzem die verlangten Regimenter marschieren konnten. 

Sobald Vieilleville dieses erfuhr, zog er mit seiner Besatzung aus Metz gegen Thionville, ließ die Truppen, welche zu Toul und Verdun in Besatzung lagen, zu ihm stoßen und eröffnete, zu nicht geringem Erstaunen des Grafen von Carebbe, der in Thionville kommandierte, die Belagerung dieser Stadt. Gegen Luxemburg schickte er sechs Kompanien zu Fuß, um von Thionville aus mit dem Grafen von Mesgue die Kommunikation zu verhindern. Jetzt kam auch seine Artillerie an, die er in seinem Arsenal zu Metz hatte zurichten lassen; sie bestand aus zwölf Kanonen von starkem Kaliber, aus zehn Feldschlangen von achtzehn Fuß Länge und auf andern leichten Stücken. Kurz darauf trafen auch die fremden Truppen ein und alles dieses zusammen machte eine gar artige kleine Armee aus, denn es waren nur allein sechs junge deutsche Prinzen aus den Häusern Lüneburg, Simmern, Württemberg u.a. dabei, die sich unter einem so großen Meister in den Waffen versuchen wollten. Die ganze Armee mochte ungefähr aus zwölftausend Mann bestehen. 

Unterdessen war der Herzog von Guise aus Italien zurückgekommen und da der Connetable bei St. Quentin gefangen war, zum Generalleutnant von ganz Frankreich ernannt worden. Dieser bekam Nachricht von der Armee des Vieilleville und schickte sogleich einen Kurier an ihn ab, der eben ankam, als die Artillerie anfangen sollte, gegen die Stadt zu spielen. Vieilleville bekam ein Schreiben, des Inhalts: Dass er warten möchte, indem der Herzog dabei sein und die Entreprise führen wollte, wie es ihm als Generalleutnant von Frankreich zukäme. 

Vieilleville war diese Dazwischenkunft höchst unangenehm; er ließ sich aber jedoch nichts merken und sagte dem Kurier, dass der Herzog von Guise willkommen sein und man ihm wie dem König gehorchen würde. Es wäre aber dem Unternehmen auf Thionville nichts so nachteilig als der Verzug und er sähe wohl voraus, dass die Verzögerung der Ankunft des Herzogs den Dienst des Königs bei dieser Sache nichts weniger als befördern würde. Der Kurier versicherte ihn, dass er in zehn Tagen hier sein würde. „Was“, sagte Vieilleville, „wenn er mir die Hände nicht gebunden hätte durch seinen Titel als Generalleutnant von ganz Frankreich, so stehe ich mit meinem Kopf dafür, ich wäre in zwei Stunden in Thionville und vielleicht in Luxemburg gewesen. Jetzt wird er vielleicht in drei Wochen nicht ankommen, und der Graf von Mesgue hat gute Zeit, sich in Luxemburg festzusetzen.“ 

Der Herzog von Guise kam auch wirklich erst in zwanzig Tagen an. Voraus schickte er den Großmeister der Artillerie nach Metz, um alles anzusehen. Dieser fand eine solche Ordnung und so hinreichende Maßregeln bei dieser Unternehmung, dass er öffentlich behauptete, der Herzog von Guise hätte wohl wegbleiben können und es müsse einen Mann von Ehre sehr verdrießen, wenn die Prinzen ihnen kein Glück gönnten und da, wo Ehre einzuernten sei, gleich kämen und ihnen die Frucht ihrer Mühe und Arbeit wegnähmen. Der Herzog hat gut hinunterschlucken, rief er endlich ganz entrüstet aus, denn er findet alles vorgekaut. Als der Herzog die ganze Artillerie musterte, riefen Offiziere zum großen Gelächter: „Nur fort, vor Thionville, wo wir alle sterben wollen; es ist schon lange, dass wir Sie erwarten.“ 

Nun sollte Kriegsrat gehalten werden, wo der Ort am besten anzugreifen sei. Vieilleville sagte, dass er nicht so lange gewartet, um dieses zu erfahren und er zeigte ein kleines Türmchen, wo er auf sein Leben versicherte, dass dieses der schwächste Ort der Stadt sei. Allein der Marschall von Strozzy antwortete, dass man vorher die Meinung der andern Befehlshaber hören müsse. Sie versammelten sich daher aufs Neue in der Wohnung des Herzogs. Als sie dahin gingen, nahm Herr von La Marc Vieilleville beiseite und sagte ihm, dass er in dem Kriegsrat nicht auf seiner Meinung bestehen solle, denn der Herzog und Strozzy hätten schon beschlossen, Thionville an einem andern Ort anzugreifen, damit er die Ehre nicht haben sollte; auch sei der Herzog sehr aufgebracht, dass Vieilleville den Titel eines Generalleutnants über diese Armee ausgewirkt habe, denn er behauptete, es könne nur einen einzigen geben und dieser sei er selbst. 

In dem Kriegsrat stellte Strozzy nun vor, dass die Stadt von der Seite des Flusses und nicht bei dem kleinen Turm müsse angegriffen werden, welcher Meinung auch alle Anwesenden beipflichteten, da sie Strozzy als einen vortrefflichen und erfahrenen Feldherrn ansahen. Der Herzog fragte jedoch auch Vieilleville darum, der dann antwortete: Wenn er das Gegenteil behauptete, müsse er das ganze Konzil widerlegen und er wolle sich nur dabei beruhigen, damit er in dem Dienst des Königs keinen Aufenthalt verursache. 

Nun wurden die Kanonen aufgepflanzt und so gut bedient, dass in kurzer Zeit über dem Fluss die feindliche Artillerie zerschmettert wurde und eine ansehnliche Bresche entstand; jetzt triumphierte schon der Herzog und Strozzy, und es wurde mit Verachtung von dem Plan Vieillevilles gesprochen. Ein Hauptsturm wurde angestellt, die Soldaten mussten durch den Fluss waten; allein sie wurden bald abgewiesen und konnten nicht einmal handgemein werden; denn es fanden sich Schwierigkeiten mancher Art, die man nicht vorausgesehen hatte. Der Herzog und Strozzy waren sehr verlegen darüber; um aber doch ihren Plan auszuführen, ließen sie mit unendlicher Mühe die Kanonen über den Fluss bringen, und es gelang ihnen, sie bei der Bresche aufzuführen. Jetzt aber entdeckten sie, woran der Marschall nicht gedacht hatte, einen breiten Graben von vierzig Fuß Tiefe; diesen beim Sturmlaufen hinunter und wieder heraufzukommen, war unmöglich und so geschah es sehr wunderbar, dass unsere Kanonen auf den Mauern standen und wir doch nicht in die Stadt konnten. 

Den sechzehnten Tag der Belagerung befahl Strozzy, auch die Feldschlangen über den Fluss zu bringen und die Stadt zusammen zu schießen. Er wagte sich selbst so weit, dass er eine Musketenkugel in den Leib bekam, woran er nach einer halben Stunde starb. Der Herzog stand neben ihm, diesem sagte er: „Beim Henker, mein Herr, der König verliert heute einen treuen Diener und Eure Gnaden auch.“ Der Herzog erinnerte ihn, an sein Heil zu denken und nannte ihm den Namen Jesus. „Was für einen Jesus führt Ihr mir hier an? Ich weiß nichts von Gott – mein Feuer ist aus“ – und als der Prinz seine Ermahnungen verdoppelte und ihm sagte, dass er bald vor Gottes Angesicht sein werde, antwortete er: „Nun beim T-! Ich werde da sein, wo alle anderen sind, die seit sechstausend Jahren gestorben“, und mit diesen Worten verschied er. So endigte sich das Leben eines Mannes, der keine Religion hatte, wie er schon den Abend vorher, da er bei Vieilleville speiste, zu erkennen gab, als er anfing, zu fragen: „Und was machte Gott, ehe er die Welt schuf?“, worauf Vieilleville ganz bescheiden sagte: „Dass nichts davon in der heiligen Schrift stehe, und da, wo sie nichts sagte, man auch nicht weiter forschen solle.“ – „Es ist eine ganz artige Sache“, sagte Strozzy darauf, „diese heilige Schrift und sehr wohl erfunden, wenn sie nur wahr wäre“; worauf Vieilleville sich stellte, als wenn er die Kolik hätte, und hinaus ging und ein Gelübde tat, mit einem solchen Atheisten* niemals etwas zu tun zu haben. 

Jetzt wendete sich der Herzog an Vieilleville, erinnerte ihn an sein Versprechen, das er dem König getan, Thionville in sieben Tagen einzunehmen und bat ihn, alles so auszuführen, wie er es für gut finde; er wolle sich in nichts mehr mengen. Nun fing Vieilleville mit unermüdetem Fleiß auf seiner Seite die Tranchen an, ließ Artillerie von Metz kommen und schon den dritten Tag wurde das kleine Türmchen zusammengeschossen; den sechsten wagte man einen Generalsturm, Vieilleville an der Spitze, allein er wurde abgeschlagen und es blieben viele Leute dabei, unter andern auch Hans Klauer. Vieilleville wurde der Kamm oben an seinem Helm weggeschossen; nach einer kurzen Erholung aber nahm er neue Truppen und setzte den Sturm so heftig fort, dass er mit dreißig Mann in die Stadt drang; Carebbe erschrak darüber und kapitulierte sogleich. Die ganze Garnison und alle Einwohner mussten den andern Morgen aus der Stadt ziehen und es war erbärmlich anzusehen, wie Greise, Väter und Kinder, Kranke und Verwundete ihre Heimat verließen. Jedermann hatte Bedauern mit ihnen: Nur der Herzog von Guise blieb hart dabei. In Thionville wurden nun französische Untertanen gesetzt, an welche die Häuser verkauft wurden; das daraus gelöste Geld stellte Vieilleville teils dem königlichen Schatzmeister zu, teils belohnte er damit seine Soldaten, die ihm bei der Belagerung gute Dienste geleistet hatten. Er selbst behielt nichts davon, ob er gleich das größte Recht daran hatte. 

Er vermutete immer, der König von Spanien werde vor Thionville kommen und war fest entschlossen, diese Stadt zu behaupten, indem er es sich zur Ehre rechnete, gegen einen so mächtigen Monarchen, den Sohn Kaiser Karls V., zu fechten. Allein der König von Spanien zog mit einem beträchtlichen Heer gegen Amiens*, der König von Frankreich ihm entgegen und schickte Vieilleville deswegen den Befehl, ihm so viel Truppen als möglich zuzuschicken. Beide Heere, jedes von sechzigtausend Mann, standen jetzt gegeneinander; beide Könige wünschten den Frieden, aber keiner wollte die ersten Vorschläge tun.

Vieilleville, der diese Verlegenheit in der Ferne merkte, schickte in der größten Stille und ohne jemandes Wissen einen sehr kühnen und beredten Mönch zum König von Spanien; dieser musste ihm, als aus Eingebung Gottes, vom Frieden reden. Er wurde gnädig angehört und ihm aufgetragen, eben diese Eingebungen dem König von Frankreich vorzutragen und so wurde die Negotiation angefangen, wofür der König Vieilleville den größten Dank schuldig zu sein glaubte, indem er auch hier durch seine Klugheit aus der Ferne hergewirkt und so vieles Blut geschont habe, das durch eine Schlacht würde vergossen worden sein. 

Nachdem nun der Friede geschlossen worden, wünschte der König Vieilleville zu sprechen und er wurde beordert, an den Hof zu kommen, wo er sehr gut empfangen wurde; besonders gefiel es der Königin sehr wohl, dass er nach der Belagerung von Thionville unter die deutschen Prinzen und Feldherren goldene Medaillen verteilt habe, auf deren einer Seite des Königs und auf der andern Seite der Königin Brustbild vorgestellt war, und dieses letztere so gleichend, dass auch der berühmteste Künstler im Porträtieren damaliger Zeit, namens Janet, dieses gestehen musste. Der König unterhielt sich oft und viel mit Vieilleville und kam selbst darauf zu reden, dass der Herzog von Guise das Unternehmen auf Luxemburg und die schnelle Eroberung von Thionville gehemmt habe. Auch fragte er nach dem kläglichen Ende des Marschalls Strozzy, wo aber Vieilleville als feiner Hofmann antwortete, dass man hier die Gnade Gottes obwalten lassen müsse und es nicht schicklich sein würde, dieses weiter zu verbreiten. Strozzy war nämlich nahe mit der Königin verwandt. Bei dieser Gelegenheit bekam Vieilleville das Brevet als Marschall von Frankreich und der König machte ihm den Vorwurf, warum er ihm nicht sogleich um diese Charge geschrieben habe, als Strozzy gestorben, wo er sie dann gewiss ihm und nicht dem Herrn von Thermes würde gegeben haben. Vieilleville antwortete darauf: Dass er seinem König nicht zugemutet hätte, solange der Feldzug dauerte, diese Charge zu besetzen, indem alle, die darauf Anspruch machten, sich hervortun würden, um sie zu verdienen, hingegen von der Armee abgehen würden, wenn die Ernennung geschehen sei; wie dies auch wirklich nach der Ernennung des Herrn von Thermes der Fall war, wo zehn bis zwölf Große mit fast zweitausend Pferden die Armee verließen. 

Der König wünschte, dass Vieilleville den Friedensunterhandlungen mit Spanien in Chateau Cambresis beiwohnte, welches er auch tat und durch seine weisen Ratschläge es in kurzem so weit brachte, dass sie den 7. April 1559 abgeschlossen wurden, mit welcher Nachricht er selbst an den König geschickt wurde. Der König erklärte bei dieser Gelegenheit, dass Frankreich und ganz Europa, nach Gott, diesen Frieden niemand als ihm schuldig sei, denn durch den Mönch habe er den ersten Anstoß geben lassen. Der Schatzmeister musste vierzehn Säcke, jeden mit tausend Talern, bringen, wovon der König ihm zehn und seinem Schwiegersohn und Neffen, Espinay und Thevalles, vier schenkte. 

Kurz darauf trafen die spanischen Gesandten in Paris ein; es befanden sich dabei außer dem Herzog von Alba fünfzehn bis zwanzig Prinzen, denen einen ganzen Monat lang große Fêten gegeben wurden. Während derselben suchte der Kardinal von Lothringen den König zu überreden, eine Sitzung im Parlament zu halten und ein Mercuriale daselbst anzustellen. Es hat dies den Namen von dem Mittwoch (Dies Mercurii), weil an diesem Tag sich alle Präsidenten und Räte, gegen hundert bis hundertundzwanzig Personen, in einem großen Saal versammeln, um über die Sitten und sowohl öffentliche als Privatlebensart dieses Gerichtshofes Untersuchung anzustellen. Der König sollte bei einer solchen Gelegenheit durch seinen Generalprokurator vortragen lassen, dass unter ihrem Korps manche sich befänden, deren Glauben verdächtig sei und die der falsche Lehre Luthers anhingen; man könne es schon daraus schließen, dass alle, die der Ketzerei beschuldigt würden, los gesprochen und kein einziger zum Tod verdammt würde. „Und sollte dieses“, setzte der Kardinal hinzu, „auch nur dazu dienen, dem König von Spanien zu zeigen, dass Ew. Majestät fest am Glauben halten und dass Sie in Ihrem Königreich nichts dulden wollen, was Ihrem Titel als Allerchristlichster König* entgegen ist. Es würde den Prinzen und Großen Spaniens, die den Herzog von Alba hierher begleitet haben, um die Heirat ihres Königs mit Ew. Majestät Tochter zu feiern, ein sehr erbauliches Schauspiel sein, ein halbes Dutzend Parlamentsräte auf öffentlichem Platz als lutherische Ketzer verbrennen zu sehen.“ Der König verstand sich zu einer solchen Sitzung und bestimmte sie gleich auf den andern Tag. 

Vieilleville, der, als erster Kammerjunker, in des Königs Kammer schlief, sagte der König, was er vorhabe, worauf jener antwortete, dass der Kardinal und die Bischöfe dieses wohl tun könnten, für Se. Majestät schicke es sich aber nicht; man müsse den Priestern überlassen, was nur eine Priestersache sei. Da der König dem ungeachtet bei seinem Vorhaben blieb, erzählte ihm Vieilleville, was einstmals zwischen König Ludwig XI. und dem Marschall von Frankreich, Johann Rouault, vorgefallen. Ludwig XI., bei welchem der Bischof von Angiers sehr in Gnaden stand, befahl diesem, nach Lyon zu gehen und die sechstausend Italiener in Empfang zu nehmen, die man ihm als Hilfstruppen zuschickte. Der Marschall, der zugegen war und es übel aufnahm, dass man nicht an ihn dachte, stellte sich gleich darauf dem König mit dreißig bis fünfzig Edelleuten gestiefelt und gespornt vor und fragte ganz trotzig, ob Se. Majestät nichts nach Angiers zu befehlen habe? Der König fragte, was ihn so schnell und unvermutet dahin führe? Der Marschall antwortete, dass er dort ein Kapitel zu halten und Priester einzusetzen habe, indem er eben sowohl den Bischof vorstellen könne, als der Bischof den General vorstelle. Der König schämte sich darüber, dass er die Ordnung so umgekehrt, ließ den Bischof, der schon auf der Reise war, wieder zurückrufen und schickte den Marschall nach Lyon. Ebenso, fuhr Vieilleville fort, müsste der Kardinal, wenn Ew. Majestät die Geschäfte eines Theologen oder Inquisitors versähen, uns Soldaten lehren, wie man die Lanze bei Turnieren fällt, wie man zu Pferde sitzen muss, wie man salutiert und rechts und links ausbeugt. Überdies wollten Ew. Majestät die Freude mit der Traurigkeit paaren? Denn letzteres würde der Fall sein, wenn solche blutige Hinrichtungen während der Hochzeitfeierlichkeiten vorfielen.

Der König nahm sich hierauf vor, nicht hinzugehen. Der Kardinal erfuhr es sogleich und da er in der Nacht den König nicht sprechen konnte, versammelte er die ganze Geistlichkeit den andern Morgen mit dem Frühesten bei dem König und machte ihm die Hölle so heiß, dass er glaubte schon verdammt zu sein, wenn er nicht hinginge und der Zug setzte sich sogleich in Marsch. Bei der Sitzung selbst verteidigte einer der angeklagten Räte Anne du Bourg seine Religion mit solchem Eifer und Festigkeit, dass der König sehr aufgebracht wurde; auch hörte er, als er durch die Straßen zurückging, vieles Murren, so dass er nachher gestand, wie es ihn sehr gereue, den Rat des Vieilleville nicht befolgt zu haben. 

Den ersten Juni 1559 eröffnete der König das große Turnier, mit welchem die Vermählung der Prinzessin Elisabeth mit Philipp II. gefeiert wurde und die Spanier zeigten sich bei dieser Gelegenheit besonders ungeschickt. Vieilleville hob sogar, was noch nie gehört worden, einen Spanier, der gegen ihn rannte, aus dem Sattel und warf ihn über die Schranken mit einer unglaublichen Leichtigkeit und Geschicklichkeit. Um einigermaßen von diesen körperlichen Anstrengungen in den Turnieren auszuruhen, ging die Hochzeit der Madame Elisabeth mit dem König von Spanien, in dessen Namen der Herzog von Alba sie heiratete, vor. Die friedlichen Feierlichkeiten dauerten gegen acht Tage; der König brach sie ab, weil er leidenschaftlich das Turnieren liebte und dieses wieder anfangen wollte. 

Vieilleville riet dem König davon ab, indem sich die französische Noblesse schon hinreichend gezeigt hätte, es jetzt auch Zeit sei, an die Hochzeit des Herzogs von Savoyen mit Madame Margaretha, seiner Schwester, zu denken. Der König antwortete darauf, dass erst gegen Ende des Julius alles dazu bereit sein könne, indem er Piemont, Savoyen und mehrere andere Besitzungen bei dieser Gelegenheit abtreten wolle. Vieilleville war ganz erstaunt darüber und sagte dem König offenherzig, wie er nicht begreifen könne, wegen einer Heirat Länder wegzugeben, die Frankreich mehr als vierzig Millionen und hunderttausend Menschen gekostet hätten. Einer königlichen Prinzessin gäbe man höchstens hundertundfünfzigtausend Taler mit und wenn auch Madame Margaretha ihr Leben in einer Abtei* endigte, so würde dieses nicht der erste und letzte Fall bei einer königlichen Prinzessin sein, die ohnedem schon vierzig Jahr alt sei. Der Connetable, der dieses alles statt seiner Ranzion verhandle, übe sein Recht wohl aus, denn man sage gewöhnlich, dass in einer großen Not ein Connetable den dritten Teil vom Königreich versetzen dürfe. 

Auf diese und mehrere Vorstellungen verwünschte der König die Stunde, dass er nicht mit Vieilleville von dieser Sache gesprochen und es sei jetzt zu spät; er würde sich aber an den Connetable halten, der ihn zu diesen Schritten verleitet habe. Kurz darauf trat ein Edelmann herein und brachte dem König die abgeschlossenen Artikel, worin bemerkt war, dass Frankreich das Marquisat Saluzzo behielte. Als der König dieses gelesen hatte, teilte er die Nachricht sogleich Vieilleville mit, mit der Äußerung, dass sein Vater Unrecht gehabt, einen Fürsten seiner Länder zu berauben und dass er als guter Christ und um die Seele seines Vaters zu retten, die Länder dem Herzog von Savoyen gerne herausgäbe. Wie Vieilleville sah, dass der König hier die Frömmigkeit und das Christentum ins Spiel brachte und seinen Vater sogar der Tyrannei beschuldigte, schwieg er, und es reute ihn, nur so viel gesagt zu haben. 

Den letzten Junius 1559 wurde des Morgens ein großes Turnier auf den Nachmittag angesagt. Nach der Tafel zog sich der König aus und befahl Vieilleville, ihm die Waffen anzulegen, obgleich der Oberstallmeister von Frankreich, dem dieses Geschäft zukam, zugegen war. Als Vieilleville ihm den Helm aufsetzte, konnte er sich nicht entbrechen, zu seufzen und zu sagen, dass er nie etwas mit mehr Widerwillen getan. Der König hatte nicht Zeit, ihn um die Ursache zu fragen, denn indem trat der Herzog von Savoyen herein. Das Turnier fing an. Der König brach die erste Lanze mit dem Herzog, die zweite mit dem Herrn von Guise, endlich kam zum dritten der Graf von Montgomery, ein großer, aber steifer, junger Mensch, der seines Vaters, des Grafen von Sorges und Kapitän von der Garde, Leutnant war. Es war die letzte, die der König zu brechen hatte. Beide trafen mit vieler Geschicklichkeit aufeinander und die Lanzen brechen. Jetzt will Vieilleville des Königs Stelle einnehmen, allein dieser bittet ihn, noch einen Gang mit Montgomery zu machen, denn er behauptete, er müsse Revanche haben, indem er ihn wenigstens aus dem Bügel gebracht habe. Vieilleville suchte den König davon abzubringen, allein er bestand darauf. „Nun, Sire“, rief Vieilleville aus, „ich schwöre bei Gott, dass ich drei Nächte hindurch geträumt habe, dass Eurer Majestät heute ein Unglück zustoßen und dieser letzte Junius Ihnen fatal sein wird.“ Auch Montgomery entschuldigte sich, dass es gegen die Regel sei; allein der König befahl es ihm und nun nahm er eine Lanze. Beide stießen jetzt wieder aufeinander und brachen mit großer Geschicklichkeit ihre Lanzen. Montgomery aber warf ungeschickter Weise den gesplitterten Schaft nicht aus der Hand, wie es gewöhnlich ist und traf damit im Rennen den König an den Kopf gerade in das Visier, so dass der Stoß in die Höhe ging und das Auge traf. Der König ließ die Zügel fallen und hielt sich am Hals des Pferdes; dieses rannte bis auf Ziel, wo die zwei ersten Stallmeister, dem Gebrauch gemäß, hielten und das Pferd auffingen. Sie nahmen ihm den Helm herunter und er sagte mit schwacher Stimme, er sei des Todes. Alle Wundärzte kamen zusammen, um den Ort des Gehirns zu treffen, wo die Splitter stecken geblieben, aber sie konnten ihn nicht finden, obgleich vier zum Tod verurteilten Missetätern die Köpfe abgeschlagen wurden, Versuche daran anzustellen, indem man Lanzen daran abstieß. 

Den vierten Tag kam der König wieder zu sich und ließ die Königin rufen, der er auftrug, die Hochzeit doch sogleich vollführen zu lassen und Vieilleville, der schon das Brevet als Marschall von Frankreich hatte, wirklich dazu zu machen. Die Hochzeit ging traurig vor sich, der König hatte schon die Sprache verloren und den Tag darauf, den 10. Julius 1559, gab er den Geist auf. Vieilleville verlor an ihm einen Herrn, der ihn über alles schätzte und ihn sogar zum Connetable einst würde ernannt haben, wie er sich schon hatte verlauten lassen. In den letzten Zeiten hatte er ihm, um ihn immer um sich zu haben, sein Departement von Metz abgenommen und es dem Herrn von Espinay gegeben; Vieilleville aber war Gouverneur von Isle de France geworden. 

Die unrechtmäßige Gewalt, deren sich die Guisen nach dem Tod Heinrichs II. anmaßten, verursachte die bekannte Verschwörung von Amboise. Ein gewisser la Renaudie versicherte sich dreißig erfahrner Kapitäne und legte um den Aufenthalt des jungen Königs fünfhundert Pferde und vieles Fußvolk herum, in der Absicht, die Guisen gefangen zu nehmen und dem König seine Freiheit zu geben. Es wurde dieses auch klar am Hof und die Nachricht beunruhigte den König und die Guisen sehr. Vieilleville sollte an dieses Korps geschickt werden, um sie zu fragen, ob sie die Franzosen um den Ruhm und die Ehre bringen wollten, unter allen Nationen ihrem Fürsten am treusten und gehorsamsten zu sein? Dieser Auftrag setzte Vieilleville in einige Verlegenheit. Er selbst war von der widerrechtlich angemaßten Gewalt der Guisen überzeugt und wollte sich zu einer Gesandtschaft nicht brauchen lassen, wo er gegen seine Überzeugung reden musste; durch eine feine Wendung überhob er sich derselben, indem er dem König antwortete: „Da der Fehler dieses Korps, an das Ew. Majestät mir die Ehre antun wollen, mich zu schicken, so groß ist, dass es eine wahre Rebellion genannt werden kann, so würden sie mir nicht glauben, wenn ich ihnen Verzeihung verkündigte. Es muss dieses ein Prinz tun, damit sie versichert sind, es sei dieses ein königliches Wort, das Eure Majestät schon um dessentwillen, der es überbracht hat, nicht zurücknehmen werden.“ 

Vieilleville hatte richtig geurteilt; er wurde mit diesem Auftrag verschont und der Herzog von Nemours, der an die Rebellen geschickt wurde, hatte den Verdruss, dass die fünfzehn Edelleute, die auf des Königs und sein Wort ihm gefolgt waren, sogleich gefangen und in Fesseln geworfen wurden. Auf alle Beschwerden, welche der Herzog deshalb vorbrachte, antwortete der Kanzler Olivier immer, dass kein König gehalten sei, sein Wort gegen Rebellen zu halten. Diese fünfzehn Edelleute wurden durch verschiedene Todesarten hingerichtet und sie beschwerten sich alle nicht sowohl über ihren Tod, als über die Treulosigkeit des Herzogs von Nemours. Einer von ihnen, ein Herr von Castelnau, warf ihm sogar diese Wortbrüchigkeit noch auf dem Schafott vor, tauchte seine Hände in das rauchende Blut seiner soeben hingerichteten Kameraden, erhob sie gen Himmel und hielt eine Rede, die alle bewegte und bis zu Tränen rührte. Der Kanzler Olivier selbst, der sie zum Tod verdammt hatte, wurde so sehr dadurch betroffen, dass er krank nach Hause kam und einige Tage darauf starb. Kurz vor seinem Ende besuchte ihn der Kardinal von Lothringen selbst, dem er, als er wegging, nachrief: „Verdammter Kardinal, dich bringst du um die Seligkeit und uns mit dir!“ 

Hingegen konnte Vieilleville den Auftrag nicht ausschlagen, nach Orleans zu gehen, um hier den Rest der Verschwornen zu zerstreuen. Er tat dieses mit so viel Klugheit und Eifer, dass es ihm gelang, sechshundert Mann zu überfallen und so niederzumachen; die Gefangenen, worunter der Kapitän war, ließ er aber los, weil es ihm unmenschlich schien, Leute von Ehre, die ihren Dienst als brave Soldaten verrichteten, eines schmählichen Todes sterben zu lassen, welche Strafe ihnen gewiss war, wenn er sie würde eingeliefert haben. 

Dieses glücklich ausgeführte Unternehmen setzte Vieilleville in große Gunst bei dem König und den Guisen. Es wurde ihm kurz darauf eine andere Expedition nach Rouen aufgetragen, wo die Reformierten unruhig gewesen waren. Er hatte fürchterliche Instruktionen dabei erhalten, denn ihm stand es frei, nicht nur die umbringen zu lassen, die bei diesem Aufstand die Waffen genommen, sondern auch sogar die, die ein Wohlgefallen daran gehabt. Vieilleville, der sieben Kompanien Gendarmes bei sich hatte, ließ den größten Teil seiner Leute zurück und kam nach Rouen nur mit hundert Edelleuten, entwaffnete sogleich die Bürgerschaft, ließ ohne Ansehen der Religion dreißig der Hauptrebellen greifen und ihnen den Prozess machen, befahl aber ausdrücklich, dass man in dem Urteil nichts von der Religion sagen, sondern sie nur als Rebellen gegen den König verdammen sollte. Auf diese Art stellte Vieilleville die Ruhe her und schonte den Parteigeist, der ohne Zweifel noch lauter würde erwacht sein, wenn er nur die Reformierten bestraft hätte. 

Der Hof hielt sich in Orleans auf, als er wieder zurückkam, und eben damals war der Prinz von Condé, Bruder des Königs von Navarra, gefangen genommen worden. Um Vieilleville zu prüfen, was er darüber dächte, befahl ihm der König, den Prinzen zu besuchen. Vieilleville war aber schlau genug, dieses zu merken und sagte, dass er um das Leben nicht hingehen würde, denn er habe einen natürlichen Abscheu gegen alle Ruhestörer. Zugleich riet er aber dem König, den Prinzen in die Bastille nur zu schicken, indem es Sr. Majestät zum großen Vorwurf gereichen würde, einen Prinzen von Geblüt, wenn er dem König nicht nach dem Leben gestrebt, hinrichten zu lassen. Der König nahm diesen Rat sehr wohl auf und gestand nachher Vieilleville selbst, dass er ihn auf die Probe gesetzt habe. 

Die Uneinigkeiten zwischen dem König von Navarra auf der einen Seite, und dem König und den Guisen auf der andern, wurden indessen immer größer; der König von Navarra wurde am Hof mit einer Geringschätzung behandelt, die jedermann, nur die Guisen nicht, bewegte. Vieilleville forderte in diesen Zeiten die Erlaubnis, in sein Gouvernement zurückzukehren; allein besonders die Königin drang darauf, dass er bliebe. Man wollte ihn in diesen kritischen Zeiten am Hof haben, um seine Ratschläge, die immer sehr weise waren, zu benutzen und dann hatte man ihn auch ausersehen, nach Deutschland zu reisen, um den mit dem König verbündeten Kurfürsten und Fürsten des Reichs die Verhältnisse mit dem König von Navarra und seinem Bruder vorzustellen, damit der Hof nicht im unrechten Licht erschiene. 

Allen diesen Uneinigkeiten machte der Tod Königs Franz II. ein Ende, der den 5. Dezember 1560 erfolgte. Jetzt wendete sich alles an den König von Navarra und selbst die Königin, die als Vormund des jungen sechzehnjährigen Königs Karls IX. mitregierte, ernannte denselben zum Generalleutnant des Reichs. Eine weise Maßregel, um die verschiedenen Religionsparteien, die sehr unruhig zu werden anfingen, zufrieden zu stellen. Vieilleville hatte sie der Königin angeraten. Beide Guisen entfernten sich bei diesen ihnen ungünstigen Umständen; der Kardinal ging auf seine Abtei* und der Herzog nach Paris, wo er viele Anhänger hatte. Hier schmiedete er mit seinen Anhängern, dem Connetable von Montmorency, dem Marschall von St. André und andern, seine Pläne, die Lutheraner zu vertilgen; und dieses ist die Quelle, aus der alle Unruhen entstanden, die hernach das Königreich verwüsteten. Da jetzt Vieilleville sah, dass der König von Navarra und die Königin gut miteinander standen, drang er darauf, in sein Gouvernement zurückzukehren, welches man ihm auch endlich gestattete. Er war aber nicht lange in Metz, so wurde er vor vielen andern ausersehen, nach Deutschland als außerordentlicher Gesandter zu gehen, um dem Kaiser und den Fürsten die Thronbesteigung des jungen Königs bekannt zu machen. 

Vieilleville unternahm sogleich die Reise in Begleitung von sechzig Pferden. Zuerst begab er sich zum Kurfürsten von Bayern nach Heidelberg, von da nach Stuttgart zum Herzog von Württemberg, dann nach Augsburg und von dieser Stadt nach Weimar, wo Vieilleville vom Herzog Johann Friedrich und Johann Wilhelm sehr wohl empfangen wurde. Er überbrachte ihnen ihre Pension, welche Heinrich II. ihnen als Nachkömmlingen Karls des Großen zugesichert hatte, jedem zu viertausend Talern jährlich. Von Weimar reiste Vieilleville nach Ulm; von da wollte er nach Kassel, allein man widerriet es ihm, weil die Wege so gar schlecht wären. Von Wien ging es nach Frankfurt, von da nach Prag und von Prag, nach einer seltsamen Reiseroute, nach Mainz und nun wieder über Koblenz, Trier nach Metz. 

Überall wurde Vieilleville mit großen Ehrenbezeugungen aufgenommen und besonders wohl ging es ihm in Wien. Gleich bei der ersten Audienz beim Kaiser Ferdinand I. sagte dieser: „Sein Sie mir willkommen, Herr von Vieilleville, ob Sie mir gleich Ihr Gouvernement von Metz und die übrigen Reichsstädte, welche Frankreich dem deutschen Reich entzogen, nicht überbringen; ich hoffte lange, Sie zu sehen.“ Der Kaiser nahm ihn sogleich mit in sein Zimmer, wo sie zwei Stunden ganz allein beieinander waren. Bei dieser Gelegenheit wunderte sich Vieilleville, dass sie ganz allein ins Zimmer kamen, indem es in Frankreich ganz anders war, wo die Franzosen ihrem Herrn fast die Füße abtreten, um überall in Menge hinzukommen, wo er hingeht. Vieilleville bemerkte ferner und dieses sogar gegen den Kaiser, wie es ihn befremdete, nach Wien gekommen zu sein mit fünfzig bis sechzig Pferden und von niemand befragt zu werden, woher er käme oder wer er wäre; wie gefährlich dieses sei, da ein Pascha nur dreißig Stunden von der Stadt liege. Der Kaiser befahl sogleich, an jedes Tor starke Wachen zu legen; doch schränkte er den Befehl, auf Anraten Vieillevilles, um den Pascha nicht aufmerksam zu machen, darauf ein, auf den höchsten Turm einen Wächter zu setzen, der immer auf jene Gegend Acht geben und jede Veränderung mit einigen Schlägen an der Glocke anzeigen sollte. Der Kaiser wollte, dass dieses Vieillevilles Wache ihm zu Ehren auf immer heißen sollte. Bei einem großen Diner, welches der Kaiser gab, sah Vieilleville die Prinzessin Elisabeth, des römischen Königs Maximilians Tochter und Nièce des Kaisers. Ihm fiel sogleich der Gedanke bei, dass diese schöne Prinzessin der König sein Herr zur Gemahlin wählen solle und er nahm es auf seine Gefahr, nach aufgehobener Tafel mit dem Kaiser davon zu sprechen, dem dieser Antrag sehr gefiel und den auch der König von Frankreich mit vielen Freuden, als Vieilleville bei seiner Rückkehr nach Frankreich davon sprach, annahm. 

Vieilleville war jetzt wieder in Metz angelangt und gedachte einige Tage auszuruhen, als ein Kurier vom Hof kam, der ihm Nachricht brachte, dass er nach England als Gesandter würde gehen müssen. Er reiste sogleich nach Paris ab und hier erhielt er bald seine Abfertigung, um übers Meer zu gehen. Die Absicht seiner Reise war hauptsächlich, dem Kardinal von Chatillon entgegen zu arbeiten, der bei der Königin Elisabeth für die Hugenotten unterhandeln wollte. Vieilleville wusste es bei der Königin, die am Anfang sehr gegen seinen Auftrag war, so gut einzuleiten, dass, als der Kardinal von Chatillon nach London kam, er zu keiner Audienz bei der Königin vorgelassen wurde. Indessen wurden die Unruhen in Frankreich immer größer, der Prinz von Condé belagerte Paris, er musste jedoch diese Belagerung bald aufgeben und bald darauf fiel die Schlacht von Dreux vor, wo der Herzog von Guise den schon siegenden Prinzen völlig aufs Haupt schlug. Der Marschall von St. André hatte die Avantgarde des Königs kommandiert, war zu dem Herzog von Guise gestoßen und verfolgte nur mit vierzig oder fünfzig Pferden die Flüchtlinge. St. André stößt auf einen Kapitän der leichten Kavallerie, namens Bobigny, der mit einem Trupp davon floh. Man ruft sich einander an, der Marschall antwortet zuerst und nennt sich. Bobigny fällt über seine Truppen her, macht sie nieder und nimmt den Marschall gefangen. Dieser Kapitän war ehedem in des Marschalls Diensten gewesen, hatte aber einen Stallmeister erstochen. St. André ließ ihm den Prozess machen und, da er nach Deutschland ausgewichen war, im Bildnis aufhängen. Jetzt bat der Marschall, ihn nach Kriegsgebrauch zu behandeln und das Vergangene zu vergessen. Indessen entwaffnete Bobigny den Marschall und ließ sich sein Wort geben, bei ihm als Gefangener zu bleiben. So ritten sie fort, als der Prinz von Porcian von der Condéschen Partei kam, diesen Gefangenen sah und ihm die Hand gab. Der Marschall bot sich ihm sogleich als Gefangener an und der Prinz suchte ihn den Händen Bobignys zu entziehen. Allein dieser setzte sich zur Wehr und da alles darüber schrie, wie dies ungerecht sei, dass ein Prinz einem Geringern seinen Vorteil rauben wollte, ließ Porcian davon ab. Kaum war Bobigny tausend oder zwölfhundert Schritte vom Prinzen entfernt, so wendete er sich zu dem Marschall mit den Worten: „Du hast mir durch deine schlechte Denkungsart zu erkennen gegeben, wie ich dir nicht trauen kann; du hast dein Wort gebrochen. Du wirst mich ruinieren, wenn du wieder los kommst. Du hast mich im Bild hängen lassen, mein Vermögen eingezogen und es deinen Bedienten gegeben; du hast mein ganzes Haus ruiniert. Die Stunde ist gekommen, wo dich Gottes Urteil trifft“, und hiermit schoss er dem Marschall eine Kugel vor den Kopf. Die Nachricht vom Tod eines Marschalls von Frankreich trübte in Paris den Sieg der Katholiken ein wenig, besonders war Vieilleville untröstlich darüber. Es wurde ihm sogleich das Brevet eines Marschalls von Frankreich überbracht, er wies es aber ab. Der Kanzler von Frankreich selbst begab sich zu ihm; mehrere Prinzen baten ihn, die Stelle anzunehmen, er schlug es aus. Er wollte nicht einer Person in ihrer Stelle folgen, die er so über alles geliebt hatte. Der König, entrüstet über dieses Ausschlagen, ging selbst zu Vieilleville; er fand ihn trostlos auf dem Bett liegen und befahl ihm, den Marschallsstab anzunehmen. Vieilleville, gerührt über diese Gnade, konnte sich nicht länger weigern; er fiel seinem König zu Füßen und empfing aus seinen Händen das Brevet. 

Einige Zeit nachher wurde Vieilleville nach Rouen geschickt, weil man nicht genug Zutrauen in die Fähigkeiten des dortigen Kommandanten, Herrn von Villebon, setzte und doch zu besorgt war, dass der Admiral Coligny auf diese Stadt losgehen möchte. Dieser Villebon war zwar ein Verwandter von Vieilleville; allein er führte sich sehr unfreundschaftlich gegen ihn auf und unterließ bei jeder Gelegenheit, seine Schuldigkeit zu tun. Folgende Gelegenheit gab zu ernsten Auftritten Anlass. 

Man hatte in Rouen eine Magistratsperson, reformierter Religion, entdeckt, die sich heimlich in die Stadt zu schleichen und vergrabenes Geld wegzubringen gewusst hatte. Dieses wurde entdeckt und der Gouverneur Villebon ließ diesen Mann auf öffentlicher Straße niedermachen und seinen Körper zum allgemeinen Ärgernis misshandelt da liegen. Niemand traute sich, ihn, als einen Ketzer, anzurühren. Vieilleville erfuhr dieses, war sehr darüber aufgebracht und befahl sogleich, ihn zur Erde zu bestatten. Das Geld, welches Boisgyraud bei sich gehabt hatte, war bei dem Gouverneur verschwunden; Villebon, dem nicht wohl zumute war, schickte eine seiner Kreaturen, einen Parlamentsrat, zu dem Marschall, um zu erforschen, was Vieilleville wohl wegen des Geldes im Sinn hätte. Kaum war dieser aber vor den Marschall gekommen, als er ihn so hart anließ, dass er vor Bosheit weinte, und als er sich auf seine Parlamentsstelle berief, wollte ihn Vieilleville sogar zum Fenster hinaus werfen lassen. Dieser Rat ging darauf zu Villebon und sagte ihm, dass der Marschall von ihm gesagt habe, wie er unwürdig wäre, Kommandant der Stadt zu sein. Villebon, aufgebracht über diese falsche Nachricht, ging fünf oder sechs Tage nicht zu Vieilleville. Sie sehen sich endlich in der Kirche, grüßen einander, und der Marschall nimmt ihn zum Essen mit nach Hause. Nach Tisch fängt Villebon von der Sache an; der Marschall saß noch und bat ihn, die Sache ruhen zu lassen. Villebon aber wird hitzig, sagt, dass alle die, welche behauptet, er sei seiner Stelle unwürdig, in ihren Hals hinein gelogen. Der Marschall springt darüber auf und gibt ihm einen Stoß, dass er ohne den Tisch zur Erde gestürzt wäre. Villebon zieht den Degen, der Marschall den seinigen. In dem Augenblick fliegt die Hand von Villebon und ein Stück des Arms zu Boden. Alles war erstaunt; Villebon fiel zur Erde nieder, man brachte ihn fort. Vieilleville erlaubte nicht, dass man die Hand fort trug. „Hier soll sie liegen bleiben, denn sie hat mir in den Bart gegriffen.“ 

Indessen verbreitete sich das Gerücht, der Gouverneur sei so zurichtet worden, weil er ein Feind der Hugenotten sei; das Volk läuft zu den Waffen und belagerte den Ort, wo Vieilleville wohnte. Dieser hatte aber schon vorläufig Anstalten getroffen. Alle, die hereinbrechen wollten, wurden gut empfangen und ihrer viele getötet. Und da endlich auch ein großer Teil der Soldaten in Rouen auf die Seite des Marschalls trat und zur Hilfe herbeimarschierte, zerstreute sich bald alles, obgleich noch viele Versuche gemacht wurden, die Belagerung aufs Neue anzufangen. Nach und nach kam die Kavallerie an, die vor Rouen auf den Dörfern lag und so wurde alles ruhig. Jedermann fürchtete sich jetzt vor dem Zorn und der Rache des Marschalls. Er verzieh aber allen und stellte die Ruhe vollkommen wieder her. 

Der König erhielt Nachricht, dass die deutschen Fürsten auf Metz losgehen wollten und beorderte daher den Marschall, sich in sein Gouvernement zu begeben. Als er dahin kam, fand er diese Nachricht auch wirklich in so weit bestätigt, dass die Fürsten, als sie gehört, Vieilleville sei in der Unruhe von Rouen getötet worden, beschlossen, vierzigtausend zu Fuß und zwanzigtausend Reiter aufzubringen und die Städte Toul, Verdun und Metz, die unter Karl V. vom Reich abgerissen worden, wieder zu erobern. Dieser Plan sei aber aufgegeben worden, als sie gehört, dass Vieilleville noch am Leben sei und in sein Gouvernement zurückkehren werde. 

Vieilleville fand sich einige Zeit nachher auf Befehl des Königs bei der Belagerung von Havre de Grace ein, die der alte Connetable von Montmorency kommandierte und auch hier, ob er gleich von der Familie Montmorency mit neidischen Augen angesehen wurde, leistete er so gute Dienste, dass diese Stadt in etlichen Wochen überging. Bei den neuen, unruhigen Projekten, die der Connetable schmiedete und die des Königs Gegenwart in Paris erforderten, um sie zu dämpfen, betrug Vieilleville sich mit so viel Mut, Standhaftigkeit und Klugheit, dass ihn der König nicht mehr von sich lassen wollte, ja sogar ihm, als der Connetable in der Schlacht von St. Denis gegen den Prinzen von Condé geblieben war, diese hohe Stelle übertrug; dieses geschah im großen Rat. Vieilleville stand von seinem Stuhl auf, ließ sich auf ein Knie vor dem König nieder und – schlug diese Gnade auf eine so uneigennützige, kluge und feine Art aus, so dass er alle Herzen gewann. Kurz darauf wurde Vieilleville, nachdem er St. Jean d’Angely, welches ein Kapitän vom Prinzen Condé sehr tapfer verteidigt, eingenommen und wobei der Gouverneur von Bretagne geblieben war, mit diesem Gouvernement belohnt, eine Stelle, die ihm sehr viel Freude machte, da er zugleich die Erlaubnis erhielt, den einen seiner Schwiegersöhne, d’Espinay, zu seinem Generalleutnant in Bretagne, und den andern, Duilly, als Gouverneur von Metz zu ernennen. Kaum war alles dieses vor sich gegangen und der König zurückgekehrt, als der Herzog von Montpensier mit großem Ungestüm als Prinz von Geblüt das Gouvernement von Bretagne forderte. Der König schlug es ihm ab, der Herzog forderte noch ungestümer und weinte endlich sogar, welches ihm als einem Mann von Stand von vierzig bis fünfzig Jahren gar wunderlich stand. Der König weiß sich nicht mehr zu helfen und schickt an Vieilleville eine vertraute Person ab, die Sache vorzulegen, wie sie ist. Vieilleville war sogleich geneigt, seine Stelle in die Hände des Königs niederzulegen. „Es ist mir nur leid“, sagte er bloß, „dass ein so tapferer Prinz sich der Waffen eines Weibes bedient hat, um zu seinem Zweck zu gelangen und mir mein Glück zu rauben.“ Zugleich schickte ihm der König zehntausend Taler als Geschenk, die er aber durchaus nicht annehmen wollte und als ihm endlich ein Billet des Königs vorgezeigt wurde, worin ihm mit Ungnade gedroht wurde, wenn er es nicht tun wollte, teilte er die Summe unter seine beiden Schwiegersöhne, die auch ihre Hoffnungen verloren. 

Der beste Staatsdienst, den Vieilleville seinem König leistete, war bei Gelegenheit einer Gesandtschaft an die Schweizer Kantons, mit welchen er ein Bündnis schloss, das vorteilhafter war, als alle vorhergehenden. In seinem Schloss Durestal, wo er sich in den letzten Zeiten seines Lebens aufhielt, besuchte ihn oft Karl IX., der einmal einen ganzen Monat da blieb und sich mit der Jagd bei ihm belustigte. Dieses Verhältnis mit dem König und die ausgezeichnete Gnade, deren er genoss, erregten ihm Feinde und Neider. 

Er bekam eines Tages Gift und dieses wirkte so heftig, dass er in zwölf Stunden tot war. Der König mit seiner Mutter war eben in Vieillevilles Schloss und sehr betreten über diesen Todesfall. 

So starb den letzten November 1571 ein Mann, der ein wahrer Vater des Volks, eine Stütze der Gerechtigkeit und Gesetzgeber in der Kriegskunst war. Nach ihm brachen Unruhen jeder Art erst aus. Den Ruhestörern war er durch seinen Mut, durch seine Klugheit und seine Gerechtigkeitsliebe und durch sein Ansehen in dem Weg gestanden; darum brachten sie ihn aus der Welt.