Friedrich SchillerFriedrich Schiller

Das Mädchen von Orleans

 

  Das edle Bild der Menschheit zu verhöhnen,
Im tiefsten Staube wälzte Dich der Spott.
Krieg führt der Witz auf ewig mit dem Schönen,
Er glaubt nicht an den Engel und den Gott.
Dem Herzen will er seine Schätze rauben,
Den Wahn bekriegt er und verletzt den Glauben.

  Doch, wie Du selbst, aus kindlichem Geschlechte,
Selbst eine fromme Schäferin wie Du,
Reicht Dir die Dichtkunst ihre Götterrechte,
Schwingt sich mit Dir den ew’gen Sternen zu.
Mit einer Glorie hat sie Dich umgeben,
Dich schuf das Herz, Du wirst unsterblich leben.

  Es liebt die Welt das Strahlende zu schwärzen,
Und das Erhab’ne in den Staub zu zieh’n,
Doch fürchte nicht! Es gibt noch schöne Herzen,
Die für das Hohe, Herrliche entglüh’n,
Den lauten Markt mag Momus unterhalten,
Ein edler Sinn liebt edlere Gestalten.

 


Überarbeitet auf Basis folgender Quellen:

  1. Gedichte von Friedrich Schiller. Siegfried Lebrecht Crusius, Leipzig, 1804. Seite 6-76. Unveränderter Originaltext auf dieser Seite.
  2. Friedrich von Schillers sämmtliche Werke. Neunter Band. J.G. Cotta’sche Buchhandlung. 1814. Seite 4-210. Unveränderter Originaltext auf dieser Seite.