Friedrich SchillerFriedrich Schiller

Das Geheimnis

 

Sie konnte mir kein Wörtchen sagen,
  Zu viele Lauscher waren wach.
Den Blick nur durft’ ich schüchtern fragen
  Und wohl verstand ich, was er sprach.
Leis’ komm’ ich her in deine Stille,
  Du schön belaubtes Buchenzelt,
Verbirg in Deiner grünen Hülle
  Die Liebenden dem Aug’ der Welt.

Von Ferne mit verworr’nem Sausen
  Arbeitet der geschäft’ge Tag
Und durch der Stimmen hohles Brausen
  Erkenn’ ich schwerer Hämmer Schlag.
So sauer ringt die kargen Lose
  Der Mensch dem harten Himmel ab,
Doch leicht erworben, aus dem Schoße
  Der Götter fällt das Glück herab.

Dass ja die Menschen nie es hören,
  Wie treue Lieb’ uns still beglückt!
Sie können nur die Freude stören,
  Weil Freude nie sie selbst entzückt.
Die Welt wird nie das Glück erlauben,
  Als Beute wird es nur gehascht,
Entwenden musst du’s oder rauben,
  Eh’ dich die Missgunst überrascht.

Leis auf den Zähen kommt’s geschlichen,
  Die Stille liebt es und die Nacht,
Mit schnellen Füßen ist’s entwichen,
  Wo des Verräters Auge wacht.
O, schlinge dich, du sanfte Quelle,
  Ein breiter Strom um uns herum,
Und drohend mit empörter Welle
  Verteidige dies Heiligtum.

 


 

Überarbeitet auf Basis folgender Quellen:

  1. Gedichte von Friedrich Schiller. Siegfried Lebrecht Crusius, Leipzig, 1804. Seite 4-15. Unveränderter Originaltext auf dieser Seite.
  2. Friedrich von Schillers sämmtliche Werke. Neunter Band. J.G. Cotta’sche Buchhandlung. 1814. Seite 4-6. Unveränderter Originaltext auf dieser Seite.