Friedrich SchillerFriedrich Schiller

Friedrich Schiller an Friedrich Rochlitz

Weimar 10. Dec. [Montag] 1804.

HE Göschen wird mich, wie ich hoffe, bei Ihnen entschuldigt haben, daß Ihre gütige Zuschrift solange unbeantwortet gelassen. Ein heftiger Katarrh, an dem ich seit 3 Wochen leide, hat alle meine Geschäfte gehemmt und jetzt da ich wieder anfange mich zu erhohlen, finde ich so viele Versäumnisse nachzuhohlen, daß ich den Muth nicht habe, mich zu einem neuen Geschäft verbindlich zu machen. Leider begegnet es mir nur zu oft, daß meine schlechte Gesundheit die Flügel meines Willens beschneidet und mich meinen Freunden dasjenige nicht seyn läßt, was ich so herzlich gern wünschte. 

Daß HE Göschen in seiner Lage und mit den Mitteln, die er in seiner Gewalt hat, eine Zeitschrift für die schöne Welt unternimmt, finde ich ganz zweckmäßig, besonders in jetzigem Moment, wo ich keine andere von Bedeutung kenne, deren Rivalität ihm schaden könnte. Und dadurch, daß er Sie für seinen Gedanken zu interessiren gewußt hat, hat er gleich einen bedeutenden Schritt zur Sache gethan. Ich bin mit allem, was Sie mir über die Unternehmung schreiben, vollkommen einverstanden, und es hat mich erfreut zu hören, wie Sie einen flüchtigen BuchhändlerEinfall (welches mir unser Freund Göschen nicht übel nehmen mag) Form und Geschick zu geben gewußt haben. Nun lassen Sie mich als einen alten Handwerksgenossen der auch seine zehn Jahre sich mit Zeitschriften befaßt hat, ein kleines Bedenken äußern. Vor allem möchte ich in ganzem Ernst die Frage aufwerfen „wer soll denn eigentlich dieses Journal lesen?“ – Frauen, soviel ich weiß, interessieren sich am allerwenigsten für das was von Frauen geschrieben ist und für die Männer möchte ein solches Werk ohnehin das wenigste Interesse haben. Ich fürchte deßwegen, wir werden bei diesem Journal das schlimmste erleben, was begegnen kann, nehmlich dieses, daß sich wenig Leser aber desto mehr Mitarbeiterinnen finden werden. Und so könnte es leicht kommen, daß HE. Goeschen mit seinem schönen Geld unsern schreibseligen Damen bloß das Vergnügen bezahlen müßte, sich gedruckt zu sehen. Ich würde daher für viel zweckmäßiger gehalten haben, die Zeitschrift als ein Journal für die schöne Welt zu behandeln, ohne durch die besondere Clausel: von Damen für Damen, dem Werke zu enge Schranken zu setzen. 

Da HE. Goeschen bei dieser Unternehmung nichts mehr als meinen guten Rath und in kritischen Fällen zuweilen mein Urtheil verlangt, so habe ich mich mit Vergnügen dazu verstanden. Es können Fälle eintreten, wo Sie als Redacteur des Journals, um das irritable Volk der Autoren und Autorinnen nicht auf dem Hals zu haben, sich gerne hinter Collegen verstecken und bei solchen Gelegenheiten können Sie über meinen guten Willen disponieren. Ueber eingesandte Beiträge, wenn ich gefragt werde, werde ich recht gern meine Meinung sagen, was ich in meiner Bekanntschaft gut finde, will ich zu dem Journal empfehlen und einladen. Weiter aber kann mein Antheil nicht gehen, da sowohl meine anderen Geschäfte als meine Verhältnisse mir hierinn im Wege stehen. 

Das wichtige Geschäft, an eingesandte Beiträge die nicht ohne Gehalt aber in der Form vernachlässigt sind, eine bessernde Hand zu legen, bleibt Ihnen und darauf wird wohl immer das meiste beruhen. Ich erwarte mit großem Verlangen über den ferneren Gang dieses Unternehmens zu hören und bitte Sie, mich zu Zeiten damit in Verbindung zu erhalten. 

Mit vollkommenster Hochachtung verharre ich 

Ihr                                             
ergebenster D               
Schiller.


Bemerkungen

1 Es handelt sich um die Zeitschrift: Journal für Deutsche Frauen von deutschen Frauen geschrieben. Besorgt von Wieland, Schiller, Rochlitz und Seume. Erster Jahrgang, 1805.