Friedrich SchillerFriedrich Schiller

Friedrich Schiller an Friedrich Cotta

Weimar 22. May [Dienstag] 1804.

Gestern, mein theurer Freund, sind wir von unsrer Berliner Reise glücklich hier eingetroffen und mein erstes Geschäft ist, Ihnen Nachricht zu geben. Von Berlin aus dachte ich, Ihnen noch nach Leipzig zu schreiben, aber ich war 8 Tage in Berlin krank und für alles verdorben. Die Reise, das üble Wetter, und die Zerstreuungen der ersten Tage hatten mir eine gänzliche Erschöpfung und ein catarrhalisches Fieber zugezogen. Indessen habe ich das Nothwendige, um dessentwillen ich die ganze Reise unternommen, gesehen und ausgeführt und meines Zwecks nicht verfehlt. In einigen Monaten werde ich Ihnen mehr darüber sagen können. 

Berlin hat mir wohl gefallen und ich würde mich in die dortigen Verhältnisse schon zu finden wissen. Aber es ist ein theurer Auffenthalt, und wenn ich hier in Weimar mit 2000 Thalern gut auskomme, so könnte ich in Berlin nicht mit 3000 reichen. Ich bin freundlich aufgenommen worden und habe viel Zuneigung erfahren. 

Sie, mein werthester Freund, haben mir soviele Proben Ihrer edeln Freundschaft gegeben, daß mich das Andenken daran während dieser ganzen Zeit nicht verlassen hat. Ich konnte es Ihnen in Leipzig nicht so sagen, wie mich Ihre Güte rührte und wie tief ich den Werth Ihres Handelns gegen mich fühlte. Aber es ist tief in meinem Herzen, und wird nie daraus erlöschen. Gebe mir nur der Himmel Gesundheit und Thätigkeit, daß ich noch recht viel leiste, und daß mein Fleiß Ihnen so wie ich wünsche, Fürchte trage! 

Meine Frau wird Ihnen selbst einige Worte sagen, und für Ihre Güte danken. Empfehlen Sie mich Ihrer lieben Frau aufs herzlichste. Die ersten Acte des Tell sollen binnen 8 Tagen folgen, und das ganze in 3 Wochen in Ihren Händen seyn. Hier sende ich Ihnen das Berglied, das Sie kennen, und ich hoffe bald noch etwas für den DamenCalender nachzusenden. Die 12 Costümes, die wir aus meinen Schauspielen für den Tell geben wollen, will ich hier besorgen. Nun wünschte ich, daß etwa noch einige hübsch radierte Schweizerlandschaften, gleichfalls illuminiert, in Aberlis Geschmack, zugleich mit gegeben würden, und an der Spitze des Ganzen eine Scene aus dem Tell. Dazu würde ich die wählen, wenn Tell geschossen hat und der Knabe mit dem Apfel, darinn der Pfeil steckt, in seine Arme gesprungen kommt. Freilich müßte sie von einem guten Meister erfunden und ausgeführt werden. Hetsch dächte ich wäre der Mann dazu. 

Nun theurer Freund seien Sie herzlich umarmt! Geben Sie mir bald Nachricht von Ihnen und den Ihrigen. 

Von ganzer Seele Ihr Freund 

Schiller.


Bemerkungen

1 Abgesandt nach K. d. 23.
Empfangs- u. Beantwortungsvermerk: 29. Mai.
1. Juni.
Z. Vom 1. Juni. Eingetr. d. 5. (?).
Zu S. 144. Z. 3. Über Schs. Aufenthalt in Berlin vgl. besonders Palleske, Schs. Leben u. Düntzer, Schiller u. Goethe, S. 275. Zu Z. 16. Schillers Dank bezieht sich auf ein Geschenk Cottas von 1000 Glden für bisherigen Verlag am 27. April in Leipzig zugesagt. Das Geld (648 Rthr.) fand Schiller bei seiner Rückkehr in Weimar am 21. Mai schon vor. Vgl. K. u. Brfw. m. C. S. 690.
Zu Z. 31. Der Kupferstecher Johann Ludwig Aberli, geb. 1723, gest. 1776, war der Begründer der später so ausgebreiteten Kunstindustrie in Bildern von Schweizer Landschaften u. Volkstrachten. Vollmar in AB. S. 509.