Friedrich SchillerFriedrich Schiller

Friedrich Schiller an Gottfried Körner

Weimar, 12. April [Donnerstag] 1804.

Es war seit 14 Tagen große Noth bei uns, weil alle drey Kinder und auch meine Frau an einer Art von Keichhusten mit Fieber darniederlagen; ich allein blieb gesund, und hab mich tapfer gehalten. Jezt geht es durchaus beßer, und ich ergreife den ersten freien Moment, euch ein Lebenszeichen zu geben. 

Mein Avis wegen des Mscrpts der Braut v. Messina hätte euch keinen Augenblick böse Laune machen sollen. Mir war die Sache so äuserst unwichtig, daß ich ihrer im vorigen Jahr, nachdem Opitz mir davon geschrieben (welches er in 2 Briefen gethan), gar nicht erwähnen mochte. Bloß beim Absenden des Tell fiel mir ein, daß vielleicht durch einen Bedienten oder sonst jemand dieser Art, gegen den Du keinen Argwohn hegst, ein Mißbrauch mit dem Mscrpt gemacht werden könnte; überhaupt hatte ich Dir ja nie vorher ein so strenges Geheimniß mit meinen Mscrpten. empfohlen gehabt, daß Du sie einem vertrauten Freunde nicht hättest zeigen dürfen. 

Doch genug von dieser Armseligkeit. Mir ist nur leid daß sie euch nicht so gleichgültig war als mir. 

Der Tell hat auf dem Theater einen größeren Effect als meine andern Stücke, und die Vorstellung hat mir große Freude gemacht. Ich fühle, daß ich nach und nach des theatralischen mächtig werde. 

Das Hinderniß, welches sich unsrer Zusammenkunft in Schandau entgegengesezt, ist nun entschieden. Es ist nehmlich dieses, daß meine Frau im Sommer niederkommen wird, wahrscheinlich im Anfang Augusts. Du siehst also, daß die Abhaltung von einer solchen Art ist, wogegen meine Entschloßenheit nichts vermag. Ich will, da ich durch diesen Vorfall, diesen Sommer an meinen Heerd gefeßelt werde, desto fleißiger zu seyn, und mir fürs kommende Jahr freie Hand zu erringen suchen. Vielleicht liegt es in eurer Macht, diesen Herbst eine Excursion zu machen, daß wir uns doch noch sehen; denn die Tour ist nun an euch, auch wieder uns zu besuchen. An der Ausgabe dieser Reise mußt Du Dich nicht stoßen. Ich bezahle dieses Spätjahr den Rückstand an meinem Hause, und es bleibt mir noch soviel übrig, daß ich anfangen kann, auch an unsre alte Rechnung zu denken. Auf 40 Ldors kannst Du also vors erste sicher rechnen, die ich auf d. August für Dich bereit habe1. Suche es ja möglich zu machen, daß wir uns auf diesem Wege in diesem Jahre noch sehen. 

Ich gehe wieder frisch auf eine ganz neue Arbeit2 los, und bin in ganz guter Stimmung dafür. 

Lebe wohl. Herzlich grüßen wir euch sammt und sonders. 

Schreibe bald. 

D. 

Sch.


1 Vgl. 4, 376.
2 „10. März. Mich zum Demetrius entschlossen.“ Kal. 159.


Bemerkungen

1 Zu S. 137. Z. 3. Vgl. Urlichs, Brfe. an Sch. Nr. 380 u. 386. Zu Z. 31. Vgl. zu der beabsichtigten Schuldentilgung Nr. 2008.