Friedrich SchillerFriedrich Schiller

Friedrich Schiller an Wilhelm von Wolzogen

Weimar 20. März [Dienstag] 1804.

Die schwermütige Stimmung, die uns Deine letzten Briefe zeigten, ist nun hoffentlich zerstreut, und Du siehst daß Deine Besorgniß ungegründet war. Freilich magst Du Dich, so abgeschnitten wie Du dort von den Deinigen bist, mit manchen Gespenstern quälen, aber verliere nicht die Geduld, da Du so nah am Ziele bist. Ich schreibe Dir keine Neuigkeiten, da Du alles ausführlich von Voigt vernehmen wirst, und die Frauen Dir weitläuftig schreiben. 

Auch ich verliere hier zuweilen die Geduld, es gefällt mir hier mit jedem Tage schlechter, und ich bin nicht Willens in Weimar zu sterben. Nur in der Wahl des Orts, wo ich mich hinbegeben will, kann ich mit mir noch nicht einig werden. Es sind mir Aussichten nach dem südlichen Deutschland geöffnet. An meiner hiesigen Pension von 400 Thlr. verliere ich nichts, weil es hier so theuer zu leben ist, und mit den 1500 Thlrn., die ich jährlich hier zusetze, kann ich in Schwaben und am Rhein ganz gut leben. Es ist überall besser als hier, und wenn es meine Gesundheit erlaubte, so würde ich mit Freuden nach dem Norden ziehn. 

Mein Tell ist vor 3 Tagen hier gespielt worden und mit dem größten Succeß, wie noch keins meiner Stücke. Das Mscrpt kann ich Dir aber nicht schicken, zu dem Gebrauche den Du davon machen willst, qualificirt es sich seines Inhaltes wegen nicht, wie Dir Voigt, der es hat spielen sehen, erzählen kann. 

Meine beste Freude ist meine Thätigkeit, sie macht mich glücklich in mir selbst und unabhängig nach außen, und kann ich nur mein fünfzigstes Jahr mit ungehinderten Geisteskräften erreichen, so hoffe ich so viel zu ersparen, daß meine Kinder unabhängig sind. Dieses Jahr mache ich mein Haus vollends schuldenfrei und hoffe noch übrig zu behalten. 

Lebe wohl, lieber Alter, und erhalte Dich gesund. Wir sehen uns, hoffe ich, binnen 4 Monaten fröhlich wieder. Empfiehl mich dem guten Erbprinzen bestens, ich nehme Theil an seinem Glück. Lebe wohl. Dein 

S.


Bemerkungen

1 Fehlt in K.
X. Vom 24. u. 28. Februar (eingetr. d. 16. März) an Charlotte v. Sch.
Zu S. 131. Z. 3. In dem Briefe von Wolzogen an Schs. Frau vom 24. Febr. äußerte er große Besorgnis um die Gesundheit seiner Frau. Zu Z. 9. Die Briefe seiner Frau und Charlotte v. Schillers sind meines Wissens nicht vorhanden. Zu Z. 12. Was Schiller so verstimmte, daß er daran dachte, Weimar zu verlassen, weiß ich nicht. Der Winter 1803 auf 1804 hatte ihn in jeder Weise traurig gemacht und durch seine eigene wie Goethes Krankheit fehlte es ihm an der rechten Anregung. Diese Stimmung wird ihn in dem Plan einer Reise nach Berlin bestärkt haben, aber gerade durch diese erkannte er, wie gut er es auch wieder in Weimar habe. Nur sehnte er sich seiner Familie wegen nach höherem festem Einkommen. Vgl. die Briefe 1972, 1975, 1978.