Friedrich SchillerFriedrich Schiller

Friedrich Schiller an Gottfried Körner

Weimar 7. Nov. [Montag] 1803. 

Es hat mich sehr gefreut, daß unsere Herzogin und ihre Gesellschafter sich so gut bei euch zu empfehlen gewußt haben und ich habe nicht unterlassen, sie davon zu benachrichtigen. D Herzogin läßt sich euch recht schön empfehlen, sie hat große Freude über eure Bekanntschaft, und da sie gewiß, sobald sie es möglich machen kann, wieder, u: auf längere Zeit, nach Dresden kommen wird, so könnt ihr noch bekannter mit ihr werden. Ueber die Churfürstliche Familie und ihn selbst besonders sprechen sie alle mit großer Zuneigung. Die Goechhausen ist eine Person, wie man sie an einem Hofe nur wünschen mag. Obgleich keine Aufrichtigkeit von ihr zu erwarten, so ist es in Ihrer Stelle sogar Pflicht, jedem es wohl zu machen, etwas verbindliches zu sagen oder zu thun und die heterogenen Elemente durch ein gewisses Studium der Schwächen zu vereinigen. Einsiedel ist ein guter und natürlicher Mensch, nicht ohne einige Talente, den aber die Zerstreuung s. Charakters und seines Berufs zu nichts ordentlichem haben kommen lassen. 

Ich bin jetzt ziemlich in meinem Stück und weiß darum von der übrigen Welt wenig. Es ist von der Idee zur Erfüllung ein solcher Hiatus, daß man wie eine arme Seele im Fegfeuer leidet, bis man den Berg überstiegen hat. Mit dem was fertig ist, bin ich ganz gut zufrieden, aber es ist noch soviel Arbeit übrig. 

An den französischen Stücken, besonders d Parasit, hat mich der große Verstand des Plans gereizt. Dieser ist im Parasit wirklich vortreflich, und die Ausführung ist viel zu trocken und ich mußte sie so lassen, weil eine neue Ausführung mir eine zu große und zweifelhafte Arbeit würde aufgelegt haben. Der Verfasser hat sichs freilich ein wenig leicht gemacht, daß er den Minister zu blödsichtig machte; aber bei einem hellsehenden Minister wäre ein ganz anderer Charakter von Parasit nöthig gewesen, und einem solchen war Picard nicht gewachsen. 

lebewohl u grüße alles recht herzlich von uns.

Dein 

S.


Bemerkungen

1 S. 93. Z. 9. Lies: Picard.
Zu S. 92. Z. 9. Herzogin Amalie. Vgl. Z.