Friedrich SchillerFriedrich Schiller

Friedrich Schiller an Wilhelm von Wolzogen

Weimar, 27. Oktober [Donnerstag] 1803. 

Die fortgesetzten guten Nachrichten von Dir und unserm Prinzen machen mir große Freude, lieber Alter, und ich denke mit Vergnügen daran, daß so viele Monate Deiner Abwesenheit schon verstrichen sind. Freilich steht Dir jetzt noch ein russischer Winter bevor, aber es wird nicht an Mitteln gegen die Kälte fehlen und wer weiß, ob sie nicht stärkend auf Dich wirkt. Wenigstens hat der Norden immer ein dickeres Menschengeschlecht, so wie auch die Wallfische sich dort am besten befinden. Im Ernst, ich glaube, daß jenes Clima Deiner Constitution zusagt. 

Es geht uns hier ganz gut und Du wirst auch von Carolinen und Adolph gute Nachrichten erhalten. Sie sind noch in Dresden, wo unsre Herzogin Amalie auf 3 Wochen sich aufgehalten hat. Hier hat sich gar nichts neues ereignet, was Dich interessiren könnte. Der alte Hofjäger ist todt. Herder (der Vater) ist sehr krank und man fürchtet, daß er sich nicht ganz mehr erholen wird. In Jena sind Loder, Schütz, Paulus, Hufeland, Schelling abmarschirt; das schlimmste ist, daß man bis jetzt noch nicht einen brauchbaren Mann an ihrem Platze angeschafft hat, das ist doch sehr bös und droht der Universität einen unvermeidlichen Verfall. Hoven ist nach Würzburg vocirt, Du wirst Dich erinnern daß der Graf Thierheim in der Akademie sein Mignon war; dieser Thierheim ist jetzt pfalzbairischer Minister der die Würzburger Universitätssachen zu besorgen hat, und durch ihn ist Hoven hingekommen. Er wird schon in der Mitte November mit Sack und Pack dahin abgehen. Du brauchst Dich also seinetwegen nicht zu bemühen. 

Aus Regensburg habe ich kürzlich wieder ein schönes Geschenk, wie das erste war, erhalten. Die Actien stehen also nicht schlecht, auch bin ich leidlich fleißig und arbeite an dem Wilhelm Tell, womit ich den Leuten den Kopf wieder warm zu machen denke. Sie sind auf solche Volksgegenstände ganz verteufelt erpicht, und jetzt besonders ist von der schweizerischen Freiheit desto mehr die Rede, weil sie aus der Welt verschwunden ist. 

Lebe nur recht wohl, lieber Alter, und gieb uns bald wieder erwünschte Nachrichten. Wenn Du die schöne Ausgabe des Carlos nicht gehörig zu employiren weißt, so bringe sie der Lolo wieder mit; sie hat sich ungern davon getrennt. Herzlich grüßt sie Dich und schreibt vielleicht selbst noch einige Zeilen. Empfiehl mich dem Andenken unsers guten Erbprinzen und auch Herrn v. Pappenheim. Von ganzem Herzen Dein 

Sch.


Bemerkungen

1 Abgesandt nach K. d. 28.
X. (Eingetr. d. 21. Okt.) Fehlt. Z. Vom 28. Nov. (eingetr. d. 15. Dez.). Nach Ernst Müller im Kommentar zu K. im Archiv.
Zu S. 89. Z. 23. Hoven in seiner Selbstbiographie nennt den Minister seinen Jugendfreund Thurheim. Zu Z. 29. Vgl. Nr. 1909.
Zu S. 90. Z. 6. Vgl. Nr. 1895. Zu Z. 10. Vgl. Nr. 1766.