Friedrich SchillerFriedrich Schiller

Friedrich Schiller an Wolfgang von Goethe

[Weimar d. 16. Sept. (?) Freitag. 1803.] 

Ich höre, daß Sie heute eine Leseprobe von J. Cesar haben und wünsche guten Succeß. Mich sperrt ein heftiger Schnupfen noch zu Hause ein und macht mir den Kopf sehr wüste. 

Die zwei theatralischen Recrouten habe ich gestern gesehen, sie stellen sich recht gut dar, und mit dem Dialect des einen gehts doch noch leidlicher, als ich erwartet hatte. Von ihrem guten Willen wird mehr als von ihrem Talent zu hoffen seyn. 

Grüner hätte großes Verlangen in der Jungfrau von Orleans als Gespenst aufzutreten. In mancher Rücksicht würde ihm diese Art der Einführung nicht ungünstig seyn. Außerdem daß die Rolle klein und also sehr genau einzulernen ist, kann sie auch mit einer gewissen ernsten Monotonie gesprochen werden und verlangt wenig Bewegung. Das Seltsame wird sich darinn mit dem Neuen gut verbinden, und Graff, der sich jezt des Umziehens wegen mit dieser Rolle nur plagt, wird gern davon befreit werden. 

Beckern habe ich noch nicht allein sprechen können. 

Leben Sie recht wohl. Ich wünsche sehr Sie bald wieder zu sehen. 

S. 

[Adresse:]
   HE. Geh. Rath
     von Goethe.


Bemerkungen

1 Zu S. 78. Z. 6. Grüner u. Wolff. Zu Z. 10. Grüner trat am 17. als schwarzer Ritter auf. Zu Z. 16. Am 10. hatte die Theatergesellschaft zuletzt in Rudolstadt gespielt. Vgl. Düntzer, Schiller u. Goethe S. 262. Düntzer vermutet, unser Brief sei am 15. geschrieben.