Friedrich SchillerFriedrich Schiller

Friedrich Schiller an Wolfgang von Goethe

[Weimar, 2. Februar. Dienstag. 1802]

Da mir der Kopf von einer schlecht zugebrachten Nacht verwüstet ist, so ist heute nichts mehr mit mir anzufangen und ich werde mich bald zur Ruhe begeben. 

Indessen sende ich Ihnen zwei Räthsel, und wenn Sie glauben, daß sie zu brauchen sind, so wollen wir die 3 neuen gegen die alten austauschen. Vielleicht fällt mir auch noch ein beßeres ein.

Das Ihrige habe ich noch nicht erbrochen, und ich würde glauben es errathen zu haben, wenn mich die zwei lezten Zeilen nicht irre machten. 

Ich werde, wenn Sie beikommende Räthsel genehmigen, das Ihrige erbrechen und alsdann die nöthigen Worte für Calaf aufsetzen, und den Schauspielern zusenden. Sagen Sie mir also diesen Abend noch ein Wort. 

S.


Bemerkungen

1 Zu S. 341. Z. 7. Ein Rätsel hatte Goethe eingesandt. Zu Z. 10. Goethes Rätsel beginnt: Ein Bruder ist’s etc. Offenbar hatte Goethe die Auflösung in einem besonderen Couvert verschlossen, das Sch. noch nicht geöffnet hatte. Die Deutung soll Schalttag sein. Schiller hat übrigens durchaus recht in der Empfindung, daß die zwei letzten Zeilen sehr dunkel sind. Wozu sind denn die anderen Tage unvermögend? Man kann nur sagen, alle 365 Brüder der Nichtschaltjahre sind zusammen unvermögend, die Zeit der Umdrehung der Erde um die Sonne genau zu erfüllen. Auch die beiden Zeilen:

Ein nötig Glied von vielen Gliedern
In eines großen Vaters Reich

sind nicht sehr deutlich. Wer ist der große Vater? Ich denke das Jahr oder der Zeitraum von vier Jahren. Kannegießers Deutung „Genie“ ist aber ganz verfehlt.