Friedrich SchillerFriedrich Schiller

Friedrich Schiller an Charlotte Schiller

Weimar 10. Jul. [Donnerstag] 1800.

Es war mir freilich nicht lieb, statt Deiner einen Brief zu erhalten, der Deine Ankunft noch um vier Tage später ansezt. Doch freue ich mich, daß es Dir wohl geht, auch bei uns ist alles in gutem Stand, das kleine beßert sich täglich, ich lasse es jezt in der untern kühlen Stube schlafen, weil es in den Mansarden unerträglich heiß ist. 

Schrödern habe ich vorigen Freitag noch gesehen; durch einen Zufall wurde mir seine Charte, die er gleich den Tag nach seiner Ankunft abgegeben, erst 6 Tage nachher von Rudolf vorgezeigt, ich war in der ganzen Zwischenzeit im Wahn gestanden, daß er sich gar nicht gemeldet habe und wollte natürlicherweise nicht den ersten Schritt thun. Uebrigens ist mit ihm kein Umgang, da er mit seiner Zeit nicht fortgegangen, voll Anmaßung und Vorurtheile ist. 

Hier ist es jezt sehr einsam, da das Theater und der Hof weg ist. Auf den Sonnabend wird auch deine Schwester weg reisen. Vielleicht entschließe ich mich diese Woche, nach Jena zu gehen. Körner hat mir einen Rendezvous in Leipzig vorgeschlagen, ich habe ihn hoffen lassen, daß es vielleicht in Lauchstädt geschehen könnte. 

Die Maria ist dort mit einem großen Succeß gegeben worden, ich lege dir hier Beckers Brief bey. Indeßen hat Kirms noch nichts von sich hören laßen, und ich bin entschloßen, wenn ich etwa wegreisen sollte, diesen Anlaß zu ergreifen und zu mahnen. Es ist mir indeß sehr lieb, daß uns Chere Mere doch einiges Geld schicken kann. Jeden Tag erwarte ich von Ifland und von Opitz gleichfalls Geld, aber das Eintreffen ist immer ungewiß und man darf es nicht darauf ankommen lassen. 

Grüße Chere Mere herzlich von mir, Karl empfiehlt sich, er ist jezt in der Schule sonst sollte er selbst schreiben. An Gleichens recht viel Schönes. Lebe wohl und komme ja sobald Du kannst.

Sch. 

Eben erhalte ich Deinen Brief. Die Stein ist noch hier und wird heut Abend mit der Frau Göthen besuchen um sein Portrait von Bury zu sehen.


Bemerkungen

1 Zu S. 169. Z. 10. Vgl. Körners Brief vom 26. Juni u. Nr. 1596. Zu Z. 19. Am 17. trafen von Opitz aus Leipzig 10 Louisd’or für die Maria ein. Zu Z. 28. Zu Goethes Portrait von Bury vgl. Rollet, Goethe-Bildnisse Nr. XLIV. Darnach scheint mir unser Brief die früheste Erwähnung des Bildes zu geben. Im Nov. 1799 war Bury bei Goethe in Weimar gewesen, hatte auch Sch. in Jena besuchen wollen, dieser aber konnte seinen Besuch wegen der Krankheit seiner Frau nicht annehmen. Vgl. Nr. 1518.