Friedrich SchillerFriedrich Schiller

Friedrich Schiller an Johann Friedrich Unger

Weimar, 17. April [Donnerstag] 1800.

Sie werden vielleicht unterdessen durch Herrn Fichte oder einen andern Canal erfahren haben, wie wenig der vergangene Winter den Musen günstig war, da in der ersten Hälfte desselben meine Frau, in der andern ich selbst tödlich krank darniederlag. Dieß wird mich bei Ihnen entschuldigen, daß ich mein Wort nicht gehalten. 

Einstweilen, bis ich mich mit meinem eigenen Beitrag hervorrücken kann, welches noch diesen Sommer geschehen soll, sende ich Ihnen etwas von fremder Hand, das mir mitgetheilt und von mir durchgesehen worden. Es ist eine allerdings interessante Erzählung, die in der Sammlung kleiner Romane keine schlechte Figur machen wird. Eine zweite Erzählung, die ich aber noch durchzusehen habe, wird in kurzer Zeit nachfolgen. Ich habe dem Verfasser in Ihrem Nahmen 10 Ld’ors für eine jede versprochen, da beide ohngefähr von derselben Größe sind, und hoffe, daß Sie meine Zusage, die Ihrem eignen Anerbieten gemäß ist, ratifiziren werden. 

Was den Calender anbetrifft, so wünschte ich zu wissen, ob es Ihnen recht ist, wenn ich zur Basis desselben ein dramatisches Werk mache; denn da ich jetzt mit der vorzüglichsten Neigung in diesem Genre arbeite, so wünschte ich dabei zu bleiben und mir durch eine anderweitige Arbeit keine zu große Diversion zu machen.

Vielleicht kann ich es ausführen, diesen Sommer Berlin zu besuchen, wo ich mich vorzüglich auf Ihre persönliche Bekanntschaft freue, und dann über mehreres das weitere mit Ihnen zu besprechen hoffe. 

Wenn ich Ihnen dadurch nicht zu viel Mühe mache, so wünschte ich, daß Sie die Güte haben möchten, mir zwei Spiegel in goldenen Rahmen (der aber nicht überladen seyn dürfte) von etwa 20 Zoll Breite und doppelt so großer Höhe ausnehmen zu lassen und hieher zu schicken. Man sagt mir, daß sich dergleichen in Berlin schön und um einen mäßigen Preis findet, und in der Wahl weiß ich, daß ich mich ganz auf Ihren Geschmack verlassen kann. Die Leipziger Messe verschafft vielleicht Gelegenheit, solche bequem hieher zu schaffen. 

Das Journal der Romane, für dessen Uebersendung ich Ihnen den verbindlichsten Dank sage, hat mich sehr angenehm unterhalten. Die Gräfin Pauline erinnerte mich an Agnes von Lilien, zu der sie ein Gegenstück ist, ohne eine Nachahmung derselben zu seyn.

Hrn. Woltmann bitte ich mich freundschaftlich zu empfehlen. 

Mit vollkommener Hochachtung verharre ich Ew. Wohlgeb. Gehorsamster Diener 

Schiller.


Bemerkungen

1 Nach K. am 20. abgesandt. 
X. Vom 22. März. (Fehlt in K.) Z. Vom 8. Mai. (Vermutlich falsch. Der Brief wird vom 5. od. 6. zu datieren sein. Er traf bereits am 9. Mia bei Sch. ein.) Vgl. Arch. f. Littgesch. V. 465.
Zu S. 148. Z. 13. Eine Erzählung „Autun u. Manon“ von Charlotte Schiller. Zu Z. 14. Die 2. Erzählung war Der Prozeß. Beide erschienen im Journal der Romane Bd. 3 u. 4. Zu Z. 21. Sch. ließ die Jungfrau v. Orleans im Calender bei Unger erscheinen. Zu Z. 31. Wegen der Spiegel vgl. Unger an Schiller vom 13. Mai (eingetr. d. 21.). Vgl. Gödeke, Geschäftsbrfe.
Zu S. 149. Z. 9. Den Verfasser der „Gräfin Pauline“ kenne ich nicht.