Friedrich SchillerFriedrich Schiller

Friedrich Schiller an Wolfgang von Goethe

[Weimar, 22. März. Sonnabend. 1800.]

Ich bedaure Ihre Unpäßlichkeit recht herzlich und hoffe, daß sie sich bald geben soll. Sobald ich mir nur irgend einigen Muth erwecken kann, aus dem Hauß zu gehen, so besuche ich Sie. Vielleicht ist die Luft morgen etwas milder und die Sonne scheint, dann kann ich es vielleicht wagen. 

Es hat mich gefreut die 4 Jahrszeiten nun complett zu finden. Die Auskunft die Sie getroffen ist sehr gut, und wenn Sie allenfalls unter die, zum Herbste, zusammengestellten Distichen noch eins oder das andere einstreuen wollten, das eine leicht faßliche Beziehung auf die Jahrszeit hätte, so würde nichts mehr zu wünschen seyn. Die Distichen will ich indeß noch genau ansehen, und mündlich wollen wir uns dann darüber besprechen. 

Leben Sie recht wohl für heute. Meine Frau wünscht Ihnen von Herzen baldige Besserung. 

S. 

[Adresse:]
               Des Herrn
   Geheimen Rath von Göthe
             Hochwohlgeb.


Bemerkungen

1 Zu S. 139. Z. 18. Schon am 23. März besuchte Schiller den kranken Freund. Zu Z. 21. Goethes Gedicht Die Jahreszeiten. Drei Jahreszeiten hatte er früher schon aus den Distichen „Vielen“, „Einer“ u. „Die Eisbahn“ im Musenalmanach auf 1797 zusammengestellt. Jetzt hatte er aus andern Distichen desselben Almanachs und namentlich aus den tabulae votivae auch den Herbst zustande gebracht (Düntzer, Sch. u. G. S. 212).