Friedrich SchillerFriedrich Schiller

Friedrich Schiller an Wolfgang von Goethe

Jena den 12. Jul. [Freitag] 99.

Die Vortheile, die Sie mir so freundlich bewilligen, kommen mir bei meiner kleinen Haushaltung so erquicklich und erwünscht, wie der Regen der seit vorgestern unser Thal erfreut und erfrischt hat. Auch die Facilität des Hofkammerraths erfreut mich, insofern sie mir beweißt, daß er mit meiner Theateralischen Gabe nicht unzufrieden war. Daß uns ein schönes Geschenk von Silberarbeit von Seiten der regierenden Herzogin erwarte, haben wir auch schon vernommen. Die Poeten sollten immer nur durch Geschenke belohnt, nicht besoldet werden; es ist eine Verwandtschaft zwischen den glücklichen Gedanken und den Gaben des Glücks, beide fallen vom Himmel. 

Ich habe die Aufsätze über Academien und Zeichenschulen nun mit Aufmerksamkeit durchlesen und große Freude daran gehabt, ja ich konnte nicht davon wegkommen bis ich am Ende war. Außerdem, daß sie so richtig gedacht und so praktisch überzeugend sind, sind sie auch äuserst anziehend geschrieben und müßten nothwendig, wenn man das Publicum nicht ganz und gar widerstreben annehmen muß, für sich allein schon die Propylaeen in Aufnahme bringen. Jetzt müssen wir vorerst nur an die möglichste Verbreitung und Bekanntmachung der Propylaeen denken, und es würde zu diesem Zwecke nicht übel gethan seyn, einige Dutzend Exemplare an die rechten Plätze zu verschenken. Auch wollen wir, wenn Sie hieher kommen, zusammen ein halbes Dutzend Anzeigen des Journals für die öffentlichen Blätter aufsetzen, Cotta wird sie schon anzubringen wissen. 

Mit meiner Arbeit geht es zwar nicht sehr schnell, aber doch seit einiger Zeit ohne Stillstand fort. Die nöthige Exposition des Prozesses und der Gerichtsform hat, außerdem daß solche Dinge mir nicht geläufig sind, auch eine Tendenz zur Trockenheit, die ich zwar überwunden zu haben hoffe, aber doch nicht ohne viel Zeit dabey zu verlieren, und zu umgehen war sie nicht. Die englische Geschichte von Rapin Thoyras, die ich seit dieser Arbeit lese, hat den guten Einfluß mir das englische Local und Wesen immer lebhaft vor der Imagination zu erhalten. 

Möchten Sie nur auch bald hier seyn können. Selbst mein Garten, wo die Rosen und Lilien in der Blüthe stehen, würde Sie reizen. 

Leben Sie recht wohl und grüßen Sie Meyern. Von meiner Frau viel schöne Grüße. 

Sch. 

[Adresse:]
             Des Herrn
   Geheimerath von Göthe
           Hochwohlgeb.
                                   in
   franco                         Weimar.


Bemerkungen

1 Zu S. 55. Z. 28. Die Vorteile lagen offenbar in dem bewilligten Honorar. Am 27. Aug. erhielt Sch. nach K. von Kirms 150 Thaler.
Zu S. 56. Z. 1. Vgl. Kirms’ Brief an Sch. vom 9. Juli. Vgl. zu Nr. 1477. Zu Z. 9. Der Aufsatz von Meyer über Lehranstalten zu Gunsten der bildenden Künste erschien im 4. Propyläenhefte.