Friedrich SchillerFriedrich Schiller

Friedrich Schiller an Wolfgang von Goethe

Jena 24. Dec. [Montag] 98. 

Ich setze mich mit einem sehr erleichterten Herzen nieder um Ihnen zu schreiben, daß die Piccolomini so eben an Ifland abgegangen sind. Er hat mich in seinem Briefe so tribuliert und gequält zu eilen, daß ich heute meine ganze Willenskraft zusammen nahm, drei Copisten zugleich anstellte, und (mit Ausschluß der einzigen Scene im astrologischen Zimmer, die ich ihm nachsende) das Werk wirklich zu Stande brachte. Eine recht glückliche Stimmung und eine wohl ausgeschlafene Nacht haben mich secundiert, und ich hoffe sagen zu können, daß diese Eile dem Geschäft nichts geschadet hat. So ist aber auch schwerlich ein heiliger Abend auf 30 Meilen in der Runde verbracht worden, so gehezt nehmlich und qualvoll über der Angst nicht fertig zu werden. Ifland hat mir seine Noth vorgestellt, wenn er in den zwey nächsten Monaten, der eigentlichen TheaterZeit, nichts hätte, wodurch er die Opern, welche frei gegeben werden, balancieren könnte, da er, in seiner Rechnung auf das Stück, auf nichts anders gedacht hätte, und gab mir den Verlust bei dem versäumten Tempo auf 4000 Thaler an. 

Ich werde nun diese Woche anwenden, das Exemplar des Stücks für unser Weimarisches Theater in Ordnung schreiben zu lassen, die astrologische Scene überdenken, und dann auf die nächste Woche, etwa den 2ten, wenn die Witterung und mein Befinden es zulassen, zu Ihnen kommen. 

Da ich nicht weiß, ob mir eine Summe Geld, die ich erwarte, zu rechter Zeit eingeht, so will ich das nicht erst erwarten, und in Hofnung, daß ich im Nothfalle bei Ihnen etwas borgen kann, wenn ichs ja brauchen sollte, mein Paquet machen. 

Für Ihre Güte mir das Logis zu verschaffen, danke ich Ihnen sehr. Meubles, hölzerne, wird mein Schwager missen können, Betten aber nicht, und wenn Sie mir also davon etwas leihen wollen, so brauche ich desto weniger mit zu bringen. 

Was unsre Communicationen betrifft, so wird sich mit einer Kutsche schon eine Einrichtung machen lassen. 

Und nun für heute Lebewohl. Ich mußte mein Herz erleichtern und Ihnen dieses neueste Evenement in meinem Hause melden. Meine Frau läßt Sie aufs beste grüßen. 

S.


Bemerkungen

1 Zu S. 475. Z. 25. Nach diesen Worten hätte ich Nr. 1420 diesem Brief voranstellen sollen.
Zu S. 476. Z. 20. Vgl. Nr. 1418.