Friedrich SchillerFriedrich Schiller

Friedrich Schiller an August Wilhelm Iffland

Jena den 24 December [Montag] 1798.

Hier erfolgen die Piccolomini. Ich habe gethan was ich konnte um mein Versprechen pünktlich zu erfüllen, aber der November und December sind schlechte Monate für einen Poeten, der noch dazu von jedem rauhen Lüftchen abhängt, wie ich. Seien Sie versichert, daß ich alles, was Sie mir in Ihrem letzten Briefe ans Herz legten, beherzigt habe und beherzigen werde und ich habe gewiß mehr Unruhe als Sie Selbst über diese kleine Verzögerung gehabt. 

Noch muß ich bemerken, daß in diesem Manuscript Eine Scene ganz und eine Stelle, die sich auf jene bezieht noch in einer andern fehlt. Es ist die erste Scene des 4ten Akts worin eine astrologische Operation vorgeht und Wallenstein der glückliche Tag bestimmt wird. Um Sie nicht aufzuhalten habe ich das Manuscript lieber ohne diese Scene, die heut über 8 Tage gewiß folgt, abgeschickt. 

Ich brauche zu dieser astrologischen Fratze noch einige Bücher, die ich erst übermorgen erhalte, und zugleich muß ich wegen Decorirung und Architectur des astrologischen Thurmes mit Göthen noch Rücksprache nehmen, wegen der theatralischen Ausführbarkeit. Wie gesagt aber erhalten Sie diesen Rest in einer Woche. Sie haben bloß die Güte, zu verordnen, daß in der Rolle Wallensteins und Senis beim Anfang des vierten Akts ein paar Blätter, und in der Rolle der Gräfin und der Thekla in dem vierten Abschnitt des zweiten Akts ein paar Seiten leer gelassen werden. 

Ferner frage ich noch an, wem Sie die Rolle des Octavio zugedacht haben, damit ich wisse, ob es bei diesem stummen Ende des Stücks bleiben kann. Man hat mir hier gesagt, daß Sie den Wallenstein selbst nicht spielen wollten, sondern ihn an Fleck geben. Da ich Fleck nicht kenne, aber Sie, so muß mir dieses freilich leid thun und ich hoffe noch, daß es nicht dabey bleiben wird. Der Octavio, so bedeutend er ist und es durch Sie noch werden müßte, könnte doch nothdürftig auch durch ein subalternes Talent geleistet werden, aber Wallenstein fordert ein eminentes, und der Schauspieler der ihn treffen will, muß eben so als Herrscher unter seiner Mitschauspielern dastehen und anerkannt seyn, als Wallenstein der Chef unter seinen Obersten. Sollten Sie indeß den Umständen dieses Opfer bringen wollen, so hoffe ich Sie doch in Weimar noch gewiß als Wallenstein zu sehen. 

Um nun auf meine Frage zurückzukommen, so würde ich, wenn Sie meinen, am Schluß des fünften Akts noch ein paar Worte sagen lassen, die dem Stück zu einem bedeutenden Schlußsteine dienten, und den Zusammenhang mit dem dritten Stück noch ein wenig deutlicher machten. In Weimar werde ich es thun und auch in dem Gedruckten. 

Daß Sie das dritte Stück vor Ausgang Februars werden geben können, dafür stehe ich. Es ist um sehr vieles, wohl um ein gutes Drittheil, kürzer als die Piccolomini, welche anfangs am Ende des dritten Akts hatten endigen sollen, und alsdann das kleinere Stück gewesen wäre. Aber eine reife Überlegung der Forderungen, welche das Publikum einmal an ein Trauerspiel macht, hat mich bewogen, die Handlung schon im zweiten Stück weiter zu führen, denn das dritte kann durch das tragische seines Innhalts sich auch, wenn es kleiner ist, in der gehörigen Würde behaupten. 

In dem dritten Stück, wovon ich das Personal und die Decorationen auf beiliegendem Blatt angebe, hat Max Piccolomini nur noch Eine aber die Hauptscene, und Octavio Piccolomini erscheint erst am Ende des Stücks, nach Wallensteins Tode, wieder und beschließt das Stück. Aber eine neue sehr bedeutende Rolle ist Gordon; ein gutherziger fühlender Mann von Jahren, der weit mehr Schwäche als Charakter hat, sich also für einen Schauspieler schickt, der im Besitz ist, schwache zärtliche Väter, alte Moors etc. zu spielen. Er muß aber in guten Händen seyn, denn er nimmt an den wichtigsten Scenen theil, und spricht die Empfindung, ich möchte sagen, die Moral des Stücks aus. Wahrscheinlich werden Sie also einen guten Schauspieler aus den Piccolominis weglassen und auf den Tod Wallensteins für Gordon aufheben müssen. 

Buttler, Wallensteins Mörder, wird sehr bedeutend.

Der Bürgemeister von Eger, ist ein Philister, der durch den Schauspieler, welcher den Kellermeister spielen wird, sehr gut wird besetzt werden können. 

Was den Seni betrifft, so wird es nicht zu wagen seyn, ihn in gar zu karrikaturistische Hände zu geben, weil er im dritten Stück, bei einem sehr pathetischen Anlaß erscheint, und die Rührung von Wallensteins letzter Scene leicht verderben könnte. 

Wie wichtig die Gräfin ist, brauche ich nicht zu sagen. 

Möchten übrigens die Piccolominis Ihre Wünsche erfüllen! Ich sehe Ihrem Urtheil darüber mit Verlangen entgegen. 

Ganz der Ihrige 

Schiller.


Bemerkungen

1 Nach K. wäre der Brief bereits am 13. eingetr. Iffland schrieb ganz begeistert über den Eindruck der Piccolomini auf ihn: „Es ist wie der Friede Gottes über alle gewöhnliche Vernunft.“
Zu S. 477. Z. 16. Schiller schickte diese Scene am 28. Dez. nach. In K. steht unter d. 1. Jan. 1799: Nachtrag zu den Picc. an Iffland. Das waren Kürzungen.
Zu S. 479. Z. 5. Iffland stellte in Z. Sch. anheim, ob er Octavio, Gordon oder Buttler spielen solle.