Friedrich SchillerFriedrich Schiller

Friedrich Schiller an Wolfgang von Goethe

Jena 23. 8br. [Dienstag] 98. 

Es ist Schade, daß Sie diese letzten schönen Tage nicht noch in Jena ausgewartet haben. Es geht uns darinn ganz wohl, ob ich gleich in meiner Arbeit nicht so schnell fortrücke, als ich dachte. Die Umsetzung meines Texts in eine angemessene, deutliche und maulrechte Theatersprache ist eine sehr aufhaltende Arbeit, wobei das schlimmste noch ist, daß man über der nothwendigen und lebhaften Vorstellung der Wirklichkeit, des Personals und aller übrigen Bedingungen allen poetischen Sinn abstumpft. Gott helfe mir über diese Besogne hinweg. Uebrigens konnte es nicht fehlen, daß dieser deutliche Theaterzweck, auf den ich jetzt losarbeite, mich nicht auch zu einigen neuen wesentlichen Zusätzen und Veränderungen veranlaßt hätte, welche dem Ganzen zuträglich sind. 

Ich habe seit Ihrer Abreise nichts vorgenommen als meine Arbeit, und nichts gesehen als meine Familie, kann Ihnen also heute nichts neues noch sonst erbauliches schreiben. Wenn Sie etwas in Erfahrung bringen, so lassen Sie michs ja wissen. 

Leben Sie recht wohl. Meine Frau empfiehlt sich. An Meiern schöne Grüße. 

Sch. 

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