Friedrich SchillerFriedrich Schiller

Friedrich Schiller an Wolfgang von Goethe

Jena 16. Jul. [Montag] 98. 

Humboldts Adresse folgt hier. Es ist ein eigener Zufall daß auch Sie dieses kritische Geschäft in einer gewißen Zerstreuung abthun müssen, nachdem ich mit dem beßten Willen gleichfalls nicht die ganze Aufmerksamkeit darauf wenden konnte. 

Ich bin leider mit meinen Krämpfen noch immer geplagt und die Unordnung im Schlafen verderbt mir jede Stimmung zur Arbeit. Da ich in diesen Tagen ohnehin mehrere Zerstreuungen habe, so ist der Zeitverlust weniger groß. 

Ich bin begierig über Ihre mit den großen eisernen Massen und dem Magnet neu gemachten Entdeckungen. Wenn Ihnen das nächste Vierteljahr nothwendig so zerstückelt werden soll, so wird das poetische freilich zu kurz kommen, dafür aber können Sie in diesen physischen Dingen desto weiter kommen, welches auch nicht schlimm ist. 

Unter Ihren fünf Fächern in die Sie die dualistischen Erscheinungen ordnen, vermisse ich die chemischen, oder laßen sich diese nicht unter jenes Prinzip bringen? – Diese Methode wird, bei der gehörigen Wachsamkeit und Unterscheidungen, am beßten kund thun, ob alle Glieder derselben einander coordiniert oder eins dem andern subordiniert ist. 

Zu der Verbeßerung im Theater gratuliere ich. Wollte Gott wir könnten dieser äußern Reforme auch mit einer innern im dramatischen Wesen selbst entgegen kommen. Mein Schwager der gestern hier war, rühmt die Anlage auch sehr; er meinte aber, daß man über die Festigkeit nicht ganz sicher wäre. 

Mein Häuschen ist gerichtet, aber jetzt sieht man erst, wie viel noch geschehen muß, eh man darinn wohnen kann. Es gewährt eine recht hübsche Aussicht besonders nach dem Mühlthal. 

Der Mangold kömmt schön hervor. 

Leben Sie recht wohl. Meine Frau wie auch meine Schwiegermutter empfehlen sich Ihnen. 

S. 

Citoyen Humboldt rue de Verneuil Faubourg St. Germain vis à vis la rue St. Marie Nro. 824.