Friedrich SchillerFriedrich Schiller

Friedrich Schiller an Gottfried Körner

Jena, 16. März [Freitag] 1798.

Ich glaubte von Posttag zu Posttag, Dir etwas von Wallenstein schicken zu können, aber obgleich ein tüchtiger Vorrath beisammen ist, so sind noch einige Lücken, welche auszufüllen ich bis jetzt noch keine rechte Stimmung habe finden können; und ließ ich sie, so würden sie Dich doch stören, obgleich sie keinen wesentlichen Theil der Handlung betreffen. Aller Unterbrechungen ungeachtet, welche mir öftere Kränklichkeit in diesem Winter gemacht hat, und neuerdings seit 8 Tagen wieder machte, bin ich doch ziemlich vorwärtsgerückt, und hoffe am Ende des Junius fertig seyn zu können. 

Es macht mir wirklich eine Epoche, Dir den Wallenstein vorzulegen. Deine und meine Forderungen an ein Kunstwerk sind seit diesen 11 Jahren, da ich das letzte Drama gemacht, gestiegen, und Gott gebe, daß meine Kräfte zugleich gestiegen seyn mögen. 

Deine Kritik des Almanachs ist mir immer ein rechter Schmaus und hält mich auf der guten Bahn. Mache ja fort. Ich werde die Blätter Goethe, den ich nächste Woche endlich erwarte, zusammen vorlegen und mich mit ihm über die Einstimmigkeit Deines Urtheils mit dem unsrigen freun. 

Ich habe vor etwa 14 Tagen endlich das Bürgerdiplom von Paris erhalten, das schon vor fünf Jahren von Roland ausgefertigt worden, und bis jetzt in Strasbrug gelegen hat1. Es ist ganz aus dem Reich der Todten an mich gelangt, denn das Loi haben Danton und Claviere unterschrieben, und den Brief an mich Roland. Die Besorgung ging durch Custine, auf seinem deutschen Feldzuge; und diese alle sind nicht mehr. 

Zu dieser Ehrenbezeigung ist kürzlich noch eine andere gekommen2, die mir ebenso wenig hilft. Unsere Höfe haben mir aus eigener Bewegung die Würde eines Professor ordinarius honorarius zugetheilt. Ich gewinne zwar nichts dabei, nicht einmal einen Anspruch auf eine künftig einmal vacante Besoldung – indessen hat es mich doch gefreut, daß man mir, ohne den geringsten Vortheil von mir zu haben oder zu hoffen, da ich schon viele Jahre lang nicht mehr lese, diese Aufmerksamkeit bewiesen hat. 

Die Horen hören auf; es ist mir völlig unmöglich, mich dafür zu interessiren, und Cotta hat auch, bei dem starken Honorar, eher Schaden als Gewinn. Doch war er bereit sie fortzusetzen. 

S.


1 Schiller erhielt es am 1. März durch Campe in Braunschweig. Gedruckt ist es in A. v. Kellers Nachlasse zur Schillerliteratur S. 20-22; bekanntlich heißt Schiller darin sieur Gille, publiciste Allemand.
2 Am 16. März. Schillers Kalender S. 59.


Bemerkungen

1 Zu S. 362. Z. 14. Vgl. zu Nr. 1321. Zu Z. 23. Vgl. zu Nr. 1323.