Friedrich SchillerFriedrich Schiller

Friedrich Schiller an Jakob Horner

Jena 26 Juni [Montag] 97. 

Die Antwort auf Ihren freundschaftlichen Brief und die darinn enthaltenen Gedichte hat sich zufälliger weise verzögert, aber ich rechne auf Ihre gefällige Nachsicht. Die Gedichte ihres Freundes zeugen für sein Talent, ich werde mich freuen wenn Sie mir mehr von ihm zusenden und mir einige Auswahl unter seinen Arbeiten verstatten wollen. Auch werde ich von der Freiheit, die Sie mir im Nahmen des Verfaßers, über diese Gedichte vergönnen Gebrauch machen und dasjenige auslassen, was mir, sey es in ästhetischer oder auch in moralischer Rücksicht nicht recht zulässig scheint. Laßen Sie Selbst den Antheil, den Sie voriges Jahr an d. Horen genommen, nicht ganz vorbey seyn. 

Mit aufrichtiger Ergebenheit 

D. Ihrige 

Schiller. 

               verte. 

Die Gedichte wünschte ich vor Ende des Julius noch zu haben, um für meinen neuen Almanach Gebrauch davon zu machen. Auch bitte ich um den Nahmen Ihres Freundes oder um deßen Chiffre, wenn er unbekannt zu bleiben wünscht, weil in Almanachen jedes Gedicht sein Zeichen haben muß.


Bemerkungen

1 Zu S. 208. Z. 2. Horners Freund war der Bildhauer Keller in Rom, von dem der Musenalmanach für 1798 erotische Elegien brachte. Zu Z. 7. Horner hatte im 6. Heft der Horen 1796 einen Aufsatz: Aus Platons Theätetus veröffentlicht.