Friedrich SchillerFriedrich Schiller

Friedrich Schiller an Wilhelm von Wolzogen

Montag, 18. Juni [fälschlich für 19.] 1797. 

Von Deiner Arbeit hab ich schon angefangen Gebrauch zu machen, und wenn wir uns einander noch über einige Maximen dabei werden verständigt haben, so denke ich, daß Du nicht soviel überflüssige Arbeit daran haben wirst. Aus dieser ersten Sendung mußte ich freilich noch vieles, fast ein Drittel, ganz weglassen, weil es zum Hauptzweck nicht hilft, nicht interessirt und dem Bedeutenden den Platz wegnimmt. Und da das Publikum nach und nach 15 bis 16 gedruckte Bogen von diesem Werk verschlingen soll, so muß der erste Bissen ihm schmecken, daher ist es durchaus nötig, daß wir gleich in dieser ersten Lieferung nicht nur vornherein nachhelfen, sondern auch bis zu einer prägnanten Periode hindurch zu dringen suchen, und das Stück alsdann an der rechten Stelle abbrechen. Eine Einleitung habe ich heute gemacht. 

Cotta hat mir ein Exemplar von Vieilleville verschafft, Du brauchst also die 3 folgenden Bände nicht in Weimar zu suchen, das Botenmädchen bringt sie Dir übermorgen. 

Freilich wäre mirs nicht blos dieses Geschäftes wegen äußerst lieb, Dich Dienstag oder Mittwoch hier zu haben. Ich selbst kann nicht abkommen, die Geschäfte drängen mich zu sehr. Besonders meines vorhabenden Baues wegen hab ich Deine Gegenwart nöthig, denn binnen wenigen Tagen muß die Resolution gemacht werden. Der Riß ist gemacht und Maurer und Zimmermann haben ihre Aufsätze auch geliefert. Es fehlt also blos an einem verständigen Urtheil, das ich von Dir erwarte, und das Du nur in loco geben kannst; noch würde ich die Handwerksleute gern mit Deiner Weisheit confrontiren. 

Wir würden diese beiden, sehr verschiedenen Geschäfte bei einer Bouteille Johannisberger in Überlegung nehmen. – Kannst Du ohne etwas zu versäumen Dienstag oder Mittwoch kommen, so wirst Du mich sehr dadurch erfreuen. 

Lolo grüßt Alles aufs beste. Mittwoch oder Donnerstag spätestens kommt sie nach Weimar. 

Was Ungers Sache betrifft, so käme es darauf an, ihm vorzuschlagen, ob ers zufrieden ist, wenn er die drei letzten Bogen Ende Novembers erhält: so hätte die Frau noch fünf ganze Monate vor sich, worin sie, wenn zwei auch ganz verloren gehen, 10 oder 12 kleine Bogen wohl fertigen kann. Geht man Ungern seine Bitte nicht ein, so fürchte ich, er tritt auf die Hinterbeine. 

Chère Mère und die Frau grüße schönstens von mir. Lebe wohl. 

Sch.


Bemerkungen

1 Zu S. 202. Z. 17. Nach Fielitz, Archiv f. Littgesch. VIII. S. 428 ist das Datum richtig, nur der Tag falsch. Es ist zu lesen: Sonntag d. 18. Juni. Als der Brief expediert war, wird unerwartet Wolzogen angekommen sein und abends bei der Rückkehr gleich Lotte mitgenommen haben. Vgl. Nr. 1204. Am 20. oder 21. Juni schrieb Wolzogen einen Brief, vgl. Archiv f. Littgesch. VIII. 428. Am Freitag kehrte Lotte nach Jena zurück und brachte wieder einen Brief von Wolzogen mit, der bei Urlichs, Charl. v. Sch. II. 121 gedruckt ist. Zu Z. 18. Wolzogen übersetzte den Vieilleville auszugsweise für die Horen.
Zu S. 203. Z. 19. Ungers Sache ist der Verlag der Agnes v. Lilien. Zu Z. 22. Karoline erwartete ihre Entbindung.