Friedrich SchillerFriedrich Schiller

Friedrich Schiller an Wilhelm Schlegel

[Jena 1. Juni (?) Donnerstag] 97.

Sehr ungern, seyen Sie versichert, entschloß ich mich zu dem unangenehmen Schritt, aber die Umstände foderten ihn längst. Ihnen mache ich keinen Vorwurf, und ich will Ihrer Versicherung, daß Sie Sich gegen mich nichts vorzuwerfen haben, gerne glauben, aber dadurch wird leider nichts verändert, weil bei den großen Ursachen zum Mißvergnügen, die Ihr Herr Bruder mir gegeben hat und noch immer zu geben fortfährt, das gegenseitige Vertrauen zwischen Ihnen und mir nicht bestehen kann. Ein Verhältniß, das durch eine natürliche Verbindung von Umständen unmöglich gemacht wird läßt sich mit dem beßten Willen nicht erhalten. In meinem engen Bekanntschaftskreise muß eine volle Sicherheit und ein unbegränztes Vertrauen seyn, und das kann, nach dem was geschehen, in unserm Verhältniß nicht statt finden. Beßer also wir heben es auf, es ist eine unangenehme Nothwendigkeit, der wir, beide unschuldig wie ich hoffe, nachgeben müssen; dieß bin ich mir schuldig, da niemand begreifen kann, wie ich zugleich der Freund Ihres Hauses und der Gegenstand von den Insulten Ihres Bruders seyn kann. 

Versichern Sie Madame Schlegel, dass ich von dem lächerlichen Gerüchte, Sie sey die Verfaßerin von jener Recension nie Notiz genommen habe, und sie überhaupt für zu verständig halte, als daß sie sich in solche Dinge mische. 

Schiller.


Bemerkungen

1 Zu S. 197. Z. 21. Bezieht sich auf eine Nachschrift Karoline Schlegels zu X. Übrigens hat Karoline öfters Recensionen geschrieben und sich „in solche Dinge gemischt“. Vgl. Waitz, Caroline S. V.