Friedrich SchillerFriedrich Schiller

Friedrich Schiller an Gottfried Körner

Jena, 21. Nov. [Montag] 96.

Dein Brief über den Meister hat mich eben so erfreut, als er mich überrascht hat; und ich unterschreibe Goethes Meinung darüber vollkommen, dessen Brief1 ich Dir hiemit übersende. Hoffentlich wirst Du es billigen, daß ich diese Gedanken über d Meister, ganz so wie sie sind, als Auszug aus einem Briefe, in die Horen einrücke. In der anspruchslosen Manier müssen sie jedem lieb seyn, der den Roman gelesen hat, und werden sicher mehr wirken, als eine Recension in Forma.

Burgsdorf ist seit einig Tagen hier und gefällt auch mir überaus wohl. Wir bringen nebst Humboldts regelmäßig die Abende miteinander zu. Er gefällt mir eben so sehr durch seine Bescheidenheit und Ruhe, als durch den Gehalt, der in ihm zu liegen scheint. Von euch spricht er mit großer Anhänglichkeit.

Humboldts Mutter ist vor einig Tagen gestorben: dies verbessert seine Lage sehr, und macht ihm die Ausführung seiner Pläne nun erst recht möglich. Den nächsten Sommer gedenkt er in Dresden zuzubringen wo wir also vermuthlich zusammen seyn werden.

Für Deine Composition meines Mädchens aus der Fremde habe ich Dir noch nicht gedankt. Sie war mir sehr willkommen und gefällt mir wohl. Der Besuch von Zelter scheint mir doch auch nicht verunglückt zu seyn, wenigstens mir macht er einen recht angenehmen Eindruck.

Die Lecture der Quellen zu meinem Wallenstein beschäftigt mich jetzt ausschließend, ich kann diesem Gegenstand schlechterdings nicht anders beykommen, als durch das genaue Studium der Zeitgeschichte. Was ich sonst darüber gedacht und daran gebildet, hilft mir nicht sonderlich viel: ich bin erst jetzt mit den Anfoderungen an diesem Stoff und mit den Schwierigkeiten dabey recht bekannt worden; doch hoffe ich sie glücklich zu überwinden.

Lebe wohl und grüße die Frauen recht herzlich von uns. Die Kinder sind wohl auf und der kleine Ernst besonders wird allerliebst.

Nächstens mehr

Dein

S.