Friedrich SchillerFriedrich Schiller

Friedrich Schiller an Gottfried Körner

Jena, 17. 8. [Montag] 96.

Das Zahnweh hat mich verlassen, der kleine Ernst ist auch wieder besser, und so fang ich denn an, wieder aufzuleben. In der letzten Woche lag noch ein sehr drückendes Geschäft auf mir: die Spedition des Almanachs, welche dem Buchdrucker von Cotta übergeben war, aber von ihm, da er auf die Messe reiste, nicht besorgt werden konnte. Auch konnte ich ihm die an sich wichtige Sache, da er nicht accurat ist, nicht wohl anvertrauen. Cotta hatte die Speditionsliste nebst den nöthigen Notizen hierher geschickt. Es waren in allem 155 größere und kleinere Pakete an ebenso viele Buchhandlungen zu machen, welche alsdann an den Cottaschen Commissionair nach Leipzig geschickt und von ihm an die Behörde besorgt wurden. Dieses Geschäft war deswegen keine Kleinigkeit, weil 3- bis 4erlei Formen des Almanachs, deren jede einen andern Preis hat, zu vertheilen war; einige mußten ferner mit, andere ohne Kalender verschickt werden, zu jedem Paket kamen gedruckte Speditions- und Preiszettel, die ich beschreiben mußte: über dies alles mußte ein Buch gehalten werden. Während der Arbeit selbst fehlte es bald am Buchbinder, bald an den Musikalien u. s. f., so daß ich wirklich meine Buchhalterlehrjahre dabei ausgestanden, ob ich gleich das eigentliche Packgeschäft nur bei der ersten Lieferung in meinem Hause verrichten ließ, die zwei andern Lieferungen aber, nachdem ich die Contenta angeordnet, durch einen hiesigen Buchhändler packen und fortschicken ließ. Es sind jetzt von dem Almanach über 1400 Exemplarien auf die Leipziger Messe verschickt; gegen 400 sind roh an Cotta gelaufen, 108 sind bloß hier und in Weimar verkauft worden, obgleich in beiden Städten über 1 Dutzend verschenkter Exempl. circulirt.

Buchh. Böhme aus Leipzig, an den ich die Ballen besorgt, schreibt mir, daß sie sich reißend vergriffen.

Es geht mir mit Euch Herren und meinen diesjährigen Gedichten wie im vorigen Jahre, jeder wählt sich ein anderes für seinen Geschmack aus. Dem Humboldt geht nichts über die Geschlechter, Goethen sind die tabulae votivae, an denen er selbst sehr wenig Antheil hat, das liebste von mir; auch ich halte auf die tabulas votivas am meisten. Indessen freut es mich sehr, daß Du die zwei ersten: das Mädchen und Herculanum liebst; in beiden habe ich meine Manier zu verlassen gesucht, und es ist eine gewisse Erweiterung meiner Natur, wenn mir diese neue Art nicht mißlungen ist.

Hier sende ich auch die Melodien von Zelter zu dem Almanach und zwei neue Stücke Horen, die ich endlich nach langem Stillstand erhalten. Die Einlage bist Du so gut an Langbein zu senden.

Alles grüßt Dich und die Frauen aufs Beste.

Dein

S.

Diesen Augenblick erhalte ich Deinen Brief, der mir große Freude macht. Ich habe aber keinen Augenblick Zeit mehr.