Friedrich SchillerFriedrich Schiller

Friedrich Schiller an Gottfried Körner

Jen 15. Aug. [Montag] 96.

Ich kann Dir heute nur ein paar Worte schreiben. Die Post nach Schwaben ist wieder offen und ich habe eine starke Expedition dahin. Von meiner Familie in Schwaben habe ich tröstlichere Nachrichten, als ich erwarten konnte. Von dem Kriege hat sie so viel nicht gelitten, desto mehr aber von dem Zustand meines Vaters, der an einer hartnäckigen und schmerzhaften Krankheit dem Tode langsam entgegen schmachtet. Wie traurig dieser Zustand bei gegenwärtigen Umständen ist, kannst Du denken.

Cotta schreibt mir auch, daß man in Tübingen wenig von den Franzosen belästigt worden sey; überhaupt sey es in den Städten noch ganz gut abgelaufen, einige Dörfer aber geplündert worden. Die Buchhändlerischen Geschäfte, und folglich auch die schriftstellerischen, gehen ihren ordentlichen Gang. Horen können aber der Post noch keine anvertrauet werden, wie denn überhaupt die schwäbischen Briefe nur durch den Umweg über Frankfurth hieher laufen.

Mit meiner Frau, die sich euch herzlich empfiehlt, geht es recht gut. Auch der kleine Ernst, obgleich er schwächlich ist und viel von Krämpfen leidet, hält sich sonst ordentlich, und fängt an, sich gut an die neue Kost zu gewöhnen. Mit mir geht es wenigstens nicht schlechter.

Humboldts haben seit 14 Tagen eine große Reise nach dem nördlichen Theil Deutschlands biß auf die Insel Rügen angetreten. Er wollte diese Gegenden jetzt noch mitnehmen, weil er späterhin nicht mehr dahin zu gelangen hoffte, und eine Reise wollte und mußte er machen um sich von dem Druck und Elend, das er bey seiner Mutter ausgestanden, etwas zu erholen. Diese lebt immer noch, obgleich ohne Hofnung des Aufkommens. Er glaubt sie bey seiner Zurückkunft in Berlin am 7ten September noch in den alten Umständen anzutreffen. Den ganz kleinen haben sie in Berlin zurückgelassen, aber das Mädchen mitgenommen.

Der Almanach geht seinen Gang fort und fällt sehr reich aus; ja er übertrift den vorjährigen gewiß. Die Idee mit den Xenien ist nicht ganz aufgegeben. Bloß die ernsthaften, philosophischen und poetischen sind daraus vereinzelt und bald in größeren bald in kleineren Ganzen vorne angebracht. Die schönsten von diesen kennst Du gar nicht und wirst Dich sehr darüber freuen. So haben wir, ausser mehreren kleineren ganzen, 70, 80, die zusammengehören, in Einer Folge vereinigt, und uns beyde unterschrieben, ohne anzumerken, von welchem unter beyden die einzelnen sind.

Die satyrischen, welche eine Anzahl von 230 ausmachen, folgen hinten unter dem Namen Xenien nach, wie die Epigramme im vorigen Almanach. Von mir wirst Du auch noch manches andere im Almanach lesen, was Du nicht erwartest.

Herzlich umarmen wir euch. Schreibe bald wieder.

Dein

Sch.