Friedrich SchillerFriedrich Schiller

Friedrich Schiller an Wolfgang von Goethe

Jena den 8. Aug. [Montag] 96.

Ihre neue Entdeckung ist in der That wunderbar; sie scheint bedeutend und auf eine wichtige Spur zu führen. Sie erinnerte mich an die schnelle und gewaltsame Entwicklung welche in dem Herzen und den Lungen des Neugebohrenen Thiers vorgeht. Daß der Schmetterling die Lichtseite so sehr vermeidet, ist auch etwas merkwürdiges, und muß abermals auf den Einfluß des Lichts auf organische Naturen aufmerksam machen.

Ich wünschte sehr, das Phaenomen selbst zu sehen. Sie setzen diese Tage wahrscheinlich Ihre Versuche fort, und werden mir, wenn Sie hieher kommen, mehreres davon zu erzählen haben.

Hier wird allgemein erzählt, daß in Weißenfels eine Zusammenkunft zwischen d Churfürsten von Sachsen, einigen Herzogen von Sachsen ja selbst d König von Preußen im Werke sey. Die Sachsen würden die Stadt Erfurt besetzen u was des Gerüchtes mehr ist. Aus Schwaben ist noch immer keine Nachricht gekommen, und ich kann keine dort hin bringen.

Schlegels Bruder ist hier; er macht einen recht guten Eindruck und verspricht viel. Humboldt hat eine große Reise nach d nördlichen Deutschland biß auf die Insel Rügen angetreten, wird die Freunde und Feinde in Eutin und Wandsbeck besuchen und uns allerley kurzweiliges zu melden haben. Ich konnte nicht recht begreifen, was ihm auf einmal ankam, sich dorthin in Bewegung zu setzen.

Das 8te Buch ruht wohl noch?

Haben Sie nicht eine Schrift über die Herkulanischen Entdeckungen? Ich bin gerade jetzt einiger Details darüber bedürftig und bitte Sie darum. Schon in Volkmanns Geschichte findet man glaube ich mehreres davon.

In meinem Hause stehts gut. Wir freuen uns alle (denn Karl gehört auch dazu) auf Ihre Hieherkunft.

Kommen Sie ja recht bald.

Sch.

[Adresse:]
            Des Herrn
Geheimen Rath von Göthe
        Hochwohlgeb. in
  fr.                              Weimar.