Friedrich SchillerFriedrich Schiller

Friedrich Schiller an Luise von Lengefeld

Montag Nachmittag 11. Jul. 96. [Montag.]

Freude, liebe chere Mere! Vor 2 Stunden kam unsere liebe kleine Frau mit einem frischen u. muntern Jungen glücklich nieder. Die Geburt war nicht schwer, und die Wehen dauerten gar nicht lang, Stark accouchierte sie, überaus leicht, und das Kind war da, ehe wir es uns träumen ließen. In den letzten Tagen mußte sie viel von Krämpfen leiden, aber die Niederkunft erwarteten wir so schnell noch nicht. Jetzt befindet sie sich, die Entkräftung abgerechnet, recht brav, und es ist alle gute Hofnung da, daß die Wochen leicht und gelind vorbey gehen werden.

Wie würde chere Mere uns erfreuen, wenn sie uns jetzt auf eine Zeitlang besuchte. Lolo würde alles noch einmal so leicht überstehen und auch mir würde es ein wahrer Trost seyn. Auch rechnet Lolo gewiß darauf und hofft Sie auf den Mittwoch oder spätestens Donnerstag, wo der kleine Ernst getaufft werden soll hier zu sehen.

Haben Sie die Güte, beßte chere Mere, Innlage an den Oncle zu befördern und die gute Botschaft Gleichens und Ulriken, die ich schönstens grüße zu überbringen.

Lolo grüßt Chere Mere aufs beßte; der kleine Kaka machte große Augen über das Brüderchen und kann sich noch nicht recht darein finden.

Leben Sie tausendmal wohl und denken Sie, daß wir Sie für gewiß in wenig Tagen hier zu sehen hoffen.

Aufs herzlichste grüßt Sie

Ihr                                                
ewig dankbarer und ergebener Sohn
Fr. Schiller.                  

              an die Frau
  Hofmeisterin von Lengefeld
            geb. v. Wurmb
                                    in
                             Rudolstadt.