Friedrich Schiller
Friedrich Schiller an Wolfgang von Goethe
24. Jun. [Freitag]
Sie haben wohl recht, daß die Broschüre mich in eine eigene Welt führen werde. Mein Lebenlang hätte ich in mir selbst so eine Fratzensammlung nicht zusammen bringen können, und jeder Strich trägt den Stempel daß man aus der Natur geschöpft hat. Es ist wirklich kein unmerkwürdiges Machwerk, so grob und plump es auch ist und hat mich recht divertiert. Auch das gefällt mir, daß die politischen Feindschaften doch auch einen humoristischen Ausdruck zu nehmen anfangen. Es sollte wirklich Nachahmer finden.
Meyers Lebhaftigkeit hat mich recht belustigt, und daß er mitten in seinem Italien die deutschen Affen und Esel sich so herzlich angelegen sein läßt. Schreiben Sie ihm nur, daß es ganz von ihm abhänge, wann er sich in dieses Gefecht der Trojer und Achäer mischen wolle. Er kann es gleich in dem ersten Brief thun, den er an Sie schreibt, und den wir drucken lassen können.
Humboldt schrieb mir vorigen Mittwoch nur zwey Zeilen, um sein Nichtschreiben zu entschuldigen, auch bey Ihnen. Er wird Ihnen morgen die Idylle zurücksenden, auf die er gerne ausführliche antworten wollte. Seine Mutter wird bald sterben und das hält ihn denn wahrscheinlich länger in B. fest.
An Zelter schreibe ich, sobald ich ihm etwas zu senden weiß. Riethen Sie mir, meine Ceres componieren zu lassen? Für den Gesang wär sie wohl ein gutes Thema, wenn sie nicht zu groß ist. Indeß haben wir, außer dem was von Ihnen ist, wenig anderes für die Musik zu hoffen.
Daß Sie ein Lied aus dem Meister in den Almanach geben können, ist köstlich. Nun wahrhaftig, wir wollen auf den dießjährigen Almanach uns etwas einbilden.
Die Xenien erhalten Sie Montag früh ganz gewiß. Es sind, nach Abzug der weggebliebenen, noch 630-40, und ich denke nicht, daß mehr als 15 oder 20 von diesen werden ausgemustert werden. Da der Zusammenhang und die Vollständigkeit wohl noch 80 neue nöthig machen, so wird die Zahl wohl auf 700 bleiben.
Montag ein mehreres. Leben Sie recht wohl.
Sch.