Friedrich SchillerFriedrich Schiller

Friedrich Schiller an Wilhelm Reinwald

Jena 6. Jun. [Montag] 96.

Hier lieber Bruder das Vte Stück der Horen, worinn Dein Aufsatz abgedruckt ist. Nach den Urtheilen, die ich hier eingezogen findet er vielen Beyfall, und Göthe der eben von mir weggegangen ist, war auch recht wohl damit zufrieden. Siehe doch wie Du uns noch mehr historische Aufsätze lieferst. Der Verdienst ist doch mitzunehmen, und bey historisch Ausarbeitung kann ich Dir immer 4 Carolin pro Bogen bezahlen.

Von der Solitude wirst Du erfahren haben, daß es mit der Louise sich zu beßern anfängt. Gebe Gott, daß die Krankheit keine langwürige Folgen hat, denn die arme Louise soll erstaunlich mitgenommen seyn. Deine Frau befindet sich wohl, und auch meine Mutter ist gottlob noch immer stark genug geblieben.

Meine Frau, die sich Dir herzlich empfiehlt, verspricht mir in 3, 4 Wochen einen neuen Weltbürger. Sie ist im achten Monat der Schwangerschaft. Ihre Krämpfe machen ihr aber viel zu schaffen, und ich bin sehr beunruhigt, biß alles glücklich überstanden ist. Der kleine Karl ist recht wohl auf, und entwickelt sich zusehends. Lebwohl lieber Bruder, von ganzem Herzen der

Deinige

Schiller.