Friedrich SchillerFriedrich Schiller

Friedrich Schiller an Christophine Reinwald

Jena 21. May [Sonnabend] 96.

      Liebste Schwester,

Täglich warte ich auf Nachrichten von Dir, die mich über die lieben Unsrigen beruhigen sollen. Seit Deiner Ankunft habe ich einen einzigen Brief von dir erhalten, der meine Besorgniße noch gar nicht vermindert. Hoven aus Ludwigsburg schrieb mir heute, und meldet, daß es, wie er gehört, mit der guten Louise sich etwas gebeßert habe. Gott gebe, daß dieses wahr seyn möge! Ueber den lieben Vater bin ich ruhiger, da mit seinem Leiden, so hart es auch ist, keine Gefahr verbunden. Daß unsre liebe gute Mutter bey all dem Jammer noch immer Stand gehalten ist eine Gabe vom Himmel, für die wir nicht genug danken können.

Wenn es nur mit der Louise sich bald beßerte, daß ihr den fatalen Ort verlaßen könntet, dann hoffte ich das beste für alle. Auch für Dich, liebe Schwester, wird mir bange, daß wenn an der Krankheit etwas ansteckendes ist, auch an Dich die Reyhe kommen möchte. Bediene Dich doch aller Gegenmittel die die Aerzte Dir rathen können. Wie muß ich es Dir nochmals danken, daß Du die Reise gemacht hast; ich habe jetzt erst erfahren, daß ich sie nicht hätte machen können, da meine Lotte am Ende des Julius spätestens niederkommen wird, und ich in einem solchen Zustande sie weder mitnehmen noch verlaßen könnte.

Dein Mann ist wohl, er hat mir vor nicht langer Zeit den Empfang des Geldes gemeldet, ich habe ihm zugleich 6 Carolin für seinen Aufsatz geschickt. Was Du noch an Gelde für Dich und die Unsrigen brauchst wird Cotta Dir in meinem Nahmen auszahlen.

Grüße Vater und Mutter und die gute Louise herzlich von mir und meiner Lotte, gieb mir ja so oft dies möglich ist Nachricht, wenn auch nur mit sechs Zeilen. Ich umarme Dich brüderlich.

Dein treuer

FSch.