Friedrich SchillerFriedrich Schiller

Friedrich Schiller an Christophine Reinwald

Jena den 6 May [Freitag] 96.

Zu meinem großen Trost liebste Schwester erfahre ich heut durch Deinen Mann, daß Du die Reise zu unsern lieben Eltern wirklich angetreten hast. Der Himmel segne Dich für diesen Beweis Deiner kindlichen Liebe, und laße uns alle die erwarteten guten Folgen davon ärnten. Seitdem ich dich dort weiß, bin ich um vieles ruhiger bißher konnte ich nicht anders als mit Schrecken an die traurige Lage der lieben Eltern und Schwester denken. Ich habe nicht nöthig, Dir erst zu empfehlen, was unter diesen Umständen zu thun ist: nur um das einzige bitte ich Dich, verhindre daß die lieben Eltern nicht aus ängstlicher Sparsamkeit eine heilsame Maaßregel zu ihrer Gesundheit versäumen. Ich habe einmal für allemal erklärt, daß ich die Kosten davon mit Freuden tragen will. Was also etwa an Geld nöthig, kannst Du Dir von Cotta in Tübing auszahlen laßen. Die acht Louisdors welche Du in M. aufgenommen sende ich diesen Abend an Deinen Mann. Ich werde ihm für seine Einwilligung zu Deiner Abreise herzlich danken.

Und nun liebste Schwester bitte ich Dich inständig um recht baldige und ausführliche Nachrichten von dem Zustand der lieben Unsrigen. Grüße sie alle tausend tausendmal. Ich umarme Dich, Dein treuer Bruder

Fr. Sch.