Friedrich SchillerFriedrich Schiller

Friedrich Schiller an Graf Ernst von Schimmelmann

Jena den 5 Febr. [Freitag] 1796.

Noch lebhaft gerührt von dem neuen Beweise Ihrer Großmuth, den ich kürzlich durch den Herrn Kammer-Rath Kirstein aus Koppenhagen erhielt, überlaße ich mich ohne Rückhalt den Empfindungen des Dankes, von denen mein Herz auf das innigste durchdrungen ist. Das Andenken alles dessen, was ich Ihnen, gnädigster Herr Graf, was ich Ihrem erhabenen Freunde schuldig bin, erneuert sich in meiner Seele, und nicht ohne eine gewiße Genugthuung, die mich erhebt und beglückt, gestehe ich Ihnen, daß ich die Absichten, welche bey Ihrer Großmuth gegen mich Sie beyde geleitet haben, nicht ganz vereitelt zu haben hoffe. Sie wollten mich durch Ihre edelmütige Unterstützung in den Stand setzen, dem Trieb meines Geistes ohne Schaden meiner körperlichen Kräfte zu folgen und mich aller äußeren Hinderniße entledigen, welche mich auf dem Wege zu der, mir erreichbaren, Vollkommenheit hätten aufhalten können. Ich glaube sagen zu dürfen, daß Sie diesen schönen Zweck bey mir nicht ganz verfehlt haben. Die Unabhängigkeit und Muße, welche Sie mir verschafft, hat es mir möglich gemacht, einen schweren, aber auch den sichersten Weg zu meiner Bildung einzuschlagen, und auf diesem Wege einige nicht unbedeutende Schritte zu machen. Soviel wenigstens empfinde ich, daß ich in den letzten vier Jahren, bey einer äußerst zerrütteten Gesundheit, einen größeren Schritt zu dem Ziel alles meines Strebens gethan, als vorher in meinem ganzen Leben und bey voller Gesundheit, und dieser Thätigkeit ungeachtet sind meine physische Kräfte, wenn gleich nicht hergestellt, doch auch nicht vermindert worden. Ohne Ihre großmuthsvolle Unterstützung hätte ich einen solchen Plan mit mir selbst gar nicht ausführen können oder doch nothwendig das Opfer davon werden müssen. Sie haben also, vortreflicher Herr Graf, Ihre Absicht mit mir nicht verfehlet, und das, weiß ich, ist genug gesagt, um ein Herz wie das Ihrige zu belohnen.

Ich bin glücklich, und zwar in der edelsten Bedeutung dieses Wortes, denn ich bin es durch meine Thätigkeit, durch eine Annäherung zu dem höchsten und letzten Ziel aller meiner Bestrebungen und habe ich gleich bis jetzt noch keine so entscheidenden, öffentlichen Beweise davon geben können, als zu wünschen wäre, so hoffe ich es in der Folge noch zu thun; denn es fehlt mir dazu, bey aller physischen Schwächlichkeit, weder der Muth, noch die Begierde. Was ich aber auch auf diesem meinem Wege noch erreiche, ich werde es Ihnen, Ihrem durchlauchtigen Freunde, Ihrer edelmüthigen Unterstützung schuldig seyn; denn nur Sie machten es mir möglich, über meine Kräfte und meine Muße mit Freiheit zu disponiren.

Empfangen Sie dafür, verehrungswürdigster Herr Graf, den gerührtesten Dank meines Herzens, das Ihnen ewig gewidmet ist.

Schiller.