Friedrich SchillerFriedrich Schiller

Friedrich Schiller an Gottfried Körner

Jena, den 1 Febr. [Montag] 96.

Eben erhalte ich Deinen Brief, der mir meine Hofnung, euch diesen Sommer zu sehen, zur Gewißheit macht. Wie wollen wir uns freuen und letzen. So sind wir noch nie beysammen gewesen, als Hausväter und glücklich in dem zärtesten Verhältniß. – Gebe mir der Himmel nur solange Ihr hier seid eine erträgliche Gesundheit, gerne wollte ich einige Monate voraus dafür leiden.

Für ein Logis soll gesorgt werden. Wäre etwa das Humboldtische nicht zu bekommen, weil er einen eigensinnigen Esel zum Hausherrn hat, so wünschte ich von Dir genauer zu wissen, was an Zimmern, Meubles und Betten zu eurer völligen Bequemlichkeit erfordert wird. Lass mich das gleich in einem Deiner nächsten Briefe wissen. In meinem Hause würde ich vielleicht Platz machen können, weil mir Griessbachs einige Piecen abgeben würden, aber es wird daraus die Servitut, dass wir diese Familie, die höchst langweilig ist, auf den Hals bekommen, und dadurch unerträglich gestört werden würden. Das Kind, welches Göthe und ich mit einander erzeugen, wird etwas ungezogen und ein sehr wilder Bastard seyn. Es wäre nicht möglich etwas, wozu eine strenge Form erfordert wird, auf diesem Wege zu erzeugen. Die Einheit kann bey einem solchen Product bloß in einer gewissen Grenzenlosigkeit und alle Messung überschreitenden Fülle gesucht werden, und damit die Heterogenitaet der beyden Urheber in dem einzelnen nicht zu erkennen sey, muß das einzelne ein Minimum sein. Kurz, die ganze Sache besteht in einem gewissen Ganzen von Epigrammen, davon jedes ein Monodistichon ist. Das meiste ist wilde gottlose Satyre, besonders auf Schriftsteller und Schriftstellerische Producte, untermischt mit einzelnen poetischen, auch philosophischen Gedankenblitzen. Es werden nicht unter 600 solcher Monodistichen werden, aber der Plan ist, auf 1000 zu steigen.

Ueber 200 sind jetzt schon fertig, obgleich der Gedanke kaum über einen Monat alt ist. Sind wir mit einer raisonabeln Anzahl fertig, so wird der Vorrath mit Rücksicht auf eine gewiße Einheit sortiert, überarbeitet um einerlei Ton zu erhalten, und jeder wird dann etwas von seiner Manier aufzuopfern suchen, um dem andern mehr anzunähern. Wir haben beschlossen, unsere Eigenthums-Rechte an die einzelnen Theile niemals auseinander zu setzen, (welches auch bey der Muthwilligkeit der Satyre nicht wohl anzurathen wäre) und sammeln wir unsere Gedichte, so läßt ein Jeder diese Epigrammen ganz abdrucken. Es ist wohl nicht nöthig zu sagen, daß die ganze Sache vor der Hand unter uns beyden bleibt und Du wirst also gegen niemand davon sprechen.

In 6 Tagen kommen die neuen Horen1. Das Fehlende zum Eilften Stück werd ich besorgen. Lebewohl. Herzliche Grüße von uns beyden an Euch alle. Dein

S.