Friedrich SchillerFriedrich Schiller

Friedrich Schiller an Wolfgang von Goethe

Den 22. Jenn. [Freitag] 96.

Hier eine kleine Lieferung von Epigrammen. Was Ihnen darunter nicht gefällt, lassen Sie nur gar nicht abschreiben. Es geht mit diesen kleinen Spässen doch nicht so rasch als man glauben sollte, da man keine Suite von Gedanken und Gefühlen dazu benutzen kann, wie bey einer längeren Arbeit. Sie wollen sich ihr urprüngliches Recht als Glückliche Einfälle nicht nehmen lassen. Ich zweifle deßwegen, ob ich, bey meinem Müßiggange, Ihnen soweit vorkommen werde als Sie denken, denn in die Länge geht es doch nicht, ich muß mich zu größern Sachen entschließen, und die Epigramme auf den Augenblick ankommen lassen. Doch soll kein Posttag leer seyn, und so rücken wir doch in 4, 5 Monaten weit genug vor.

Ihre Epigramme im Almanach machen großes Glück, wie ich immer aufs neu in Erfahrung bringe, und bey Leuten, von deren Urtheil man keine Schande hat. Daß der Almanach in Weimar neben den Emigrierten und den Hundsposttagen noch aufkommen kann, ist mir sehr tröstlich zu vernehmen.

Darf ich Sie mit einem kleinen Auftrage belästigen? Ich wünschte 63 Ellen Tapeten von schöner grüner Farbe und 62 E. Einfassung, welche ich ganz Ihrem Geschmack und Ihrer Farbentheorie überlasse. Wollten Sie Herrn Gerning darnach schicken, und allenfalls Ordre geben, daß ich sie in 6 biß 8 Tagen haben kann?

Leben Sie recht wohl. Meine Frau grüßt.

Sch.

An einen gewissen moralischen Dichter

Ja, der Mensch ist einelender Wicht, ich weiß – doch das wollt ich
  Eben vergessen und kam, ach wie gereut michs! zu dir.

Jakob der Kantianer

Kantische Worte sollte der hohle Schädel nicht fassen?
  Sieht man in hohler Nuß doch den Kalender versteckt.