Friedrich SchillerFriedrich Schiller

Friedrich Schiller an Gottfried Körner

Jena d. 18. Jenn. [Montag] 96.

Hier endlich ein Exemplar des M.Almanachs für Dich, und eins an Langbein, welches Du sogleich abgeben zu lassen gebeten wirst. Ich habe Dir ein unbeschnittenes gewählt, damit Du es in Deine Livree binden lassen kannst. Biss vorgestern hat der Verleger mich aufgehalten, und, wie ich höre, fehlt es auch in Leipzig noch sehr an Exemplarien. Wie man mir von mehreren Orten her sagt, findet der Almanach vielen Beyfall und einen großen Absatz. Für das nächste Jahr sollst Du Dein blaues Wunder sehen. Göthe und ich arbeiten schon seit einigen Wochen an einem gemeinschaftlichen Opus für den neuen Almanach, welches eine wahre poetische Teufeley seyn wird, die noch kein Beyspiel hat1.

Da ich auf lange Zeit von der Theorie Abschied genommen, und meinen Antheil an den Horen auf das Minimum zu reducieren entschlossen bin, so lebe ich jetzt und die nächsten Monate in einer angenehmen Freyheit, die nicht ganz leer an Productiver Thätigkeit ist. Ich bin zwar noch in keinem obligaten poetischen Geschäft, aber ich werde mich allmählich hinein arbeiten. Meine Gesundheit ist bey diesem schönen Winter sehr leidlich, und meine Stimmung sehr heiter. Göthe war 14 Tage hier und da ist allerley abgehandelt worden.

Funks Anwesenheit, der 4 Tage hier blieb und fast immer mit uns lebte, war mir sehr wohlthuend. Ich habe ihn weit weniger gespannt gefunden, als sonst, obgleich Göthe, der sonst nicht geeigenschaftet ist, die Leute a leur aise zu setzen, zugleich mit ihm da war. Er hat hier viele Bücher in der Bibliothek für seinen Zweck vorgefunden und wird für die Horen so thätig seyn, als nur möglich ist. Die Gegenstände sind aus der italienischen Geschichte, in welcher er schon sehr bewandert ist, und die sich auch mehr als eine andere zu solchen Bearbeitungen qualifizirt.

Funk gab mir auch die schöne Aussicht, euch diesen Sommer vielleicht auf eine Zeitlang hier zu sehen. Ein Logis, wo ihr für euch allein frey und geräumig wohnen könntet, wollte ich Euch schon schaffen, sobald ich es nur etwa einen Monath vorher wüßte. Träfe sichs gerade auf den Junius oder Julius, so würdet ihr Humboldts Wohnung beziehen können, der erst auf den August zurückkommt. Sie ist hübsch, geräumig, nicht weit von der unsrigen entlegen, und bequem meublirt. Aber auch ausser dieser wird Rath werden können, da mehrere Personen im Sommer in den Gärten wohnen.

Herzlich sollte es mich freuen, Dich wieder auf einige Tage zu geniessen.

Humboldt schrieb mir kürzlich, daß er die Vigano2 in Berlin gesehen, und von ihrer Kunst ganz hingerisssen worden sey. Ich lege Dir seinen Brief bey, den Du beßer verstehen kannst, als ich, da ich sie nicht gesehen. Könntest Du ihrer nicht in Deinem Aufsatz über d Tanz besonders erwähnen?

Es ist ein artiger Zufall, daß dieser Aufsatz gerade in eine Zeit trifft, wo eine berühmte Tänzerin auf Reisen ist, und an mehreren großen Orten von sich reden macht. Suche daher, ihn noch frühe genug zu liefern, daß das neu erweckte Interesse für diese Kunst noch dazu benutzt werden kann.

Funk erzählte mir auch viel von Deinen Kindern und von Deinem Jungen besonders, der so brav werden soll. Mich erfreut es herzlich, daß Dir dieses Glück zu Theil wird. Auch mein Karl ist wohl und entwickelt sich, daß es eine Freude ist. Göthe ist ganz von ihm eingenommen und mir, der ich nur in dem engsten Lebenskreis existiere, ist das Kind so zum Bedürfniß geworden, daß mir in manchen Momenten bange wird, dem Glück eine solche Macht über mich eingeräumt zu haben.

Adieu. Herzliche Grüße an Euch alle von mir und meiner Frau.

Dein

Sch.