Friedrich SchillerFriedrich Schiller

Friedrich Schiller an den Herzog Friedrich Christian von Augustenburg

Jena, den 9. Januar [Sonnabend] 1796.

Durchlauchtigster Herzog, gnädigster Herr,

Mit dem Monathstücke, welches ich Euer Herzoglichen Durchlaucht hier unterthänigst überreiche, ist der erste Jahrgang meiner Zeitschrift geendigt und indem ich die zurückgelegte Bahn übersehe, fühle ich lebhaft, wie weit das wirklich geleistete hinter den gerechten Erwartungen der Kenner zurückbleibt. Ich muß befürchten, gnädigster Herr, daß Sie manche unsrer philosophischen Untersuchungen viel zu abstrakt und wissenschaftlich, manche leichtere Unterhaltungen nicht interessant genug gefunden haben werden, aber an meinem Eifer und guten Willen lag es nicht, daß Ihre Erwartung von beyden nicht mehr befriedigt wurde. Die Forderungen der Gelehrten und die Wünsche des Lesers von Geschmack sind einander gar zu oft entgegen gesetzt: jene verlangen Tiefe und Gründlichkeit, welche leicht eine Dunkelheit und Trockenheit erzeugt, dieser fordert Leichtigkeit und Schönheit, welche gar leicht zu Oberflächlichkeit verleiten. Die große Schwierigkeit, zwischen beyden Klippen glücklich vorbey zu kommen, wird die Mängel unserer Arbeit einigermaßen entschuldigen.

Ich gestehe Ihnen, gnädigster Herr, daß ich bey dieser Zeitschrift mir den Endzweck vorsetzte, die Seichtigkeit im Raisonnement und den geistlosen schlaffen Geschmack in Poesie und Kunst, welche in unsere Zeiten eingerissen haben, nach allen meinen Kräften zu bekämpfen, und den herrschenden Geist der Frivolität durch männlichere Grundsätze zu verdrängen. Mein Unternehmen kann mißlingen, aber ich kann nie bereuen, es versucht zu haben.

Dürfte ich mir schmeicheln, vortrefflicher Fürst, daß Ihnen die Fortsetzung dieses Journals nicht gleichgültig seyn werde, mit um so mehr Muth und vertrauen würde ich den neuen Kreislauf desselben beginnen.

Mit tiefster Devotion ersterbe ich            
Euer Herzoglichen Durchlaucht        
unterthänigster    
Fr. Schiller.