Friedrich SchillerFriedrich Schiller

Friedrich Schiller an Friedrich von Hoven

Jena den 31 Jan. [Sonnabend] 95.

Du wirst mit Geduld auf Nachrichten von dem Schicksale Deines Mscrpts gewartet haben, aber ich konnte Dir nicht eher als jetzt etwas bestimmtes darüber schreiben. Ich wartete schon seit 4 Wochen auf Antwort von dem Juden in Strelitz, dem ich es angetragen habe, und von dem ein leidlicher Preiß zu erwarten war. Aber weil ich die Erscheinung auf diese nächste Messe zur Bedingung machte, so vermuthe ich, daß er die Antwort absichtlich stehen ließ, um den Abdruck für diesen Termin unmöglich zu machen und sich das Werk auf eine andere Messe zurückzulegen. Weil ich aber vermuthete, daß Dir eine frühere Erscheinung lieber seyn würde, als einige Carolins mehr, so habe ich es an einen andern Buchhändler um 24 Friedrichsd’or verkauft mit der Bedingung, daß es auf Ostern dieses Jahres erscheinet, welches nun auch geschieht. Wenn Du überlegst, daß das ganze Buch, auf den gewöhnlichen Fuß wissenschaftlicher Werke gedruckt, nicht mehr als 16 Bogen ausgemacht haben würde, so kannst Du doch 13 fl. auf den Bogen rechnen. Zugleich erhältst Du 2 Dutzend frey Exemplare, worunter 12 auf Postpapier, und kannst überhaupt eines recht hübschen Aeußern versichert seyn. Der Verleger ist ein Buchdrucker, Göpferdt, der etwas darinn suchen wird, auch seiner Presse dadurch Ehre zu machen. Er wird es sehr weitläufig drucken, um einen höhern Kaufpreiß darauf setzen zu können. Die Schrift ist zwar deutsch, aber sie wird dir sehr wohl gefallen. Es ist dieselbe, so wie auch das Format, wie bey der 2ten Auflage des Geistersehers, den Du deßhalb nachsehen kannst. Was mich aber vorzüglich bewog, das Werk über Hals und Kopf zum Druck zu befördern, das ist die Aeußerung des Rath Hufelands, daß er mehrere Deiner Ideen in einer Schrift, die auf Ostern herauskommt, producieren werde. Dieses Zusammentreffen zweyer Schriftsteller in ähnlichen Resultaten ist sehr schön, wenn ihre Schriften zu gleicher Zeit erscheinen; kommt aber einer nur um einige Monate später, so kann er immer in Gefahr seyn, für einen Plagiarius gehalten zu werden. Ich lege Dir hier Hufelands Erklärung über Deine Schrift bey, die Dir vergnügen machen wird. 

Für die Anzeige und Anrühmung des Werks in öffentlichen Blättern will ich und Göpferdt schon sorgen. 

Vergiß Deine Theilnehmung an der Litt. Zeitung nicht. Es würde doch gut seyn, mit diesem Institut in einiger Verbindung zu bleiben. 

Bey mir ist jetzt viel Unruhe, sowohl in meiner öffentlichen, als häuslichen Existenz. Die Redaction der Horen ist am Anfange doch eine ziemlich anstrengende Beschäftigung, besonders wegen der Correspondenz und Beurtheilung des eigengeschickten. Indessen habe ich die Sache schon ziemlich im Gange, und alles verspricht den beßten Erfolg. In meiner Familie ist jetzt auch einige Unruhe, da der kleine Karl inoculirt worden ist; es geht aber alles vortreflich, und ob er gleich ziemlich viel Blattern bekommen hat, so war das Fieber doch äuserst mäßig und, trotz einem Augszahns, den er dieser Tage bekam, blieb er von jedem Zufall verschont. Die Blattern sind schon im Abdorren, und er hüpfst im Zimmer herum wie in gesunden Tagen. 

Mit meiner Gesundheit ist es im Ganzen zwar dasselbe, doch ich bin mit diesem Winter besser zufrieden, als mit dem vorigen, weil ich bey Tag weniger von Krämpfen beunruhigt werde, und meinen Geschäften ungehinderter nachgehen kann. Auch meine Frau hat sich diese Monate über ganz leidlich befunden. 

Deiner lieben Heinrike sage von uns beyden die herzlichsten Grüße. Meine Frau wird ihr bald selbst schreiben. Empfiehl mich Deiner Familie in Stuttgardt und unsern gemeinschaftlichen Freunden beßtens, und behalte lieb Deinen 

Sch. 

N. S. Die Beilage bitte an meinen Vater zu besorgen.


Bemerkungen

1 Zu S. 116. Z. 26. Es handelt sich um Hovens Schrift: Geschichte eines epidemischen Fiebers, welches in den Jahren 1792-1793 in dem Württembergischen Flecken Aschberg geherrscht hat, nebst Bemerkungen über die Natur dieses Fiebers. Vgl. zu Nr. 776.
2 Zu S. 117. Z. 27. Hufelands Brief an Sch. ist in B. S. 384. abgedruckt.
3 Zu S. 118. Z. 24. Die Beilage an den Vater ist nicht erhalten. Nach Schs. Beziehungen S. 139 hätte Schiller am 9. Febr. an den Vater geschrieben. Sollte der Brief an Hoven so lange liegen geblieben sein? Andrerseits wäre auffallend, daß der Vater des Briefes durch Hoven nicht erwähnt hätte.