Friedrich SchillerFriedrich Schiller

Friedrich Schiller an Gottfried Körner

Jena den 29. Sept. [Montag] 94. 

Gar gern hätte ich Dir früher und von Weimar aus geschrieben, aber es war nicht wohl möglich zu machen. Jeden Augenblick, wo ich zu irgend etwas aufgelegt war, habe ich mit Goethe zugebracht; und es war meine Absicht, die Zeit, die ich bey ihm zubrachte, so gut als möglich zu Erweiterung meines Wissens zu benutzen. Was ich Dir also schuldig blieb, will ich von Jena aus nach und nach wieder einzubringen suchen. 

Seit vorgestern bin ich wieder hier angelangt, nachdem ich 14 Tage mit ihm zusammengelebt hatte. Ich bin sehr mit meinem Aufenthalt zufrieden, und ich vermuthe, daß er sehr viel auf mich gewirkt hat. Doch das muß die Zeit lehren. Was in unsern Unterhaltungen aufs Tapet kam, was ich über ihn selbst bemerkt habe, und zu welchen Resultaten wir gekommen sind, das soll Dir nach und nach alles mitgetheilt werden. Heute habe ich weder Zeit noch Stimmung; denn ich fand bey meiner Zurückkunft allerley Geschäft vor, und das Wetter setzt mir ziemlich hart zu. Auch den Innhalt Deines lezten Briefes kann ich Dir heute nicht beantworten. 

Meine Frau und den kleinen habe ich noch nicht wieder gesehen. Morgen erwarte ich sie. Humbolds Kind hat die Blattern nicht bekommen, obgleich man es zweymal inoculierte; und so ist die ganze Schererey vergebens gewesen. 

Deine Thätigkeit freut mich sehr, und ich empfehle Dir recht sehr, eifrig fortzufahren, damit man ja in den ersten 3 Stücken auf Dich rechnen kann. Mit den Horen wird es jetzt ernstlich losgehen. Lebe wohl. An Minna und Dorchen meine herzlichen Grüße. Der letzteren versichere, daß ihr Versprechen mir unendlich viel Freude macht. 

               Dein 

Sch. 

[Adresse:] 
   Herrn AppellationsRath 
      Körner 
                  in 
   fr.                 Dresden.


Bemerkungen

1 Zu S. 25. Z. 5. Dorchen hatte in X. durch Körner das Versprechen gegeben, das Graffsche Portrait Schs. für Sch. zu kopieren. Eine frühere Kopie hatte der Lieutenant, spätere General, Thielemann für sich erbeten.