Friedrich SchillerFriedrich Schiller

Friedrich Schiller an Friedrich Cotta

Jena den 14. Jun. [Sonnabend] 94.

Meinen letzten Brief, worinn ich Ihnen wegen der polit. Zeitung meine Zweifel vorlegte, werden Sie nun längst schon in Händen haben. Ich habe dieser Angelegenheit unterdessen reiflich nachgedacht, und auch mit andern darüber Rath gepflogen, und die Gründe, sie aufzugeben, haben nun ein entscheidendes Uebergewicht bey mir erhalten. Ich kann und darf weder mich noch Sie exponieren. Mich würde ich exponieren, wenn ich mit einer hinfälligen Gesundheit in ein für mich ganz neues und eben darum höchst schwüriges Fach mich stürzte, wozu es mir sowohl an Talent als an neigunG fehlt, und wobey ich doch die genaueste Ordnung beobachten müßte. Im ersten Jahre würde meine Anstrengung unbeschreiblich seyn, denn außerdem daß ich mich erst im politischen überhaupt umsehen, und eine unabsehbare Menge dahin einschlagender Schriften mir bekannt machen müßte, fiele auch die ganze Last der Redaction auf mich, weil ich mit meinem Nahmen für die Güte des Werks stehen müßte, und meine Mitarbeiter noch nicht eingehezt wären. In diesem einzigen Jahre würde ich meinen ganzen Rest von Gesundheit vollends zu Grund richten. Sie würde ich nicht weniger exponieren, weil die ganze Unternehmung, nachdem alle Auslagen schon geschehen, durch einen einzigen hartnäckigen Anfall meiner Krankheit, der im ersten Jahre so leicht eintreten könnte, unvermeidlich ins Stocken gerathen würde. Außerdem kennt das politische Publikum mich wenig, wenigstens nicht von einer solchen Seite, wo es zu meiner Geschicklichkeit in diesem Fach ein Vertrauen fassen könnte. Im politischen würde sich ein Mann wie Arkenholz, Friderich Schulz u. dgl. zehenmal mehr Kredit verschaffen können. Sie setzen sich mit sehr großer Wahrscheinlichkeit aus, sechs biß achttausend Gulden ohne Rettung zu verlieren, und ich wage zugleich Gesundheit, Leben und schriftstellerischen Ruhm. 

Entsagen Sie also einer für uns beide so äuserst risquanten Unternehmung, insoferne wenigstens, als die Ausführung derselben auf mir beruhen soll. Nehmen Sie vielmehr meinen Rath an, Ihre ganzen Kräfte auf die Herausgabe der Horen zu verwenden, die für uns beide unendlich ehrenvoller, ungleich weniger gewagt und eben so viel versprechend ist. Diese Unternehmung paßt für mich, ich bin in diesem Fache anerkannt, ich bin hinreichend mit Materialien versehen, und kann selbst bey einem geringen Grad von Gesundheit noch dafür thätig seyn, weil ich es mit Neigung und mit innerm Berufe thun würde; und im schlimmsten Fall, wenn ich stürbe, wird sie ohne mit fortgehen können, da eine Auswahl der beßten Schriftsteller dazu concurriert. Was den Verleger betrifft, so zweifle ich, ob ein Buchhändler etwas ehrenvolleres unternehmen kann, als ein solches Werk, das die ersten Köpfe der Nation vereinigt, und wenn dieß die einzige Schrift wären, die Sie verlegten, so müßte schon diese einzige Ihren Nahmen unter den deutschen Buchhändlern unsterblich machen. 

Schon habe ich die PrivatAnzeige für die Mitarbeiter aufgesetzt, und übersende Ihnen solche hier im Abdruck. An das Publikum ergeht eine ganz andere Anzeige, welche aber nicht eher als mit dem ersten Stück darf ausgegeben werden. An Kant, Garve, Klopstock, Göthe, Herder, Engel in Berlin, Gotter und einige andre habe ich schon Briefe und Avertissements gesandt. Hier in Jena haben sich die Professoren Fichte und Woltmann aufs genaueste mit mir dazu verbunden, und fangen bereits an, dafür zu arbeiten. Was mich betrifft, so ist dieß der einzig mögliche Weg, daß Sie der Verleger aller meiner künftigen Schriften werden, denn sobald ich für ein Journal schreibe, heben sich alle andere Verbindungen auf. Ließe ich aber meine Schriften einzeln drucken, so hätte Herr Göschen immer das erste Recht an meine neuesten Arbeiten, indem ich sie ihm schon versprochen habe. 

Ich erwarte nun bloß einige Antworten auf meine an erwähnte Schriftsteller erlassene Briefe, und wenn diese ihren Beytritt versprechen, so steht unser Journal fest und unerschütterlich. Dann will ich Ihnen auch unsere Vergleichpunkte genau und ausführlich vorlegen, und wir wollen die Contracte wechseln. 

               Ihr ergebener Freund 

F. Schiller.


Bemerkungen

1 Zu S. 28. Von Archenholz, dem Verfasser der Geschichte des siebenjährigen Krieges, und Friedrich Schulz, dem Romanschriftsteller und Verfasser der Geschichte der großen Revolution, dachte Schiller sonst gering. Näheres über beide in der Allgem. Deutsch. Biographie.
2 Zu S. 462. Z. 4. Also waren die Kontrakte vom 28. Mai. Vgl. Nr. 710 noch nicht ausgewechselt.