Friedrich SchillerFriedrich Schiller

Friedrich Schiller an Friedrich Cotta

Jena den 19. May [Montag] 94. 

Vor 4 Tagen bin ich hier angelangt, und Sie finden mich also, wenn Sie kommen, gewiß. Mich erfreut es sehr, daß wir einander hier in Jena noch sehen, und nachholen können, was wir auf dem Katzenstein bei Kanstatt nicht haben vollenden können. Meine Gesundheit läßt sich ganz erträglich gut an, und ich wollte zufrieden seyn, wenn sie so bleiben wollte, wie sie ist. 

Aber den Plan mit der Zeitung werden wir so schnell nicht ausführen können. Für einen kränklichen Menschen ist dieses Geschäft doch zu anstrengend, zu unabsehbar, und für den Verleger zu risquant, wenn ich kränker werden sollte. Auch kann ich von Jena so schnell nicht loskommen, und einen fixen, obgleich unbeträchtlichen Gehalt nicht wohl an den Zufall einer Speculation wagen. Möglicher hingegen, und auch sicherer ist es, mit einer politischen Quartalschrift anzufangen, welche sich von mir leichter übersehen und da man immer 3 Monate Zeit hat, auch leichter im Gang erhalten läßt. Ich gewänne dabey nicht nur dieses, daß ich mich durch eine solche Arbeit mit dem politischen Fach familiarisierte, und meine Mitarbeiter zugleich für eine größere Entreprise üben und auf die Probe setzen könnte; sondern auch Sie selbst würden aus dem Glück einer solchen Zeitschrift Ihren Entschluß für die größere fassen und die Vortheile besser berechnen können. 

Indessen habe ich gefunden, daß auch schon diese eingeschränktere Unternehmung großen Aufwand machen dürfte. Was mich selbst betrifft, so gestehe ich aufrichtig, daß ich die politische Schriftstellerey nicht aus Neigung sondern aus Speculation erwählen würde, und da ich mich nie entschließen könnte, etwas zu vernachlässigen, wovor ich meinen Nahmen setze, so würde mich eine solche Arbeit ungleich mehr Zeit und Anstrengung kosten, als jede andere. Da sie in sich selbst nicht soviel Reiz hat, als andere Arbeiten für mich haben, so ist es nur der Vortheil, der mich diese Schwürigkeiten überwinden machen kann. Dieß muß ich vorher sagen, damit Sie wissen, wie ich über diesen Punkt denke. Ich würde mir ausbedingen, daß mir für die Redaction eine Summe im Ganzen bezahlt würde, und das übrige würde dann Bogenweis bezahlt. Um meiner Mitarbeiter versichert zu seyn, müßte ich sie sehr ansehnlich und prompt bezahlen, und außer diesem noch einen beständigen Secretair unterhalten. Die wichtigsten Staatsschriften, nebst den nothwendigen statistischen und geographischen Werken und Charten, die zum Nachschlagen unentbehrlich sind, würden Sie mir entweder frey liefern und nach dem Gebrauch zurüknehmen, oder mir um die Hälfte des Preises eigenthümlich überlassen. Die unentbehrlichsten Zeitungen müßten zugleich in den Contract mit einbedungen seyn. 

100 Bogen, dächte ich, würden die 4 Quartalstücke zusammen betragen, und nach meiner Berechnung würden Sie erst von dem 16ten Hundert an Ihren reinen Gewinn rechnen können. Glauben Sie, daß es darauf zu wagen sey? 

Sind Sie, nach dieser vorläufigen Erklärung, zu der Unternehmung aufgelegt, so könnten Sie vielleicht gleich einige dahin einschlagende Schriften, wie z. B. die vorigen Jahrgänge des Monieur, die Arkenholzischen und Girtannerischen Schriften, Frankreich betreffend, nebst einem ausgesuchten Atlas von Europa gleich mit hieher bringen. Meine Landcharten sind alt und nicht vollständig, auch nicht speciell genug.

Ueberdenken Sie vor unserer Zusammenkunft alles, was zu dieser Unternehmung gehört; ich will es eben so machen, daß wir unsere Unterredung so viel als möglich benutzen können. Denken Sie noch sonst nach, worinn ich Ihnen von Nutzen seyn kann. Wir wollen schon sehen, daß unsere Vortheile mit einander laufen. 

Das große litterarische Journal, wovon ich Ihnen auf der Rückreise von Untertürkheim sprach, scheint mir noch immer eine trefliche Unternehmung, und zu dieser könnte ich Ihnen 3 mal mehr Dienste leisten, weil ich hier ganz in meinem Fache wäre. Leben Sie wol und sorgen Sie ja dafür, daß wir Zeit haben, uns recht mit einander auszusprechen.

               Der Ihrige 

Schiller. 

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Contract 
über den Verlag einer 
Allgemeinen Europäischen Staatenzeitung 
von 
Hrn. Hofrath Schiller. 

1) Erhält Hr. Hofrat Schiller Zweitausend Gulden honorarium. 

2) Jeder der beiden MitArbeiter Eintausend Gulden.

3) Wenn Sechstausend Exemplarien abgesezt werden, so erhält Hr. Hofrat Schiller außer obigen Zweitausend Gulden noch Eintausend Fünfhundert Gulden. 

4) Wenn Siebentausend Exemplarien abgesezt werden, so werden außer diesen noch No. 1 und 3 in Summe betragenden Dreitausend und Fünfhundert Gulden noch Zweitausend Gulden bezalt und eben diese Summe von Zweitausend Gulden für jedes folgende Tausend Exemplarien, das abgesezt wird. 

5) Das honorarium wird vom Anfang der Zeitung berechnet, und Vierteljährig bezalt. Von obigen Zweitausend Gulden aber von No. I. werden Neunhundert Gulden als Vorschuß in 2 Theilen im Monat Junius und September h. a. entrichtet. 

6) Sollte Hr. Hofrat Schiller mit Tod abgehen, so erhällt seine Wittwe Sechshundert Gulden jährlich, so lange das Institut fortgehet und von jeder der nach No. 3 und 4 zu bezalenden Summe den dritten Theil. 

7) Alle zum Institute nöthigen Zeitungen, Monatsschriften, Karten und Bücher liefert die J. G. Cottaische Buchhandlung als Verleger und diese bleiben dem Institut zum Gebrauch, was aber Hr. Hofrat Schiller davon nemen will, erhält er für die Hälfte des Preises. 

8) Das Porto für die Briefe, sowie das Honorar für die Correspondenten tragt die Verlagshandlung sowie jede für den Zweck des Instituts notwendige Ausgabe. 

9) Die Bezalung geschiehtet in ConventionsGeld den Conventionsthaler zu fl. 2. 24 gerechnet. 

10) Solte die Cottaische Buchhandlung nach Verfluß des Monat Augusts den Verlag der Zeitung aufsagen, so hat sie von dem ersten September an bis zum Tag der Absagung täglich Drei Gulden Hrn. Hofrath Schiller gut zu thun, denen 2 MitArbeitern bleiben die schon angekauften Karten, Zeitungen und Schriften. 

Jena, 28. Mai 94. 

   J. G. Cottaische Bhdlg. v. Tübingen

      J. F. Cotta.                                                 Friderich Schiller. 

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Contract 
über die litterarische Monathsschrift 
die Horen 

betitelt, welches unter der Aufsicht des Hofr. Schiller erscheinen soll. 

1) Jeden Monat erscheint ein Stük von 8 Bogen Median mit deutscher Schrift, die Seite von 30 Zeilen. 

2) Alle darinn enthaltenen Aufsätze müssen entweder historischen oder philosophischen oder aesthetischen Innhalts seyn, und auch von dem Nichtgelehrten verstanden werden können. 

3) Der Redakteur hat dafür zu sorgen, daß jedes Stück etwas aus jedem dieser 3 Fächer enthalte. 

4) Ein engerer Ausschuß von 5 Mitgliedern beurtheilt die eingesandten Stücke, und die Majorität entscheidet über die Würdigkeit zur Aufnahme. 

5) Weder der Ausschuß noch der Reakteur dürfen in den eingesandten Stücken Aenderungen treffen, sondern müssen sie jederzeit an die Verfasser zurücksenden, wenn etwas daran der Verbesserung nöthig hat. 

6) Das niedrigste Honorar ist 3 Ldor, das höchste 8 Ldor. Der Mittelpreiß ist 5 Ldor. Ueber den Preiß entscheidet die Majorität des Ausschusses, wo er nicht schon durch den besondern Contract des Einsenders bestimmt ist. 

7) Die Mitglieder sind entweder beständige oder temporaire. Die beständigen dürfen nicht unter der Anzahl von 23 seyn. Von den erstern erhält jeder 3, von den andern jeder 1 Exemplar der Monathsschrift gratis. 

8) Ein in den Horen abgedruckter Aufsatz darf erst nach Ablauf des 4ten Jahrs anderswo gedruckt werden. 

9) Der Verleger der Horen bedingt sich bey allen beständigen Mitarbeitern das Vorkaufsrecht ihrer übrigen Schriften aus, wo sie sich nicht schon vor Erscheinung der Horen durch anderweitige Verträge gebunden haben. 

10) Für die Redaction sind hundert Ducaten extra ausgesetzt. 

11) Die 4 übrigen beurtheilenden Mitglieder erhalten das Benefice, jeder von jährlichen 10 Ldors extra für die Mühe seiner Critik. 

12) Die Bezahlung des Honorars erfolgt sobald die Aufsätze abgedruckt sind, und der Verfasser nicht etwas anders verordnet.

13) Die Porto Kosten für das Journal trägt der Verleger. 

14) Anonyme Aufsätze werden nicht angenommen. 

15) Uebersteigt der Absatz der Monathsschrift die Zahl von 2000 Exemplarien, so gibt der Verleger von jedem darüber verkauften Exemplar ein Drittheil des Gewinns an die Redaktion und den Ausschuß ab; von diesem Drittheil erhält der Redacteur die Hälfte, und der Ausschuß theilt sich in den Rest. 

16) Will der Verleger, im Fall die Unternehmung florieren sollte, einen Theil seines überschüssigen Gewinns dazu anwenden, den Mitarbeitern mehr Aufmunterung zu geben, so kann alle Jahr ein Preiß von etwa 30 oder 50 Ldor für denjenigen Aufsatz des Jahrs, den der Ausschuß für den wichtigsten erklärt, ausgesetzt werden. 

17) Die Nahmen der im Ausschuß befindlichen Mitglieder bleiben verschwiegen, ob sie gleich in der Reihe der beständigen Mitarbeiter namentlich aufgeführt werden. 

18) Alle Mitarbeiter verstehen sich zu der im Journal eingeführten gleichförmigen Rechtschreibung. 

19) Aufsätze, welche entweder persönliche Angriffe oder Geringschätzung der in öffentlicher Achtung stehenden Einrichtungen enthalten, schließt das Journal aus. 

20) Sollte der Redakteur des Journals mit Tod abgehen, so muß der Contract mit den überlebenden Mitgliedern erneuert werden. Die schon eingeschickten und beurtheilten Aufsätze aber werden nach dem zuerkannten alten Preiße bezahlt. 

21) Ueberlebt das Journal den jetzigen Redakteur, so erhält seine Wittwe vom jeden an die Autoren bezahlten Hundert den zehenten Theil. 

22) Stirbt der Verleger oder resigniert er das Journal, so gilt eben das, was nro. 20 bestimmt worden, in Betreff der eingesandten Aufsätze. 

23) Von dem Verleger kann, unter der nro. 22 erwähnten Bedingung, jeden Tag, von den beständigen Mitarbeitern aber nur ein halbes Jahr vorher die Theilnahme an dem Journal aufgekündigt werden.

24) Der KaufPreiß des Journals ist für den ganzen Jahrgang 5 thlr 8 gr. Leipz. Courant, und zu einzelnen Stücken das Stück 12 gr. sächs. 

25) Die Käufer werden alle Jahr vorangedruckt, und wo sie es nicht anders verordnen, mit Nahmen. 

26) Die Bezahlung erfolgt in Conventionsgeld, den Conventionsthaler zu 1 Rthlr. 8 gr. sächsisch gerechnet. 

27) Die Verlagshandlung hat längstens biß Anfang Julius 1795 ihre Erklärung zu geben, ob sie den Verlag der Monathschrift übernehmen wolle, widrigenfalls die engagierten Mitglieder das Recht erhalten, dieser Handlung den Verlag aufzusagen. 

28) Sobald die Cottaische Verlagshandlung sich erklärt hat, die Horen herauszugeben, so werden die schon eingesandten Stücke, der gehörigen Form nach, durch den Ausschuß beurtheilt, und mit den beurtheilten Aufsätzen wird es, wie nro. 20 und 22 besagt, gehalten.

29) Dieser Contract erhält, was die wirkliche Uebernehmung des Verlags betrift, seine Ratifikation erst vom Tag der Unterschrift. 

Jena den 28. Mai 1794. 

   J. G. Cottaische Buchhandlung von Tübingen. 

      J. F. Cotta.                                                          Friderich Schiller.


Bemerkungen

1 Zu S. 439. Z. 4. Cotta war am 27. und 28. Mai in Jena. Dort sind die beiden nachfolgenden Contrakte geschrieben und unterzeichnet. 
2 Zu Z. 6. Gemeint ist der Kahlenstein, den Schiller mit Cotta auf ihrem Ausfluge von Stuttgart am 4. Mai besucht hatten.
3 Zu S. 440. Z. 24. Die hier etwa gemeinten Schriften des Historikers Archenholz in Hamburg und Girtanners in Göttingen sind im Brfw. Sch. m. C. S. 8 angemerkt. Vgl. die Allgem. Deutsche Biographie über beide.
4 Zu S. 441. Z. 1. Vgl. zu Nr. 705. 
5 Zu Z. 8. Dieser Contract ist von Cottas Hand bis auf Schs. Unterschrift.
6 Zu S. 442. Z. 14. Dieser Contract ist bis auf das Datum und Cottas Unterschrift von Schs. Hand.