Friedrich SchillerFriedrich Schiller

Friedrich Schiller an Friedrich Cotta

Stuttgardt den 29. Merz [Sonnabend] 94. 

Für die Gefälligkeit, die Sie mir durch Vorschuß des Geldes erzeigen wollen, bin ich Ihnen aufrichtig verbunden. Ich werde nächste Woche Hrn. Göschen davon benachrichtigen, daß er sich darauf richtet, gegen das Ende Mays jene Summe an Ihre ordre zu bezahlen. 

Indessen ist mir die Idee zu einem VerlagsArtikel gekommen, den ich Ihnen anbieten kann. Schon seit 3 biß 4 Jahren trug ich mich mit dem Entwurf, die vorzüglichsten Tragödien der Griechen in einer modernen und angenehmen Uebersetzung, unter dem Titel, Griechisches Theater, bandweise herauszugeben. Die Franzosen besitzen ein ähnliches Werk vom P. Brumoy. Die Deutschen noch keines, obgleich die griechische Litteratur bey uns weit mehr Nachfrage findet. Ein Trauerspiel des Euripides, Iphigenia von Aulis habe ich bereits in der Thalia übersetzt. Herr Professor Nast vom hiesigen Gymnasium und Hr. Diaconus Conz aus Vaihingen, (beide sind Ihnen als vortrefliche Griechen bekannt) würden sich mit mir zu diesem Werk associiren, und ich glaube, ohne Uebertreibung, versprechen zu können, daß dieses Werk der deutschen Nation keine Schande machen sollte. 

Wir würden des Jahrs etwa 2 Bände herausgeben und in etwa 6 biß 7 Bänden, würde es absolvirt seyn. Jeder Band müßte eine Beurtheilung der darinn enthaltenen Stücke, von meiner Hand, enthalten, und überhaupt würde ich in diesen Abhandlungen Gelegenheit nehmen, die hauptsächlichste Schönheiten des Griechischen Trauerspiels als überhaupt die ganze Theorie der tragischen Dichtkunst zu entwickeln. 

Ueberlegen Sie diesen Vorschlag, und wenn Sie Geschmack daran finden, so wollen wir dann alle 4 zusammen kommen, und eine ganz ausführliche Verabredung nehmen. Mir liegt an möglichst rascher Ausführung dieses Entwurfes sehr viel, und wäre Ihnen darum zu thun, den ersten Band bald zu haben, so wäre auch dafür Rath zu schaffen; geben Sie mir nur bald Nachricht. Ueber die Bedingungen wollen wir bald einige seyn.

               Ihr ergebenster Freund und Diener 

Schiller.


Bemerkungen

Empfangsverm.: rec. 3 April. Resp. 4 April.
1 Zu S. 428. Z. 9. Schiller war zu dem Gedanken durch einen Brief des Professors Nast in Stuttgart vom 6. April 1789, den er freilich erst am 10. Nov. desselben Jahres erhielt, gekommen. Vgl. Brfw. Sch. m. C. S. 3 u. Nr. 450. In der Börnerschen Kunstauktion vom 9. Dez. 1886 wurden 3 Briefe Nasts an Schiller aus den Jahren 1789, 1790 u. 1791 ausgeboten. Schillers Vorschlag gelangte nicht zur Ausführung.