Friedrich SchillerFriedrich Schiller

Friedrich Schiller an Georg Göschen. 

Jena den 16. Nov. [Freitag] 1792.

Den schönsten Dank, liebster Freund, für den überschickten Calender. Ich muß gestehen, daß die Außenseite der vormjährigen wenig nachgibt und mit vielem Geschmack componirt ist. Die Bildnisse sind auch sehr gut, und noch beßer als die übrig Kupfer sind. Ich hoffe, daß der Himmel sein Gedeyhen dazu geben möge. 

Ich soll bey Ihnen anfragen, ob Sie eine Schrift verlegen wollen, deren Inhalt und Titel ist: 

„Ideen zu einem Versuch die Grenzen der Wirksamkeit eines Staats zu bestimmen.“ 

Eine Probe davon finden Sie in dem 5ten Heft der Thalia und etwas weniges auch in der Berliner Monathschrift. Der Verfasser ist W. v. Humbold, Preußischer Legationsrath. 

Die Schrift enthält allerdings sehr fruchtbare politische Winke, und ist auf ein gutes philosophisches Fundament gebaut. Sie ist mit Freiheit gedacht und geschrieben, aber da der Verfaßer immer im Allgemeinen bleibt, so ist von den Aristokraten nichts zu besorgen. Schriften dieses Inhalts und in diesem Geiste geschrieben sind ein Bedürfniß für unsre Zeit, und ich sollte denken auch ein Artikel für die Verleger. Der Verfaßer verlangt für d Bogen (nach dem Druck der neuen Thalia) 1 Carolin für einen Bogen von dem, was davon in der Thalia kommt 1 Ldor. Ich habe ihm erklärt, daß Sie nicht mehr dafür geben, und er wünscht Sie zum Verleger. Wollen Sie entrieren, so geben Sie mir Nachricht. Die Schrift kann 2 kleine Bände betragen. 

Sie haben mir gesagt, daß Sie gegen Ende dieses Monats bey Gelde seyn würden. Können Sie mir jetzt das heißt etwa zwischen heut und 8 Tagen etwa 30 Ldor schicken, so hat es mit dem übrigen noch einen Monat Zeit. Doch wünschte ich, daß ich noch vor Weyhnachten den Ueberrest haben könnte. Haben Sie Zeit, so schicken Sie mir doch in Ihrem nächsten Brief unsre Rechnung, damit ich weiß, wie wir stehen. Niethammern werde ich abdanken. Wenn er sich etwa an Sie, wegen Fortdauer seines Amts wenden sollte, so erklären Sie ihm nur gerade heraus, daß es Sie zu hoch käme, besonders, da im 5ten Stück der Thalia erhebliche Druckfehler durch seine Nachlässigkeit stehen geblieben sind. Wenn die Leute ihre Schuldigkeit nicht thun, so kann man ihnen nicht helfen. 

Wepp und Mendelsohn bitte ja nicht zu vergessen.

A propos. Noch etwas. Körner schreibt mir, daß er d. Cromwell nicht übernehmen könne – hoffentlich läßt er sich noch zur Raison bringen. Beschließen Sie also ja noch nichts, biss ich Ihnen wieder schreibe. 

Von dem vierten Stück der Thalia bitte ich um Exemplarien; sie sind vergessen worden, und ich möchte gern einige versenden. 

Leben Sie wohl liebster Freund. Hoffentlich haben Sie Ihren Catarrh jetzt völlig abgedankt. 

               Ewig 

Ihr 

Schiller.


Bemerkungen

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Eingangsv.: Jena d. 16. Nov. 1792 Schiller empf. d. 19.
1 Zu S. 227. Z. 5. Der Auftrag ist in Humboldts Brief an Sch. vom 9. Nov. 1792 enthalten. Vgl. Gödeke, Geschäftsbriefe S. 85. Göschen lehnte den Verlag ab und die vollständige Schrift erschien erst lange nach Humboldts Tod, herausgegeben von E. Cauer 1851. 
2 Zu Z. 31. Niethammer war Korrektor der Neuen Thalia.
3 Zu S. 228. Z. 4. Gemeint sind wohl Dan. Webbs Werke: Inquiry into the beauties of painting. Lond. 1761. Remarks on the beauties of Poetry. Lond. 1762. Observations on the correspondence between poetry and music. London 1769. 
4 Zu Z. 6. Körner an Schiller vom 12. Nov. 1792.