Friedrich SchillerFriedrich Schiller

Friedrich Schiller an Lotte v. Lengefeld und Caroline v. Beulwitz

Freitag Abends [15. Januar 1790].

Wie sehne ich mich zu euch Ihr liebsten. Ja, morgen Abend bin ich bei euch. Für eure Briefe dankt euch mein Herz. Sie waren mir nöthig und kamen mir erwünschter als je. Trübe Bilder wollten in dieser Zwischenzeit, daß ihr mir schwiegt, meine Seele verdüstern – ohne Gegenstand; eine wehmüthige Stimmung hatte sie geschaffen. Gern nimmt meine Seele den Übergang zur Freude durch die Traurigkeit. Aber wie kann ich Erfahrungen aus meinem vergangenen Leben auf as anwenden, was jetzt auf mich wartet! Von neuen Ahndungen wird mein Herz bewegt. O in lachender Gestalt steht die Zukunft vor meinen Augen. 

Auch Deine Ahndungen, meine liebe Lotte, werden Dir in eine schöne Erfüllung gehen. In meinem Herzen findest du sie gewiß, Deine Glückseligkeit, und diese konntest Du nirgends anders finden. 

Mein Herz ist bewegt und ich habe keine Worte dafür. Adieu meine Lieben. 

S. 

Es könnte seyn daß ich gleich nach Tische käme, aber wahrscheinlich ist es nicht. Wenn ihr euch nicht schon versprochen habt, so bleibt doch lieber gegen Nachmittag zu Hause.