Friedrich SchillerFriedrich Schiller

Friedrich Schiller an Georg Göschen 

Jena den 6. Jenn. [Mittwoch] 89 [fälschlich für 90]. 

Verzeyhen Sie liebster Freund mein langes Stillschweigen auf Ihre letztern Briefe. Verzeyhen werden Sie mir gerne, wenn ich Ihnen die Ursache meiner Nachlässigkeit sage. Es ist eine Ausrede, die selbst im Evangelium gilt. Ich habe ein Weib genommen, darum kann ich nicht – schreiben. 

Genommen! Nein genommen habe ich es noch nicht, aber gefreyt, und das nehmen wird nicht sehr lang anstehen. Rüsten Sie Sich immer mit Ihrem Glückwunsch darauf liebster Freund, und setzen Sie mir als ein junger Ehmann Verhaltungsregeln auf. Wenn wir einander, welches hoffentlich bald geschehen wird, so finden Sie mich schon – als Ehmann.

Hätten Sie mich voriges Jahr in Rudolst. mit Kunze besucht, so brauchte ich Ihnen jezt meine Frau nicht zu beschreiben. Vielleicht errathen Sie sie schon. Es ist die Frl. Lengefeld – von der ich Ihnen wohl schon gesagt oder geschrieben habe. Der Magnet der mich schon 2 Sommer nach Rudolstadt gezogen hat. Seit 3 Wochen ohngefehr ist es richtig, mit der Mutter nehmlich; mit der Tochter schon etwas länger, wie Sie denken können. 

Mein guter Herzog macht mir zugleich ein Präsent zur Hochzeit mit einer kleinen Pension, und die andern Umstände sind so, daß ich es mit einer eignen Wirthschaft versuchen kann. Vielleicht kann ich Ihnen schon am Anfang des nächsten Monats von meiner Hochzeit schreiben; wo nicht so ist es ganz gewiß auf Ostern. 

An unserm Calender werde ich desto vergnügter arbeiten, liebster Freund, und er wird desto besser für die Damen ausfallen, wenn ich eine im Hause habe, die ich darüber consuliren kann. Sie dürfen darauf zählen, daß von meiner Seite kein Aufenthalt seyn wird. Mit Anfang Augusts ist m. Mscrpt in Ihren Händen. Schlagen Sie doch irgendwo die Anekdote nach, wo die kaiserl. Räthe zu Prag vom Fenster herabgeworfen werden, und der Secretarius auf d. Misthaufen die andren Herrn um Vergebung bittet, daß er auf sie gefallen sey. Mir däucht, dieß qualifizirte sich zu einem prächtigen Kupfer. A propos, Können Sie ein 10tes Heft der Thalia noch im Druck expediren, wenn ich es Ihnen binnen 3 Wochen schicke? Oder gar noch ein Eilftes? Ich habe verschiedenes liegen, das einige interessante Stücke geben kann. 

Dann seyen Sie doch so gut liebster Freund und suchen mir die Memoires von Sully und die Memoires von d’Aubigne über Henri IV., nehmlich deutsch zu verschaffen. Aber ich brauchte sie etwas bald. Es ist vor einiger Zeit eine allgem. Welthistorie in Leipzig um herabgesetzten Preiß feil geboten worden. Ist sie noch zu haben, so hätte ich Lust sie zu kaufen. Ich beschwere sie schrecklich mit Aufträgen, verzeyhen Sie mirs liebster Fr. Heute habe ich den 6ten Bogen der Thalia corrigirt. Herzliche Grüße an Ihre Frau und viel Glück zu dem jungen der im Anzug ist. 

Ewig der Ihrige Schiller.