Friedrich SchillerFriedrich Schiller

Friedrich Schiller an Gottfried Körner. 

Jena, d. 27. Dec. [Sonntag] 89. 

Mein letzter Brief hat Dir gesagt, dass ich mich doch entschlossen habe, die ersteren Jahre noch hier zuzubringen. Zur Beruhigung der Mutter muss ich diesen Weg vorziehen, weil ich ihr nicht so überzeugend, als es mir ist, darthun kann, daß ich durch meinen Abgang von der Universitaet von meinen künftigen Aussichten nichts verlöre. Hier kann ich freilich eine bessere Versorgung auf eine anständigere Art abwarten u: vielleicht mit besserm Erfolg einleiten, als wenn ich ohne in sicheres Brod bin, und ihrer mehr nöthig zu haben scheine. Dem Herzog habe ich um eine Pension geschrieben, und erwarte nun jeden Tag die Entscheidung. Sie mag aber ausfallen wie sie will, so ändert sie nichts an meinem Entschluß. Giebt er mir einige 100 Thlr., so kann ich ohne Anstand hier leben, und werde mich auch nicht eben mit Collegien überhäuffen. Versagt er mir die Pension, so bleibe ich deßwegen doch hier, lese aber gar nichts, oder nichts als ein einziges Collegium. Habe ich alle meine Zeit für mich, so komme ich ohne Pension aus, und gewinne an Unabhängigkeit und Interesse der Beschäftigung, was ich etwa an Bequemlichkeit des Erwerbs dadurch verliere. Es kommt alles darauf hinaus, ob ich die 2 ersten Jahre, in jedem 600 Thlr., gewiß erwerben kann; denn mit 800 Thlr. kann ich ohne Anstand hier leben. Daß mir jenes nicht schwer werden wird, begreifst Du, auch wenn es bloß durch die Thalia geschähe. Den Gewinn der Memoires rechne ich noch gar nicht. Schlagen sie ein, so habe ich etwas, wovon Schulden bezahlt werden können. 

Ich hoffe, die Mutter auch in dem Falle zu beruhigen, wenn der Herzog jetzt nichts für mich thut. Auf jeden Fall aber hat sie kein Veto in Rücksicht auf die Zeit meiner Trauung; denn was Lottchen erhält, ist väterliches Vermögen, und ganz unabhängig von dem Willen d. Mutter. Du kannst es also für etwas entschiedenes halten, dass unsre Verbindung nach Ostern vor sich geht. Entweder im May oder Junius, nicht später. 

Ich zähle mit Zuverlässigkeit darauf, daß ich in 2, höchstens 3 Jahren eine, wäre es auch academische, Stelle erhalte, wo mich ein fixer Gehalt über alle Sorgen sicher stellt, und wobey mich eine bessere Bekanntschaft mit der Geschichte, die ich unterdessen mache, auch in der Arbeit erleichtert. Ich werde auch außer Mainz und Berlin noch an einig andern Plätzen Connexionen suchen u: unterhalten. Wegen der nöthigen Einrichtung am Anfang bin ich ? in Sorgen. Vieles kann die Mutter Lengefeld in diesem Stück uns erleichtern. Meubles schaffe ich mir nicht an; auch brauche ich bloß das nöthige, und dieß ist hier nicht soviel. Aus meinem letzten Brief wirst Du dieses ersehen haben. Wenn wir ganz isolirt hier leben, so kann ich mir die hiesige Existenz leidlich denken. Mit Paulus bin ich genau liirt. Die Beulwitz und aus Weimar die Stein, bringen schon einige Abwechselung in unseren Umgang. Wie wenig ich für mich ihn brauche, weißt Du ohnehin. Unsere bloße Correspondenz giebt mir mehr, als hier die Reinholds und Hufelands mir geben. 

Lebe wohl. Ich habe noch einen Brief von Dir zu erwarten, den Du mir versprochen hast. Minna und Dorchen viele Grüße von mir und von den beiden. adieu. 

S.