Friedrich SchillerFriedrich Schiller

Friedrich Schiller an Georg Göschen

Jena den 30 Juli [Donnerstag] 1789.

Glauben Sie mir, liebster Freund, daß ich mir selbst darum Feind bin, daß ich Ihnen nicht habe Wort halten können, aber die Schwierigkeiten waren über meinen Muth und über meine Kräfte. Ich denke schon lange an eine Reparation des Schadens, den mein Zögern Ihnen verursacht haben kann, und eher werde ich mit mir selbst nicht ausgesöhnt seyn, biß ich alles wieder gut gemacht habe.

Ein kleines Fragment aus dem Geisterseher bringe ich mit mir nach Leipzig damit das VIIIte Heft der Thalia doch fertig wird.

Ich freue mich von Herzen liebester Freund, Sie einmal wieder zu sehen und Ihre liebe Frau kennen zu lernen. Aber Ihr freundschaftliches Anerbieten bey Ihnen zu logiren, kann ich wahrlich jetzt, wo ich mich so sehr vor Ihnen zu schämen habe, nicht annehmen. Sie würden durch Ihre Güte nur feurige Kohlen auf mein schuldiges Haupt sammeln und Ihre Tische und Stühle, Schränke und Pantoffel und das Bett, worinn ich schliefe, würden mir die Pflichten eines Autors gegen seinen Verleger mit schrecklicher Stimme predigen – mir, dem Missethäter, der sie so freventlich verletzt hat.

Ich lade mich also nur auf eine Tasse Kaffe oder eine Suppe bey Ihnen zu Gaste – mit der ausdrücklichen Bitte, daß Sie mir ja nicht gegenüber sitzen, und Ihre Augen, wie Shakespear sagt, ihre stummen Mäuler gegen mich aufthun1, mich an meine Sünden zu erinnern.

Seyen Sie mir herzlichst gegrüßt Liebster Fr. und bestellen Sie mir ein freundliches Angesicht bei Ihrer Henriette. Ewig der Ihrige.

Schiller.

Wollen Sie so gütig seyn und diesen Einschluß baldmöglichst an Körnern besorgen?