Friedrich SchillerFriedrich Schiller

Friedrich Schiller an Gottfried Körner

[Weimar Anfang April 1789.]

Unsere Zusammenkunft in Leipzig im August wird gar keine Schwierigkeit von meiner Seite finden; ich will mich jetzt schon darauf freuen, wir haben uns solange nicht gesehen. Richte es nur so ein, daß ich euch wenigstens 4 biß 5 Tage genießen kann. Ich würde Dir proponirt haben, den kleinen Abstecher nach Jena selbst und nach Weimar vollends zu machen, aber aus zwey Gründen möcht ich es nicht einmal. Die Menschen, die Du nicht unterlassen könntest an beiden Orten zu sehen, würden uns die besten Stunden nehmen; und wenn ich Dich in Leipzig aufsuche, so können wir unsere Zeit immer so eintheilen, daß Du zugleich Deine dortigen Bekanntschaften abfindest, und also gar nichts versäumt wird.

In drey Wochen spätestens bin ich in Jena, in 4 Wochen habe ich schon gelesen. Worüber ich aber lesen werde, weiß ich noch nicht einmal. Ich habe eine Einleitung in die Universalhistorie angekündigt, aus der sich gar vielerley machen läßt. Ohne Zweifel wird es eine Geschichte der bürgerl. Gesellschaft, oder doch etwas ähnliches. Vielleicht auch nur eine vorläufige Festsetzung des wichtigen in der Geschichte, und eine Bestimmung gewisser Begriffe, auf die man sich in der Geschichte selbst beziehen und über die man also einig seyn muß. Ich bekümmere mich diesen Sommer um keinen Plan; das Hauptsächlichste ist, jede Vorlesung interessant und nützlich zu machen.

Bei unsrer Entrevue hoffe ich Dir schon mit Zuverlässigkeit sagen zu können, ob mir diese Carrière zusteht, und ob ich meinen Zweck dadurch erreiche.

Die Academie hat gegen 900 Studenten wenn ich von diesen nur den 5ten Theil bekomme, und von diesem nur die Hälfte mich bezahlt, so erhalte ich von meinem Collegium jährlich eine Einnahme von 100 Louisd’ors. Einen Rival habe ich nicht zu fürchten, und das Fach worüber ich lese ist für alle. Das sind meine Hofnungen.

Hast Du Dich nach Englischen Memoires umgesehen, und wie weit gehen die ältesten zurück? Es ist doch nunmehr Zeit, dass wir bestimmt wissen, mit welchen wir die ersten Theile anfangen wollen. Ich wünschte nur einen dictionnaire zu besitzen, worin die obsoleten französischen Wörter angegeben sind. Joinville ist fast gar nicht zu verstehen, ohne eine solche Beyhilfe. Weißt Du mir eins zu nennen, so thust Du mir einen großen Gefallen damit. Ich bin wirklich verlegen, wie ich mich aus dieser Schwierigkeit ziehen werde, ohne zu viel Zeit dabey zu verlieren.

Deine Gesundheit und Deine Reitkur freut mich, aber ich glaube, daß Du darum doch etwas fleißiger seyn könntest. Die Schneiderische Reconciliations-Handlung ist ein gutes Werk, das mich um ihrentwillen freut. Aber sie sollte sich doch, da sie ihren Mann kennt, seiner lächerlichen Eifersucht nicht so exponiren.

Lebewohl und grüße Minna und Dorchen. In einem Vierteljahre sehen wir einander also gewiß.

Schiller.