Friedrich SchillerFriedrich Schiller

Friedrich Schiller an Lotte v. Lengefeld und Karoline v. Beulwitz

Weimar d. 17. April [Freitag] 89.

Es waltet eine unglückliche Sympathie zwischen uns. Ich bin auch gar nicht wohl; von einem Spaziergang den ich vor einigen Tagen in dem feuchten Stern machte bin ich krank zurückgekommen, so daß ich die jetzigen schönen Tage ungenoßen vorbeygehen lassen muß. Es sind hier viele Leute in demselben Fall.

Ich wünschte gar sehr, Ihnen etwas zum Lesen schicken zu können; aber es fällt mir nichts ein; finde ich noch etwas auf, so schicke ich es durch die Post.

Es thut mir sehr leid, dass ich Beulwitz vor seiner Abreise nicht mehr sehen soll. Mir ist die Zeit so sparsam zugetheilt, daß ich auch nicht einen einzigen Tag meinem Vergnügen opfern kann. Die Zeit kommt nun mit starken Schritten heran, wo ich meine Bude in Jena eröfnen muß. Ueber dem verwünschten Geisterseher habe ich noch gar nicht darauf denken können, was ich meinen Herrn Studenten in den ersten Collegien vorsetzen werde; nun muß ich mich über Hals und Kopf beeilen, dass ich auch für meinen Beruf (Gott verzeyh mirs!) Zeit übrig behalte. Ich muss also für jezt darauf resigniren, Sie zu sehen.

Körner kommt diesen Sommer, ohngefähr gegen den August, nach Leipzig. Vielleicht bringe ich ihn noch näher. Es scheint sich also doch zu fügen, dass ich Sie mit meinem Freunde bekannt machen kann.

Dieser Tage hab ich die Properzischen Elegien gelesen, die Knebel übersetzt hat. Wenn ihm Lottchen einmal wieder schreibt, so sollte sie sich sie von ihm ausbitten. Die Übersetzung ist nicht schlecht; aber solche Dinge sollen und müssen in Versen übersetzt seyn, wenn das Original nicht zuviel von seiner Zierlichkeit und Leichtigkeit verlieren soll. Der Geschmack und die Sitten, die darinn sichtbar sind, wollen mir eben nicht gefallen. Eine gewiße sanfte Cynthia überfällt ihren Liebhaber, den Herrn Properz, bey einer Courtisane, worüber sie so in Wuth geräth, daß sie ihr die Nägel ins Gesicht schlägt, die Töpfe an den Kopf schmeißt und dgl. mehr. Ihrem Liebhaber widerfährt ein Gleiches von ihr; und das Ende davon ist, daß sie ihn mit Schwefel einräuchert, um ihn wieder zu reinigen.

Daß unsre Herzogin mit einem Prinzen niedergekommen ist, der aber einige Augenblicke darauf starb, haben Sie wohl schon erfahren.

Bode hat mir von Mscrpten gesagt, die er von Ihrer Mutter noch habe. Wenn sie es verlangt, so will ich mir sie von ihm geben lassen und Ihnen schicken. Empfehlen Sie mich ihr recht schön.

Die Philosophie de l’histoire1 habe ich nun von Leipzig erhalten. Ich schicke sie Ihnen also zurück. Erst vor einer Stunde habe ich Ihr Paquet von der Post erhalten.

Ein andermal mehr. Ich wünsche Ihnen Gesundheit und Freude in diesen schönen Tagen. Adieu!

Schiller.

Ich lege die Memoires von Joinville bey. Vielleicht gefällt Ihnen der naive Ton in dem sie geschrieben sind.