Friedrich SchillerFriedrich Schiller

Friedrich Schiller an Lotte von Lengefeld und Caroline von Beulwitz

[Rudolstadt d. 4 (?) Juni (?) Mittwoch 1788.]

Haben Sie tausend Dank für Ihr liebes Andenken an mich armen verlaßenen Robinson1. Schon war ich dreymal im Begriff mich hinzusetzen und Sie fussfälligst um die Geschichte der schönen Melusine, oder den gehörnten Siegfried zu bitten, damit diese Zentnerlast von Langeweile von mir abgewälzt würde. Um so besser nun, daß ich durch die überschickten Paquete Stoff, vorzüglich aber durch die Versicherung daß Sie meiner gedachten, Freude zum Leben erhalten.

Der alte Wieland hat meiner auch gedacht und mir einen sehr jovialischen Brief2 geschrieben. Aus Leipzig habe ich neue Bogen von meiner Geschichte der V. Niederl. Erhalten, die ich Ihnen vielleicht morgen (weil Sie mir erlauben zu kommen) mittheilen werde. Kurz von allerley Orten und Menschen habe ich Lebenszeichen erhalten.

Mögen Sie recht sehr vergnügt seyn biss Morgen. Glauben Sie mir meine theuersten, dass auch mir der Gedanke, Sie so nahe zu wissen ohne unter Ihnen seyn zu können, unleidlich war. Sie sind meinem Herzen schon so viel – und der Winter wird so bald da seyn! Wie wird das werden! Leben Sie recht wohl, und recht schöne Empfehlungen der Mama und H. v. B.

Ihr Fr.

Wollten Sie wohl die Güte noch haben und diesen Brief an den Boten, der morgen nach Weimar geht, abschicken, weil er wahrscheinlich sehr frühe geht?